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Die norwegische Regierung hatte anfangs beabsichtigt, den Prozess gegen die Faschisten, die einen Überfall auf meine Wohnung unternommen hatten, zwei Wochen vor den Wahlen anzusetzen, gewissermaßen als Gewinn-Nummer. Die Regierungspresse behauptete, den Verbrechern drohe einige Jahre Gefängnis. Nachdem jedoch ich und meine Frau hinter Schloss und Riegel geraten waren, vertagte die Regierung den Termin des Prozesses gegen die Faschisten bis nach den Wahlen, und der Justizminister charakterisierte den nächtlichen Überfall als „jugendlichen Unfug“. Oh, heilige Normen der Gerechtigkeit!
Der Prozess gegen die Faschisten fand nach den Wahlen vor dem
Dramener Kreisgericht statt. Am 11. Dezember wurde ich als Zeuge
geladen; die Regierung, die von meinen Aussagen weder für sich
noch für ihre mächtigen Verbündeten in Moskau Gutes
erwartete, verlangte die Schließung der Gerichtstüren und
fand selbstverständlich keine Ablehnung. Die Angeklagten –
typische Vertreter der deklassierten kleinbürgerlichen Jugend –
kamen zur Verhandlung aus ihren Wohnungen als freie Bürger. Nur
ich, der Leidtragende und Zeuge, wurde unter Schutz von einem Dutzend
Polizisten vorgeführt. Die Zuschauerbänke standen leer; nur
meine Leibwache nahm dort Platz. Rechts von mir saßen die
traurigen Helden des nächtlichen Überfalls; sie hörten
mit gespanntem Interesse zu. Die Bänke links waren von achtzehn
Geschworenen und Kandidaten, teils Arbeitern, teils Kleinbürgern,
besetzt. Der Vorsitzende verbot ihnen, während meiner Aussagen
sich irgendwelche Notizen zu machen. Endlich nahmen hinter den Rücken
der Richter einige hohe Würdenträger Platz. Die
geschlossenen Türen gaben mir die Möglichkeit, mit voller
Offenheit auf alle Fragen zu antworten. Der Vorsitzende unterbrach
mich kein einziges Mal, obwohl ich ihm dazu genügend Anlass gab
im Verlauf meiner Aussage, die zusammen mit der Übersetzung –
ich sprach deutsch – über vier Stunden dauerte. Ich
besitze natürlich kein Stenogramm von der Verhandlung, aber ich
verbürge mich für die fast wörtliche Genauigkeit des
folgenden Textes, den ich aus frischer Erinnerung und auf Grund
vorangegangener Aufzeichnungen niedergeschrieben habe. Die Aussage
wurde von mir unter Eid gemacht. Ich übernehme für sie die
volle Verantwortung. Wenn die „sozialistische“ Regierung
die Türen des Gerichts geschlossen hatte, so will ich nicht nur
die Türen, sondern auch die Fenster öffnen.
Nach den formalen Fragen des Vorsitzenden über die Person des Zeugen geht die Vernehmung sogleich in die Hände des faschistischen Advokaten W. [1], des Verteidigers der Angeklagten, über. „Wie sind die Bedingungen, unter denen der Zeuge nach Norwegen hereingelassen wurde? Hat sie der Zeuge nicht verletzt? Was war der Grund für seine Internierung?“
„Ich hatte mich verpflichtet, mich in die norwegische Politik nicht einzumischen und in Norwegen keine gegen andere Staaten gerichtete Tätigkeit auszuüben. Ich habe beide Bedingungen einwandfrei eingehalten. Sogar das Zentral-Passbüro hat zugegeben, dass ich mich in norwegische Interessen nicht einmischte. Was die anderen Staaten betrifft, so war meine Tätigkeit nur literarischen Charakters. Gewiss, alles, was ich schreibe, trägt marxistischen, also revolutionären Charakter. Aber die Regierung, die sich selbst gelegentlich auf Marx beruft, kannte meine Richtung, als sie mir das Visum gab. Meine Bücher und meine Artikel werden stets unter meinem Namen gedruckt und waren in keinem Lande Verfolgungen ausgesetzt.“
„Hat denn der Justizminister bei seinem Besuch in Veksal dem Zeugen den Sinn der Bedingungen nicht erklärt?“
„Der Justizminister hat mir bald nach meiner Ankunft in Norwegen tatsächlich einen Besuch abgestattet. Er war in Begleitung Martin Tranmæls, des Führers der norwegischen Arbeiterpartei, und des offiziösen Journalisten Kolbjörnson. Nicht ohne verlegenes Lächeln erwähnte der Justizminister, die Regierung hoffe, dass meine Tätigkeit keine gegen andere Staaten gerichtete ‚Stacheln‘ enthalten werde. Das Wort ‚Stacheln‘ schien mir nicht sehr klar, da aber der Minister in gebrochenem Deutsch sprach, so drang ich nicht weiter auf ihn ein. Im Wesentlichen stellte ich mir die Sache so vor: Die reaktionären Philister bilden sich ein, ich wolle Norwegen in eine Operationsbasis für Verschwörungen, Waffenlieferungen und andere schreckliche Dinge verwandeln. In dieser Beziehung konnte ich die Herren Philister, darunter auch die ‚sozialistischen‘, mit gutem Gewissen beruhigen. Doch konnte es mir nicht in den Sinn kommen, dass man unter unzulässigen ‚Stacheln‘ politische Kritik verstehen kann. Ich hielt Norwegen für ein zivilisiertes und demokratisches Land ... und ich will auch heute noch auf diese meine Ansicht nicht verzichten.“
„Aber hat denn der Justizminister dem Zeugen nicht erklärt, dass ihm nicht erlaubt ist, Artikel über aktuelle politische Themen zu publizieren?“
„Eine solche Deutung würde in jenen Tagen dem Justizminister selbst unanständig erschienen sein. Ich bin ein politischer Schriftsteller, seit nahezu vierzig Jahren. Das ist, meine Herren Richter und Geschworenen, mein Beruf und gleichzeitig der Inhalt meines Lebens. Hätte die Regierung im Ernst von mir verlangen können, dass ich, aus Dankbarkeit für ein Visum, auf meine Ansichten und ihre Darlegung verzichte? Nein, die Regierung verleumdet sich nachträglich selbst ... Darüber hinaus bat mich gleich nach der kurzen Auseinandersetzung über die geheimnisvollen ‚Stacheln‘ Kolbjörnson um ein Interview für das Arbeiterbladet. Ich fragte den Justizminister in scherzender Form: ‚Wird aber nicht das Interview als ein Eindringen in die norwegische Politik gedeutet werden?“ Der Minister antwortete wörtlich folgendes: ‚Nein, wir haben Ihnen ein Visum gegeben und müssen Sie unserer öffentlichen Meinung vorstellen.‘ Das ist doch wohl klar. In Gegenwart des Justizministers und Martin Tranmæls und mit ihrer stillschweigenden Zustimmung erklärte ich dann auf die mir gestellten Fragen, dass die Sowjetdiplomatie im italienisch-abessinischen Kriege Italien verbrecherische Hilfe geleistet hat; dass die Moskauer Regierung überhaupt ein konservativer Faktor geworden ist; dass die regierende Kaste sich mit systematischer Fälschung der Geschichte beschäftigt, um sich selbst zu erhöhen; dass der europäische Krieg unvermeidlich ist, wenn ihn die Revolution nicht aufhalten wird usw. Ich weiß nicht, ob man in diesem Interview, das am 26. Juli 1935 im Arbeiterbladet abgedruckt ist, Rosen finden kann, ‚Stacheln‘ gibt es dort genügend! Erlauben Sie mir noch, auf die Tatsache zu verweisen, dass meine Autobiographie in Norwegen erst vor wenigen Monaten in einem Verlag der Regierungspartei erschienen ist. Im Vorwort zu dieser Ausgabe wird der byzantinische Kult der Unfehlbarkeit des ‚Führers‘, die bonapartistische Willkür Stalins und seiner Clique gegeißelt und die Notwendigkeit gepredigt, die bürokratische Kaste zu stürzen. Dort wird auch erklärt, dass gerade dieser Kampf gegen den Sowjetbonapartismus die Ursache meiner dritten Emigration ist. Mit anderen Worten, wenn ich bereit gewesen wäre, auf diesen Kampf zu verzichten, ich hätte keinen Grund gehabt, die norwegische Gastfreundschaft zu suchen ... Aber auch das ist noch nicht alles, meine Herren Richter und Geschworenen! Am 21. August, wenige Tage vor meiner Internierung, veröffentlichte das Arbeiterbladet auf der ersten Seite ein längeres Interview mit mir unter der Überschrift: ‚Trotzki weist nach, dass die Moskauer Beschuldigungen erfunden und fabriziert sind‘. Die Regierungsmitglieder haben doch wohl, wie man annehmen darf, meine Enthüllung über die Moskauer Fälschung gelesen. Die acht Tage später erlassene Verordnung über meine Internierung beruft sich jedoch nicht auf das aktuelle Interview, das aus puren ‚Stacheln‘ bestand, sondern auf meine alten Artikel, die in Frankreich und in den Vereinigten Staaten gedruckt wurden. Die Unwahrhaftigkeit springt hier direkt in die Augen! Ich kann mich schließlich auf das Zeugnis des Außenministers Koht berufen, der etwa zehn Tage vor meiner Inhaftierung in einer Wahlversammlung erklärt hat: ‚Gewiss, die Regierung hat gewusst, dass Trotzki auch weiterhin seine politischen Artikel („politische Chroniken“) schreiben wird, doch erachtete die Regierung es als ihre Pflicht, dem demokratischen Prinzip des Asylrechts treu zu bleiben.‘ Die Rede des Herrn Koht ist im Offiziosus der Regierung abgedruckt. Sie alle haben sie gelesen. Das öffentliche Zeugnis des Ministers des Auswärtigen überführt den Justizminister der direkten Unwahrheit. Um noch im letzten Moment einen Versuch zu machen, vor der öffentlichen Meinung die wirkliche Lage zu verbergen, beschlagnahmte der Justizminister bei meinen Sekretären einen Brief, in dem ich von meinem ersten politischen Interview mit seiner aktiven Beteiligung erzähle, und wies meine beiden Mitarbeiter in gröbster Form aus Norwegen aus. Warum? Weshalb? Sie sind nicht einmal Emigranten, sie besitzen tadellose Pässe. Und außerdem – was das wichtigste ist – sie sind tadellose Menschen. Unter dem Schein eines Asyls hat mir, meine Herren Richter, die norwegische Regierung eine Falle gestellt. Ich kann das nicht anders bezeichnen. Ist es denn nicht ungeheuerlich, dass ein Polizeiamt, das die Funktion hat, die Pässe der Ausländer – die Pässe! – zu kontrollieren, die Aufgabe übernimmt, meine wissenschaftliche und literarische Tätigkeit, und zwar außerhalb Norwegens – zu kontrollieren? Würde es von den Herren Trygve Lie und Konstad abhängen, weder das Kommunistische Manifest noch das Kapital, noch irgendein anderes klassisches Werk des revolutionären Gedankens würden je das Licht der Welt erblickt haben: das alles sind Werke von politischen Emigranten! Als krassestes Beispiel meiner schädlichen Tätigkeit führt die Regierung einen in den Vereinigten Staaten in der bürgerlichen Wochenschrift Nation und in Frankreich legal erschienenen Artikel an. Ich zweifle nicht, dass weder der Präsident der Vereinigten Staaten noch Leon Blum sich an den Chef des norwegischen Passbüros um Schutz gegen meine Artikel gewandt haben. Die Forderung, mir den Mund zu stopfen, geht von Moskau aus. Das aber will die norwegische Regierung nicht gestehen, um ihre Abhängigkeit nicht zu demaskieren. Darum deckt sie ihre Willkür mit Unwahrhaftigkeit zu.“
Advokat W.: „Welche Beziehungen hat der Zeuge zur Vierten Internationale?“
„Ich bin ein Anhänger und in gewissem Sinne der Initiator dieser internationalen Strömung und trage die politische Verantwortung für sie.“
„Folglich beschäftigt sich der Zeuge auch mit praktischer revolutionärer Arbeit.“
„Die Theorie von der Praxis zu trennen ist nicht leicht, und am wenigsten strebe ich es an. Die Bedingungen meiner Existenz im heutigen demokratischen Europa sind jedoch derart, dass ich, unglücklicherweise, keine Möglichkeit habe, mich in die praktische Arbeit einzumischen. Als die Organisationen der Vierten Internationale auf ihrer Konferenz im Sommer dieses Jahres mich in meiner Abwesenheit in ihren Rat – der, nebenbei gesagt, mehr ehrenvollen als praktischen Charakter trägt – hinein gewählt hatten, lehnte ich in einem Sonderbrief diese Ehre ab, gerade darum, um den Konstads aller Länder keinen Grund zu Polizeiintrigen zu geben ... Was die Märchen der norwegischen reaktionären Presse betrifft, ich sei der Organisator des Aufstandes in Spanien, der Streiks in Frankreich und Belgien usw., so kann ich darüber nur verächtlich die Achseln zucken. In Wirklichkeit gehört die Initiative des Aufstandes in Spanien den Gesinnungsgenossen der Angeklagten und ihres Advokaten. Gewiss, wenn ich die Möglichkeit hätte, zu praktischer Arbeit nach Spanien zu gehen, ich würde das unverzüglich tun. Ich würde alle meine Kräfte einsetzen, um den spanischen Arbeitern zu helfen, mit dem Faschismus fertig zu werden, ihn niederzuschlagen, auszurotten. Leider muss ich mich beschränken auf Artikel oder Ratschläge in Briefen, wenn Gruppen oder Personen um meinen Rat fragen ... Was will eigentlich der faschistische Advokat? Wir stehen vor einem Gericht, das heißt vor einer Institution, die berufen ist, Gesetzesverletzungen zu ahnden. Habe ich ein Gesetz verletzt? Welches? Sie wissen, meine Herren Richter und Geschworenen, dass ein anderer faschistischer Advokat, Herr H., die Staatsanwaltschaft aufgefordert hat, gegen mich eine Verfolgung einzuleiten wegen meiner ‚Tätigkeit‘ – ich weiß nicht, literarischen oder terroristischen. Die Beschwerde wurde von zwei Instanzen abgewiesen. Der Reichsstaatsanwalt Sund, der offizielle Wächter über die Gesetze dieses Landes, hat in der Presse erklärt, dass er aus dem gesamten Material, über das er verfügt, nicht ersehen kann, dass Trotzki irgendein norwegisches Gesetz verletzt oder überhaupt Anlass gegeben hat, ein Verfahren gegen ihn zu eröffnen. Diese Erklärung wurde am 26. September abgegeben, fünf Wochen nach dem Moskauer Prozess und fast einen Monat nach meiner Internierung. Man kann dem Herrn Reichsstaatsanwalt die gebührende Achtung vor seinem Mut und seiner Charakterfestigkeit nicht versagen! Seine Erklärung ist eine offene Misstrauensdemonstration gegen die Moskauer Anklagen und gleichzeitig eine Verurteilung der Repressalien gegen mich seitens der norwegischen Regierung. Das, glaube ich, genügt doch!“
Advokat W.: „Kennt der Zeuge diesen Brief, wer hat ihn geschrieben?“
„Diesen Brief habe ich meinem Sekretär diktiert und er ist wohl von den Herren Angeklagten während ihres unerbetenen Besuches – pardon – gestohlen worden. Aus dem Text des Briefes selbst geht hervor, dass ich in Beantwortung an mich gerichteter Fragen meine Meinung darüber ausspreche, ob eine mir bekannte Person, Herr H., Vertrauen verdient. Auch in diesem Falle erteile ich nur einen Rat.“
Advokat W. (ironisch): „Nur einen Rat? Oder vielleicht mehr als einen Rat?“
„Sie wollen sagen: einen Befehl?“
Advokat W. nickt bejahend mit dem Kopfe.
„In den Parteien der Nazis beschließt und entscheidet der Führer ... zweifellos auch dann, wenn es sich um einen nächtlichen Überfall auf eine Wohnung handelt. Ähnliche Sitten hat sich die entartete Komintern angeeignet. Der Zwangskult des blinden Gehorsams schafft Sklaven und Lakaien, aber nicht Revolutionäre. Ich bin weder ein Amt, noch ein gesalbter Führer. Meine Ratschläge, die immer sehr vorsichtig und bedingt sind, weil ich aus der Entfernung schwer alle Faktoren einschätzen kann –, werden von den interessierten Personen soweit beachtet, wie sie innere Überzeugungskraft besitzen: keine andere Kraft besitzen sie ... Die jungen Leute, die diesen harmlosen Brief geraubt haben, rechneten wohl damit, in meinen Archiven Beweise für Verschwörungen, Umwälzungen und andere Verbrechen zu finden. Politischer Analphabetismus ist ein schlechter Ratgeber. In meinen Briefen steht nichts, was man nicht in meinen Artikeln finden kann. Mein Archiv ergänzt meine literarische Tätigkeit, steht aber zu dieser in keinem Gegensatz. Für jene, die mich anklagen wollen ...“
Vorsitzender: „Es besteht gegen Sie hier keine Anklage. Sie wurden in der Eigenschaft eines Zeugen geladen.“
„Ich verstehe es wohl, Herr Vorsitzender. Doch der Herr Advokat ...“
Advokat W.: „Ich erhebe gegen Sie keine Beschuldigung, wir verteidigen uns nur.“
„Gewiss, aber Sie verteidigen einen nächtlichen Überfall auf mich damit, dass Sie jede Verleumdung gegen mich, woher sie auch stammen mag, aufnehmen und aufwärmen. Ich verteidige mich gegen eine solche ‚Verteidigung‘.“
Vorsitzender: „Das ist Ihr Recht. Sie können überhaupt auf Fragen, die geeignet sind, Ihnen Schaden zuzufügen, die Antwort verweigern.“
„Solche Fragen gibt es nicht, Herr Vorsitzender! Ich bin bereit, auf alle Fragen, die jemand an mich hat, zu antworten. Ich habe kein Interesse an geschlossenen Türen, o nein! ... Man kann in der ganzen menschlichen Geschichte wohl kaum einen grandioseren Verleumdungsapparat finden als den, der gegen mich in Bewegung gesetzt ist. Das Budget dieser internationalen Verleumdung lässt sich nur in Millionen reinen Goldes berechnen. Die Herren Faschisten und die sogenannten Kommunisten schöpfen ihre Beschuldigungen aus der gleichen Quelle: der GPU. Ihre gemeinsame Arbeit gegen mich ist eine Tatsache, die man auf Schritt und Tritt beobachten kann, unter anderem auch in diesem Prozess. Mein Archiv ist eine der besten Widerlegungen aller gegen mich gerichteten Insinuationen und Verleumdungen.“
Staatsanwalt: „Inwiefern?“
„Erlauben Sie mir, etwas ausführlich dies zu erklären. Im Auslande befinden sich meine Archive, die die Zeit seit Januar 1928 umfassen. Ältere Dokumente besitze ich nur in beschränkter Zahl. Aber was die letzten neun Jahre betrifft, so sind alle Briefe, die ich erhielt, und Kopien aller meiner Antworten (es handelt sich um Tausende von Briefen) in meinem Besitz. Ich bin in der Lage, jeden Augenblick einer unparteiischen Kommission, jedem öffentlichen Gericht diese Dokumente vorzulegen. In dieser Korrespondenz gibt es keine Lücken und keine ausgelassenen Stellen. Sie entwickelt sich von Tag zu Tag mit einwandfreier Vollständigkeit und gibt durch ihre Kontinuität meine Gedankengänge und meine Tätigkeit wieder. Sie lässt einfach keinen Raum für eine Verleumdung ... Sie werden mir vielleicht erlauben, ein Beispiel aus einem, einigen Geschworenen näheren Gebiet zu geben. Stellen wir uns einen religiösen und frommen Menschen vor, der sein ganzes Leben danach strebt, in enger Übereinstimmung mit der Bibel zu leben. In einem bestimmten Augenblick erheben seine Feinde mit Hilfe gefälschter Dokumente oder falscher Zeugen die Beschuldigung, dieser Mann beschäftige sich im Geheimen mit atheistischer Propaganda. Was wird der Verleumdete sagen: ‚Hier ist meine Familie, hier sind meine Freunde, hier ist meine Bibliothek, meine gesamte Korrespondenz aus vielen Jahren, hier mein ganzes Leben. Lesen Sie meine Briefe nach, die von verschiedenen Personen aus verschiedenen Anlässen geschrieben wurden, befragen Sie Hunderte von Menschen, die mit mir während vieler Jahre im Verkehr standen, und Sie werden sich überzeugen, dass ich eine Arbeit, die meinem ganzen sittlichen Wesen widerspricht, nicht leisten konnte.‘ Dieses Argument wird für jeden vernünftigen und ehrlichen Menschen überzeugend sein. (Der Vorsitzende und einige Geschworene nicken zustimmend.) In einer analogen Lage befinde ich mich. Vierzig Jahre habe ich mit Wort und Tat die Ideen des revolutionären Marxismus verteidigt. Meine Treue zu dieser Lehre, die, ich wage es zu glauben, durch mein ganzes Leben und insbesondere durch die Bedingungen, unter denen ich mich jetzt befinde, bewiesen ist, hat mir eine große Zahl von Feinden geschaffen. Um den Einfluss der Ideen, die ich verteidige und die durch die Ereignisse unserer Epoche immer mehr Bestätigung finden, zu paralysieren, greifen die Feinde zur persönlichen Anschwärzung: sie versuchen, mir Methoden individuellen Terrors anzuhängen oder, noch schlimmer, eine Verbindung mit der Gestapo ... Die vergiftete Wut geht hier schon in Dummheit über. Kritisch denkende Menschen, die meine Vergangenheit und meine Gegenwart kennen, brauchen keine Untersuchungen, um diese schmutzigen Beschuldigungen zu verwerfen. Aber allen jenen, die Zweifel und Bedenken tragen, mache ich den Vorschlag, zahlreiche Zeugen zu vernehmen, wesentliche politische Dokumente zu studieren und insbesondere meine Archive aus der Periode, die meine Feinde anzuschwärzen besonders bemüht sind, zu untersuchen. Die GPU irrt sich über die Bedeutung meiner Archive nicht und ist darum bestrebt, sie um jeden Preis in ihren Besitz zu bringen.“
Der Vorsitzende: „Was heißt das, GPU? Die Geschworenen kennen diese Bezeichnung nicht.“
„GPU, das ist die politische Polizei der Sowjetunion, die seinerzeit ein Organ zum Schutze der Volksrevolution war, die sich aber in eine Institution zum Schutze der Sowjetbürokratie gegen das Volk verwandelt hat. Der Hass der Bürokratie gegen mich ist damit zu erklären, dass ich einen Kampf gegen ihre ungeheuerlichen Privilegien und ihre verbrecherische Willkür führe. In diesem Kampfe besteht eben das Wesen des sogenannten ‚Trotzkismus‘. Um mich der Verleumdung gegenüber wehrlos zu machen, ist die GPU bestrebt, in den Besitz meiner Archive zu gelangen, und sei es auch durch Raub, Einbruch und sogar Mord.“
Der Staatsanwalt: „Woraus kann man das schließen?“
„Am 10. Oktober schrieb ich zum zweiten oder dritten Mal an meinen Sohn, der in Paris lebt: ‚Ich zweifle nicht daran, dass die GPU alles unternehmen wird, um meine Archive zu rauben. Ich schlage vor, den Pariser Teil der Archive unverzüglich irgendeiner wissenschaftlichen Institution, eventuell dem holländischen Institut für soziale Geschichte oder, noch besser, irgendeinem amerikanischen Institut zu übergeben.‘ Diesen Brief hatte ich, wie alle anderen, durch das Passbüro abgeschickt: andere Wege hatte ich nicht. Mein Sohn ging sofort daran, die Archive der Pariser Abteilung des holländischen historischen Instituts für Geschichte zu übergeben. [2] Nachdem er aber einen Teil abgeliefert hatte, ist im Institut ein Einbruch verübt worden. Die Diebe haben mit einem Schweißapparat die schwere Türe zum Institut ausgebrannt, haben eine Nacht lang gearbeitet, alle Regale und Kisten durchsucht, nichts, sogar nicht das auf dem Tisch zufällig liegen gebliebene Geld mitgenommen, außer meinen Papieren im Gewicht von 85 Kilogramm. Durch ihre Handlungsweise haben sich die Organisatoren des Diebstahls derart verraten, als hätte der Chef der GPU am Ort des Verbrechens seine Visitenkarte zurückgelassen. Alle französischen Zeitungen (selbstverständlich außer der kommunistischen Humanité, die ja ein Offiziosus der GPU ist) haben offen oder verschleiert die Überzeugung ausgesprochen, dass der Raub auf Befehl von Moskau durchgeführt worden ist. Den Tribut der Technik der GPU zollend, hatte die Pariser Polizei erklärt, dass die französischen Einbrecher über eine solch mächtige Apparatur nicht verfügen ... Zum Glück haben sich die Pariser Agenten der GPU zu sehr beeilt und sind hineingefallen: die erste Partie der dem Institut ausgelieferten Papiere war nur ein zwanzigster Teil meiner Pariser Archive und bestand hauptsächlich aus alten Zeitungen, die ein Interesse nur für wissenschaftliche Arbeiten haben; glücklicherweise haben die Einbrecher nur sehr wenige Briefe rauben können ... Doch sie werden sich damit nicht begnügen. Ich erwarte neue, entschiedenere Attentate, vielleicht schon hier, in Norwegen. Ich erlaube mir jedenfalls, die Aufmerksamkeit der Richter auf die Tatsache zu lenken, dass die GPU den Überfall auf das Archivgebäude verübte, sehr bald nachdem ich das holländische historische Institut in einem Brief, der durch die Hände des Passbüros gegangen war, genannt hatte. Habe ich nicht das Recht zu der Vermutung, dass die GPU ihre Agenten in jenen norwegischen Ämtern hat, die meine Korrespondenz zu kontrollieren berufen sind? Wenn das stimmt, dann verwandelt sich die Kontrolle in eine direkte Beihilfe für die Einbrecher. Der Pariser Überfall der Agenten Stalins hat mich zum ersten Mal auf den Gedanken gebracht, dass die Initiative zu dem Attentat dieser Herren (eine Handbewegung in der Richtung der Angeklagten) auf meine Archive ebenfalls von der GPU ausgegangen sein kann ...“
Vorsitzender: „Worauf gründen Sie Ihren Verdacht?“
„Es handelt sich ja nur um eine Hypothese. Ich habe mich wiederholt gefragt, wer hat diesen jungen Menschen den Plan zum Überfall eingeflößt? Wer hat sie mit einem so vollkommenen militärischen Apparat zum Ablauschen meiner Telefongespräche ausgerüstet? Die norwegischen Nazis sind doch, wie die letzten Wahlen gezeigt haben, vorläufig noch eine unbedeutende Gruppe. Mein erster Gedanke war, in die Sache sei die Gestapo verwickelt, die auf diesem Wege meine Gesinnungsgenossen in Deutschland auskundschaften will. Die Beteiligung der Gestapo an dieser Sache steht für mich auch jetzt außer Zweifel.“
Vorsitzender: „Worauf gründen Sie Ihre Annahme?“
„In den letzten Wochen vor dem Attentat haben die Herren Faschisten mehrere Male unseren Hof und sogar unsere Wohnung besucht, am häufigsten unter der Vorspiegelung, sich für den Kauf des Hauses zu interessieren ... Das Benehmen dieser ‚Käufer‘ hatte wiederholt meinen Verdacht erregt: wenn sie mit mir im Hofe oder im Hause zusammenstießen, taten sie, als bemerkten sie mich nicht, sie konnten sich nicht entschließen, mich zu grüßen. Der Mut dieser jungen Herren bleibt überhaupt hinter ihrem bösen Willen zurück: sonst hätten sie nicht vor einem mutigen Mädchen, Jordis Knudsen, kapituliert ... Einige Tage vor dem Attentat kam in unseren Hof ein Ausländer im Tiroler Kostüm; als er mich erblickte, wandte er die Augen ab. Auf meine Frage, was er denn hier wolle, gab er die sinnlose Antwort: ‚Brot kaufen‘, wobei er sich als Tourist und Österreicher ausgab. In unserem Hause wohnte gerade in jenen Tagen ein Österreicher, der, nachdem er den Besucher höflichst zum Tore hinaus befördert hatte, mir sagte: dieses Subjekt spricht nicht österreichisch, sondern einen ausgesprochenen norddeutschen Dialekt. Ich zweifle nicht, dass der verdächtige Tourist ein Instruktor zur Vorbereitung des Attentates war.“
Der Hauptangeklagte R. H.: „Es war ein Mecklenburger. Er war tatsächlich Tourist und trug Tiroler Hosen. Er war etwa achtzehn Jahre alt ... Er stand zu unserem Plan in keiner Beziehung. Wir trafen uns mit ihm zufällig im Hotel.“
„Aha! Der Angeklagte gibt also seine Verbindung mit dem Mecklenburger zu, der sich aus irgendeinem Grunde für einen Österreicher ausgegeben hat. Was das Alter des ‚Touristen‘ betrifft, so war er keinesfalls jünger als 23. Er hatte es nicht notwendig gehabt, Brot bei uns zu suchen, da es Bäckereien gibt. Eine zufällige Begegnung im Hotel? Ich glaube es nicht. In der Erklärung des Angeklagten stimmt nur die Tiroler Hose ... Dass die Faschisten, besonders die deutschen, mich hassen, haben sie zur Genüge bewiesen. Während der Hetze der reaktionären französischen Presse gegen mich wurde das Material aus Deutschland geliefert. Als die Gestapo bei irgendeiner Haussuchung in Berlin ein Päckchen meiner alten Briefe, noch aus der vorfaschistischen Zeit, gefunden hatte, belegte Goebbels ganz Deutschland mit Plakaten, die meine verbrecherische Tätigkeit enthüllen sollten. Meine Gesinnungsgenossen in Deutschland sind zu vielen Jahrzehnten Zuchthaus verurteilt worden.“
Advokat W.: „Wann war das?“
„Verhaftungen und Verurteilungen erfolgten während der ganzen Zeit, auch während der letzten Monate. Seit den ersten Jahren meiner Verbannung habe ich in Broschüren und Artikeln wiederholt nachgewiesen, dass die Politik der Komintern in Deutschland den Sieg der Nazis vorbereitet. Damals herrschte die berüchtigte Theorie von der ‚dritten Periode‘. Stalin gebar einen Aphorismus: Sozialdemokratie und Faschismus sind Zwillinge und nicht Antipoden.‘ Als Hauptfeind von den beiden ‚Zwillingen‘ galt aber die Sozialdemokratie. Im Kampfe gegen sie gingen die deutschen Stalinisten so weit, dass sie Hitler unterstützten (das berühmte preußische Volksbegehren). Die gesamte Politik der Komintern war eine Kette von Verbrechen. Ich habe die Einheitsfront mit der Sozialdemokratie gefordert, die Schaffung einer Arbeitermiliz und einen ernsten, nicht theatralischen Kampf gegen die bewaffneten Banden der Reaktion. In den Jahren 1929 bis 1932 bestand absolut die Möglichkeit, mit Hitlers Bewegung fertig zu werden. Doch war dafür die Politik der revolutionären Verteidigung und nicht bürokratischer Stumpfsinn und Prahlerei nötig. Die Nazis haben sehr aufmerksam den inneren Kampf in den Reihen der Arbeiterklasse verfolgt und sich klare Rechenschaft abgelegt über die Gefahr, die für sie eine mutige Politik der Einheitsfront bedeutete. In diesem Sinne kann man den Versuch der Gestapo, mit Hilfe ihrer norwegischen Gesinnungsgenossen, meine Korrespondenz an sich zu bringen, begreifen ... Es ist aber auch eine andere Erklärung, eine nicht weniger wahrscheinliche möglich. Indem sie den Moskauer Prozess vorbereitete, musste sich die GPU für mein Archiv interessieren. Einen Überfall durch die ‚Kommunisten‘ zu organisieren, das hätte bedeutet, sich zu sehr bloßzustellen. Durch die Faschisten war es bequemer. Um so mehr, als die GPU ihre Agenten in der Gestapo hat, wie die Gestapo ihre Agenten in der GPU. Sowohl die einen wie die anderen konnten diese jungen Menschen für ihre Pläne ausnutzen.“
Der Angeklagte R.H. (erregt): „Wir standen weder mit der GPU noch mit der Gestapo in Verbindung.“
„Ich behaupte auch gar nicht, dass den Angeklagten bekannt war, wer sie leitete. Aber das ist überhaupt das Schicksal der faschistischen Jugend, dass sie nur Kanonenfutter für fremde Zwecke ist.“
Der Advokat W. (auf einige Nummern des Bulletin der russischen Opposition hinweisend): „Ist der Zeuge der Herausgeber dieser Zeitschrift?“
„Herausgeber in formalem Sinne – nein. Aber ihr Hauptmitarbeiter. Jedenfalls trage ich in vollem Maße die politische Verantwortung für diese Zeitschrift.“
Advokat W. (nachdem das Gericht auf sein Verlangen hin eine Reihe von Zitaten aus dem Bulletin verlesen hat, die eine scharfe Kritik der Sowjetbürokratie enthalten): „Ich mache das Gericht darauf aufmerksam, dass der Zeuge diese Artikel während seines Aufenthaltes in Norwegen geschrieben hat; schon damit allein war er bestrebt, das Regime eines mit Norwegen befreundeten Staates zu untergraben.“
„Ich konstatiere mit Interesse, dass die norwegischen Faschisten das Regime Stalins gegen mich verteidigen. Gemeinsam mit dem Chef des Passbüros rechnen sie mir gleichzeitig meine Kritik an der Politik Leon Blums in Frankreich als Schuld an. Sie verteidigen, scheint es, alle existierenden Regime außer dem norwegischen: hier behalten sie sich das Recht auf eine Staatsumwälzung vor. Isoliert betrachtet, mag der Überfall auf meine Wohnung als eine bedeutungslose Episode erscheinen. Wenn man aber diese Frage bis zu Ende überlegt, so bedeutet dieser Akt die erste Probe auf den Bürgerkrieg in Norwegen.“
Der Advokat W. hebt mit demonstrativer Verwunderung die Hände hoch.
„Oh, ich weiß, dass das alles im Namen der ‚Ordnung‘ geschieht. General Franco hat den Aufstand im Namen der ‚Ordnung‘ begonnen. Hitler bereitet zur Rettung der ‚Ordnung‘ vor dem Bolschewismus den Weltkrieg vor. Die Faschisten retten die Ordnung mit Hilfe blutiger Unordnung. Die norwegischen Faschisten haben als Anfang versucht, Unordnung in meine Archive zu bringen. Aber dies nur deshalb, weil sie vorläufig für größere Verbrechen zu schwach sind.“
Der Advokat W.: „Ist das Bulletin in Russland verboten?“
„Gewiss!“
Der Advokat W.: „Im Bulletin aber steht, dass seine Ideen in der UdSSR viele Anhänger haben. Der Zeuge hat sich folglich während seines Aufenthaltes in Norwegen mit illegaler Zustellung des Bulletins nach Russland beschäftigt?“
„Ich persönlich habe mich damit absolut nicht beschäftigt. Doch zweifle ich daran nicht, dass das Bulletin und seine Ideen nach Russland eindringen. Auf welchen Wegen? Auf den verschiedensten. Im Auslande befinden sich stets hunderte und sogar tausende Sowjetbürger (Diplomaten, Handelsvertreter, Seeleute, Wirtschaftler, Techniker, Studierende, Artisten, Sportleute). Viele von ihnen lesen das Bulletin, allerdings verstohlen, aber lieber als die offizielle Sowjetpresse. Ich hörte sogar, dass Litwinow in seiner Rocktasche stets eine neue Nummer des Bulletin mitnimmt. Unter Eid kann ich das allerdings nicht behaupten, um so weniger, als ich dem Sowjetdiplomaten keine Unannehmlichkeit bereiten will (Lächeln bei den Richtern und Geschworenen) ... Die hohen Würdenträger des Kremls sind die sichersten Abonnenten des Bulletin, mit dem sie mehr als einmal in offiziellen Reden polemisierten; ob glücklich, ist eine andere Frage. Wenn sie Berichte in der Sowjetpresse über diese Reden finden, sind die Bürger bestrebt, zwischen den Zeilen zu lesen. Das alles genügt natürlich nicht, aber immerhin ist es schon etwas ... Ich möchte nebenbei noch bemerken, dass das Bulletin bereits seit acht Jahren erscheint, wovon ich die größte Zeit in der Türkei und in Frankreich verbrachte. Bis zum Jahre 1933 wurde das Bulletin in Deutschland gedruckt; Hitler hat es aber gleich nach seiner Machtergreifung verboten. Jetzt erscheint das Bulletin auf Grund des französischen Pressgesetzes in Paris. Sogar die türkische Regierung hatte, trotz ihrer besonderen Freundschaft mit dem Kreml, auf meine literarische Tätigkeit keine Attentate unternommen. Die Ehre dieser Initiative gehört, wenn man von Hitler absieht, den norwegischen Faschisten und in zweiter Reihe der norwegischen Regierung.“
Der Advokat W. (dem Zeugen die Nr. 48 des Bulletin hinhaltend): „Hat der Zeuge diesen nicht gezeichneten Leitartikel geschrieben?“
„Der Herr Advokat interessiert sich also ebenfalls für diesen Artikel? Ich bin gezwungen, eine sensationelle Gegenüberstellung zu machen. Mit der gleichen Nummer erschien bei mir vor einigen Wochen in Sundby (dem Orte meiner Gefangenschaft) der Chef der norwegischen Polizei, Askvig, der sich augenblicklich im Gerichtssaale befindet. Im Auftrage des Chefs des Passbüros stellte er mir die gleiche Frage: ob der nicht gezeichnete Artikel in der Nummer 48 des Bulletin (Februar 1936) von mir ist. Ich habe ihm geantwortet: Führt Konstad eine Untersuchung? in welcher Angelegenheit? auf Grund welcher Gesetze? Die Frage da Chefs des Passbüros bezeichnete ich als frech und weigerte mich, auf sie zu antworten. Jetzt befindet sich dieselbe Nummer in den Händen des Advokaten ...“
Der Vorsitzende: „Der Verteidiger hat auf Grund der norwegischen Gesetze das Recht, sich des gesamten Materials der Voruntersuchung zu bedienen.“
„Das begreife ich wohl, Herr Vorsitzender. Wer aber hat diese Nummer des Bulletin in das Voruntersuchungs-Material aufgenommen?“
Der Staatsanwalt: „Die Nummer ist aufgenommen worden auf Verlangen der Verteidigung; ich habe diese Aufnahme abgelehnt, da ich darin keinen Zusammenhang mit der vorliegenden Sache entdecken kann.“
„Also, meine Herren Richter und Geschworenen, der Chef des Passbüros versuchte ungesetzlicherweise, durch die Polizei von mir, dem Gefangenen, Mitteilungen zu erhalten, die der faschistische Verteidiger der Einbrecher in meine Wohnung für irgendwelche Zwecke braucht. Ist das kein Skandal? Und diesen Herrn beauftragt die ‚sozialistische‘ Regierung, meine Korrespondenz zu kontrollieren! ... Was den Artikel selbst betrifft, so habe ich hier, vor Gericht, nicht den geringsten Grund, meine Autorschaft zu leugnen. Der Artikel ist ja auch mit meiner Unterschrift in einer Reihe ausländischer Zeitungen und Zeitschriften in Europa und Amerika erschienen. Er ist völlig den Verfolgungen der sogenannten Trotzkisten in der Sowjetunion gewidmet. Solche Artikel habe ich Dutzende geschrieben. Der Herr Advokat kann sich, scheint es, mit meiner Kritik der stalinschen Polizei absolut nicht abfinden. Es ist auch nicht verwunderlich: die Faschisten stehlen meine Papiere in Norwegen, die Agenten der GPU – in Paris, und die Einheit der Methode erweckt Interessen-Solidarität.“
Nachdem Auszüge aus dem inkriminierten Artikel verlesen wurden, zeigt der Advokat W. dem Zeugen das französische Buch: L. Trotzki, Defense du terrorisme, Paris 1936. Ob aus der Feder des Zeugen das im Jahre 1936, folglich in Norwegen geschriebene Vorwort stammt?
„Eine überflüssige Frage: das Vorwort trägt meine Unterschrift und ein Datum. Das Buch selbst wurde im Jahre 1919 geschrieben und ist damals in vielen Sprachen erschienen. Soviel ich weiß, war es nirgendwo Verfolgungen ausgesetzt. Die Entstehungsgeschichte des Buches ist folgende: der bekannte Theoretiker der Zweiten Internationale, K. Kautsky, hatte ein Buch geschrieben, das den ‚Terrorismus‘ der Bolschewiki entlarvte. Ich schrieb ein Buch zur Verteidigung unserer Partei. Es handelt sich in diesem Werke selbstverständlich nicht um den individuellen Terror, den wir Marxisten immer schon ablehnten, sondern um revolutionäre Handlungen der Massen. Ich weiß nicht, ob der Inhalt meines Buches vom Standpunkte des Passbüros ein Verbrechen ist. Jedoch gehörten der norwegische Ministerpräsident, der Justizminister und eine Reihe anderer Mitglieder der Regierung gerade in jener Periode, als dies Buch erschien, der Kommunistischen Internationale an. Sie haben es alle zweifellos gelesen. Was sie daraus entnommen haben, ist eine andere Sache.“
Auf Verlangen des Advokaten W. wird die Übersetzung einiger Stellen aus dem Vorwort verlesen, die die revolutionäre Richtung der Gedanken des Autors bezeugen.
„Sie sehen, dass die Angeklagten es gar nicht notwendig gehabt hatten, meine Briefe zu stehlen: in meinen Büchern drücke ich den revolutionären Charakter meines Programms viel klarer aus. Von meinen schädlichen Ideen werden mich sogar die Medikamente des norwegischen Passbüros nicht kurieren.“
Der Advokat W. (zeigt das Buch „Leon Trotzki, La Révolution trahie, Grasset, Paris 1936): „Hat der Zeuge dieses Buch während seines Aufenthalts in Norwegen geschrieben?“
„Ja, und zum Glück konnte ich die Arbeit noch vor der Internierung nicht nur beenden, sondern zwei Kopien des Manuskriptes ins Ausland senden, an den französischen und an den amerikanischen Übersetzer. Die übrigen Kopien gerieten in die Hände des Passbüros, das mit Hilfe von Professoren und Diplomaten über zwei Monate sich den Kopf zerbrach, ob ich ein wissenschaftliches oder ein politisches Werk verfasst habe. Erst nachdem in Oslo Exemplare der französischen Ausgabe angekommen waren, hatte sich Herr Konstad überzeugt, dass seine gelehrten Bemühungen umsonst gewesen waren ... mir jedoch haben sie einen großen moralischen und materiellen Schaden zugefügt. Außerhalb Norwegens ist es keinem Menschen von gesundem Verstand eingefallen, gegen die Veröffentlichung dieser Arbeit zu protestieren. Im Gegenteil, ich kann mit Genugtuung einen großen Erfolg des Buches beim französischen Leser feststellen.“
Der Advokat W.: „Was versteht der Zeuge unter Erfolg? schnelle Verbreitung?“
„Nicht nur die Verbreitung, sondern auch den Widerhall, den das Buch in der Presse der verschiedensten Richtungen gefunden hat. Die politischen Schlussfolgerungen des Autors werden von der überwiegenden Mehrheit natürlicherweise abgelehnt. Doch empfehlen fast alle Kritiker ihren Lesern das Buch zur Beachtung. Als einer der ersten hatte sich in diesem Sinne der frühere französische Ministerpräsident Caillaux ausgesprochen, der bekanntlich nicht zu meinen Gesinnungsgenossen gehört. Ich könnte viele Rezensionen anführen ... Aber ist es nicht erstaunlich und nicht lächerlich, dass ich gezwungen bin, vor einem norwegischen Gericht gleichsam das Recht auf den Druck meiner Bücher in Frankreich nachzuweisen? Die norwegische Regierung hat sich in eine Sackgasse hinein gejagt, aus der sie keinen würdigen Ausgang hat!“
Auf Ersuchen des Advokaten übersetzt der Zeuge aus der französischen Sprache in die deutsche einzelne Stellen aus dem Buche, in denen die Rede ist von dem unvermeidlichen Sturze der bonapartistischen Bürokratie durch die werktätigen Massen der Sowjetunion.
Der Advokat W.: „Ich verweise darauf, dass es in Norwegen geschrieben ist.“
„Ich verweise
darauf, dass die Sowjet-Oligarchie in den norwegischen Faschisten
wachsame und, ich hoffe, uneigennützige Freunde besitzt.
Jedenfalls haben an meiner Internierung Stalin und Quisling [3]
Hand in Hand gearbeitet.“
Nach einer halbstündigen Pause will der Advokat W. dem Zeugen eine Frage stellen, die sich auf den Moskauer Prozess der 16 bezieht, und legt dem Gericht den offiziellen Prozessbericht in deutscher Sprache vor. Der Staatsanwalt protestiert mit der Begründung, diese Frage gehöre nicht zur Sache, um so weniger, als der Überfall der Faschisten auf die Wohnung Trotzkis noch vor den ersten Nachrichten über den bevorstehenden Prozess verübt worden sei. Der Vorsitzende ist geneigt, die Meinung des Staatsanwalts zu teilen.
„Ich ersuche das Gericht dringend, dem Herrn Advokaten restlos die Möglichkeit zu geben, mir alle Fragen zu stellen, die er als notwendig erachtet, besonders hinsichtlich des Moskauer Prozesses. Es stimmt, dass er sich nach dem Überfall auf meine Wohnung abgespielt hat; doch ist es möglich, dass der Überfall eine Episode darstellte in der Vorbereitung des Prozesses der 16, wie der Raub meiner Papiere in Paris zweifellos zur Vorbereitung neuer Prozesse (Radeks, Pjatakows, der Deutschen und anderer) gehört.
Darüber hinaus ist die politische und moralische Persönlichkeit des Zeugen für das Gericht nicht ohne Belang.“
Der Vorsitzende: „Wenn der Zeuge selbst bereit ist, auf die Frage zu antworten, hat das Gericht nichts dagegen.“
Der Advokat W.: „Was kann der Zeuge über die Quellen dieses Prozesses sagen?“
„Die Frage ist zu nebelhaft gestellt. Wir befinden uns vor Gericht. Der Advokat ist Jurist. Es handelt sich nicht um ‚Quellen‘. Die Frage muss präzis formuliert werden: Sind die Beschuldigungen richtig, die gegen mich im Moskauer Prozess erhoben wurden? Auf diese Frage antworte ich: Nein, sie sind falsch. Es ist an ihnen kein Wort wahr! Es handelt sich dabei nicht um einen gerichtlichen Irrtum, sondern um eine böswillige Fälschung. Die GPU hat diesen Prozess mindestens seit zehn Jahren vorbereitet und ihre Arbeit lange vor der Ermordung Kirows (1. Dezember 1934) begonnen, die nur eine einfache ‚Havarie‘ bei der Vorbereitung des Prozesses war. Zu der Ermordung Kirows habe ich ebenso viel Beziehung wie jeder in diesem Saale. Nicht mehr, meine Herren Richter und Geschworenen! Der verantwortliche Organisator der Moskauer Prozess-Fälschung, dieses größten politischen Verbrechens unserer Zeit und vielleicht aller Zeiten, ist Stalin. (Im Saale herrscht konzentrierte Aufmerksamkeit.) Ich bin mir wohl bewusst des Gewichtes meiner Erklärung und der Verantwortung, die ich auf mich nehme. Ich wäge jedes Wort ab, meine Herren Richter! ... In der Presse kann man auf Schritt und Tritt Versuche finden, das gesamte Problem auf die persönliche Feindschaft zwischen Stalin und Trotzki zurückzuführen: ‚Kampf um die Macht‘ ‚Rivalität‘ usw. Eine solche Erklärung ist als oberflächlich, dumm und geradezu absurd zurückzuweisen. Viele Zehntausende sogenannter ‚Trotzkisten‘ wurden in den letzten dreizehn Jahren in der UdSSR grausam verfolgt, den Familien, den Freunden, der Arbeit entrissen, des Feuers und des Wassers und – nicht selten – des Lebens beraubt, und das alles wirklich wegen des persönlichen Kampfes zwischen Trotzki und Stalin? Das den Herrn Advokaten so aufregende Buch La Révolution trahie ist bis auf die letzte Silbe vor dem Moskauer Prozess geschrieben worden, enthält jedoch, nach dem Urteil der Presse, die historische und politische Erklärung seiner wirklichen Ursachen. Hier bin ich gezwungen, sehr zusammengedrängt davon zu sprechen. Ich bin mir der Schwierigkeiten vollkommen klar, die der Moskauer Prozess einem Ausländer, besonders einem Juristen bereitet. Den offiziellen Beschuldigungen zu glauben, das heißt, dass die alte Garde des Bolschewismus sich in Faschisten verwandelt hat, ist völlig unmöglich. Der gesamte Verlauf des Prozesses ähnelt einem Alpdruck.
Andererseits ist es unverständlich, wozu die Sowjetregierung diese ganze Phantasmagorie notwendig gehabt und mit welchen Mitteln sie von den Angeklagten die falschen Selbstbeschuldigungen erlangt hat.
Erlauben Sie mir zu sagen, dass an den Moskauer Prozess mit den üblichen Kriterien des ‚gesunden Menschenverstandes‘ heranzugehen unmöglich ist. Der gesunde Menschenverstand stützt sich auf eine gewöhnliche, alltägliche Erfahrung unter friedlichen, normalen Verhältnissen. Indes hat Russland die in der Geschichte größte soziale Umwälzung durchgemacht. Ein neues inneres Gleichgewicht ist bei weitem noch nicht erreicht. Die gesellschaftlichen Beziehungen wie die Ideen befinden sich noch im Zustande scharfer Gärung. Vor allem muss man den grundlegenden Gegensatz begreifen, der jetzt das gesellschaftliche Leben der Sowjetunion zerreißt. Das Ziel der Revolution bestand darin, eine Gesellschaft ohne Klassen zu errichten, das heißt ohne Privilegierte und ohne Übervorteilte. Eine solche Gesellschaft bedarf keiner staatlichen Gewalt. Die Gründer des Regimes hatten vorausgesetzt, dass alle gesellschaftlichen Funktionen vermittels der Selbstverwaltung der Bürger ausgeführt werden sollen, ohne professionelle Bürokratie, die sich über die Gesellschaft erhebt. Kraft besonderer historischer Ursachen, von denen ich hier nicht sprechen kann, steht der heutige reale Aufbau der Sowjet-Gesellschaft in schreiendem Widerspruch zu diesem Ideal. über das Volk hat sich eine selbstherrliche Bürokratie erhoben. In ihren Händen liegt die Macht und die Verfügung über den Reichtum des Landes. Sie bedient sich unvorstellbarer Privilegien, die von Jahr zu Jahr wachsen. Die Lage der regierenden Kaste ist falsch von Grund auf: sie ist gezwungen, ihre Privilegien zu verheimlichen, vor dem Volke zu lügen, mit kommunistischen Formeln Beziehungen und Handlungen zu verschleiern, die mit Kommunismus nichts gemein haben. Der bürokratische Apparat erlaubt niemand, die Dinge bei Namen zu nennen. Im Gegenteil, er verlangt von allen und von jedem einzelnen den Gebrauch der vereinbarten ‚kommunistischen‘ Sprache, die dazu dient, die Wahrheit zu verhüllen. Die Traditionen der Partei, ihre grundlegenden Dokumente stehen in schreiendem Widerspruch zu der Wirklichkeit. Die regierende Oligarchie verpflichtet deshalb Historiker, Ökonomen, Soziologen, Professoren, Lehrer, Agitatoren, Richter usw., Dokumente und Wirklichkeit, Vergangenheit und Gegenwart so zu deuten, dass sie sich mindestens in äußerlicher Übereinstimmung miteinander befinden: Die Zwangslüge durchdringt die gesamte offizielle Ideologie. Menschen denken das eine und sprechen und schreiben ein anderes. Da die Kluft zwischen Wort und Tat immer mehr wächst, müssen die heiligsten Formeln fast jedes Jahr revidiert werden. Wenn Sie verschiedene Ausgaben ein und desselben Buches in die Hand nehmen, sagen wir die Enzyklopädie, so werden Sie finden, dass über die gleichen Personen und Ereignisse in jeder neuen Ausgabe ganz verschiedene Urteile stehen, entweder immer lobendere oder umgekehrt, immer mehr diffamierende. Unter der Knute der Bürokratie verrichten Tausende von Menschen eine systematische Arbeit ‚wissenschaftlicher‘ Fälschung. Jeder Versuch einer Kritik oder eines Widerspruches, ja der geringste Ton des Widerspruches, wird als das schwerste Verbrechen betrachtet. Man kann ohne Übertreibung behaupten, dass die Bürokratie die politische Atmosphäre der UdSSR durch und durch mit dem Geiste der Inquisition erfüllt hat. Lüge, Verleumdung und Fälschung sind somit kein zufälliges Kampfmittel gegen politische Gegner, sondern sie ergeben sich organisch aus der falschen Lage der Bürokratie in der Sowjetgesellschaft. Die Presse der Komintern, die Sie kennen, stellt in dieser Beziehung nur den Schatten der Sowjetpresse dar. Die reale Wirklichkeit jedoch lässt sich bei jedem Schritt fühlen, sie kompromittiert die offizielle Lüge und rehabilitiert im Gegensatz dazu die Kritik der Opposition. Daher die Notwendigkeit, zu immer schärferen Mitteln zu greifen, um die Unfehlbarkeit der Bürokratie zu beweisen. Anfangs hat man die Oppositionellen aus der Partei ausgeschlossen und aus den verantwortlichen Ämtern entfernt, später verbannte man sie und nahm ihnen das Recht auf jegliche Arbeit. Man verbreitete über sie immer giftigere Verleumdungen. Jedoch wurde die Welt der Verleumdungen überdrüssig, man glaubte ihnen längst nicht mehr. Es wurden sensationelle Prozesse notwendig. Die Oppositionellen zu beschuldigen, sie übten Kritik an der Selbstherrlichkeit der Bürokratie, hätte bedeutet, den Oppositionellen Hilfe zu leisten. Es blieb nichts anderes übrig, als ihnen Verbrechen anzuhängen, die sich nicht gegen die Privilegien der neuen Aristokratie, sondern gegen die Interessen des Volkes richten. An jeder neuen Etappe nahmen diese Beschuldigungen immer ungeheuerlicheren Charakter an. So sieht die gesamtpolitische Situation und die gesellschaftliche Psychologie aus, die die Moskauer Geschichts-Phantasmagorie möglich gemacht hat. Im Sinowjew-Prozess erreichte die Bürokratie den höchsten, nein, entschuldigen Sie, den tiefsten Punkt ...
Wenn der Prozess, allgemein gesagt, seit langem vorbereitet war, so lässt vieles glauben, dass er um Wochen, wenn nicht um Monate vor dem von den Regisseuren geplanten Termin in Szene gesetzt wurde. Der Eindruck, den der Überfall dieser Herren (eine Geste in die Richtung zu den Angeklagten) gemacht hat, widersprach zu sehr den Absichten Moskaus. Die Presse der ganzen Welt sprach nicht ohne Grund von der Verbindung der norwegischen Nazis mit der Gestapo. Nun stand eine Gerichtsverhandlung bevor, in der die Beziehungen zwischen mir und den Faschisten klar aufgedeckt werden sollten. Man musste um jeden Preis den Eindruck des misslungenen Unternehmens verwischen. Offenbar verlangte Stalin von der GPU die Beschleunigung des Moskauer Prozesses. Wie aus den offiziellen Angaben ersichtlich ist, wurden die wichtigsten ‚Geständnisse‘ erst kurz vor dem Prozess, zwischen dem 7. und dem 14. August, den Angeklagten erpresst. Bei dieser Eile war es schwer, für die Übereinstimmung der Aussagen mit den Tatsachen zu sorgen. Außerdem verließen sich die Regisseure zu sehr darauf, dass die Reuebekenntnisse der Angeklagten selbst die Lücken der Anklage mehr als notwendig zudecken würden. In der Tat, wenn alle 16 Angeklagten in der einen oder anderen Weise ihre Beteiligung an der Ermordung Kirows oder an der Vorbereitung anderer Morde gestehen werden, einige außerdem ihre Verbindung mit der Gestapo, was hat es der Staatsanwalt dann noch nötig, sich mit Beweisen oder auch nur mit der Beseitigung faktischer Widersprüche, grober Anachronismen und anderer Sinnlosigkeiten zu belasten? Die Unkontrollierbarkeit schläfert die Aufmerksamkeit ein, Unverantwortlichkeit erzeugt Sorglosigkeit. Der Staatsanwalt Wyschinski ist nicht nur gewissenlos, sondern auch talentlos. Beweise ersetzt er durch Beschimpfung. Sein Anklageakt wie seine Rede bilden eine Anhäufung von Widersprüchen. Es ist mir selbstverständlich nicht möglich, sie hier zu analysieren oder auch nur aufzuzählen. Mein ältester Sohn, Leo Sedow, den die Moskauer Borgias in die Sache verwickelt hatten, um durch ihn mich zu treffen (sie glaubten offenbar, dass es meinem Sohne in vielen Fällen schwieriger sein würde als mir, sein Alibi nachzuweisen), hat vor kurzem in Paris ein Rotbuch herausgegeben, das dem Moskauer Prozess gewidmet ist. Auf 120 Seiten wird die völlige Haltlosigkeit der Anklage von der faktischen, psychologischen und der politischen Seite nachgewiesen. Indes hat mein Sohn nicht den zehnten Teil der Beweise auszunutzen vermocht, die mir zur Verfügung stehen (Briefe, Dokumente, Zeugenaussagen, persönliche Erinnerungen). Vor jedem öffentlichen Gericht würden die Moskauer Ankläger als Fälscher entlarvt werden können, die vor keinem Verbrechen haltmachen, wenn es sich darum handelt, die Interessen der neuen Kaste der Privilegierten zu verteidigen.
Es haben sich in Westeuropa Juristen gefunden (ich nenne den Engländer Pritt und den Franzosen Rosenmark), die, gestützt auf das ‚volle‘ Geständnis der Angeklagten, der Justiz der GPU ein Zeugnis ihrer Untadeligkeit ausstellten. Diese Advokaten Stalins werden noch Gelegenheit haben, ihren übereilten Eifer zu bedauern, denn die Wahrheit wird sich trotz allen Hindernissen nicht nur den Weg bahnen, sondern auf diesem Wege nicht wenige Reputationen zertrümmern ... Die Herren Pritt täuschen die öffentliche Meinung, indem sie die Sache so darstellen, als hätten die 16, als verbrecherische Komplizen angeklagt, schließlich und endlich die begangenen Verbrechen eingestanden und ihre Geständnisse hätten, trotz fehlenden Beweisen, in ihrer Gesamtheit ein überzeugendes Bild von der Vorbereitung der Ermordung Kirows und anderer Attentate ergeben. In Wirklichkeit waren die einzelnen Angeklagten und die Angeklagten-Gruppen aus der Zahl der 16 in der Vergangenheit weder durch die Sache Kirow noch durch irgendeine andere ‚Sache‘ miteinander verbunden. Aus den offiziellen Dokumenten ist bekannt, dass unter der Anklage, Kirow ermordet zu haben, ursprünglich 104 namenlose ‚Weißgardisten‘ (unter ihnen nicht wenige Oppositionelle) und später 14 tatsächliche oder angebliche Mitglieder der Gruppe Nikolajew, des faktischen Mörders Kirows, erschossen wurden. Trotz den aufrichtigen Geständnissen der 14 hatte keiner von ihnen die Namen der späteren Angeklagten im Prozess der 16 genannt. Der Prozess Sinowjew-Kamenew ist ein selbständiges Unternehmen Stalins, das ohne jegliche Verbindung mit den vorangegangenen ‚Kirow‘-Prozessen aufgebaut war. Die in einigen Etappen erreichten ‚Geständnisse‘ der 16 geben absolut kein Bild von irgendeiner terroristischen Tätigkeit. Im Gegenteil, unter Leitung des Anklägers umgehen die Angeklagten sorgfältigst alle konkreten Zeit- und Ortsumstände ... Mir wurde hier der offizielle Prozessbericht vorgehalten. Dies Buch aber ist der schrecklichste Beweis gegen die Organisatoren der Prozess-Fälschung! Die Angeklagten schreien auf jeder Seite hysterisch von ihren Verbrechen, sind aber absolut unfähig, irgend etwas über sie auszusagen. Sie haben nichts auszusagen! Sie haben keine Verbrechen begangen. Ihre ‚Reuebekenntnisse‘ sollen der regierenden Spitze nur helfen, mit allen ihren Feinden abzurechnen, darunter auch mit mir, dem ‚Feind Nr. 1‘ ...
Welchen Sinn aber hat es für die Angeklagten, nicht begangene Verbrechen auf sich zu nehmen und dadurch dem eigenen Untergang entgegenzugehen? erwidern die Anwälte der GPU. Eine ihrem Wesen nach unehrliche Erwiderung! Haben die Angeklagten aus freien Stücken, aus eigenem Willen ihre Geständnisse abgelegt? Nein, sie wurden allmählich, während einer Reihe von Jahren, unter Druck gesetzt, der Druck immer verstärkt, bis man den unglücklichen, zerdrückten Menschen keine andere Hoffnung auf Rettung gelassen hatte als den völligen, bedingungslosen Gehorsam, die endgültige Preisgabe vor den Quälern, die hysterische Bereitschaft, alle Worte nachzusagen, alle Gesten nachzumachen, die ihnen vom Henker diktiert wurden. Die Standhaftigkeit des menschlichen Nervensystems ist beschränkt! Um die Angeklagten in den Zustand zu versetzen, wo sie nur durch besessene Verleumdungen gegen sich selbst hoffen konnten, der unerträglichen Schraube zu entkommen, brauchte die GPU nicht einmal physische Folter oder spezifische Medikamente anzuwenden: es genügten jene moralischen Schläge, Qualen und Erniedrigungen, denen die wesentlichsten Angeklagten und deren Familien im Laufe von zehn und einige sogar von dreizehn Jahren unterworfen gewesen waren. Die ihrem Inhalt und ihrer Form nach schauerlichen ‚Geständnisse‘ können nur dann eine Erklärung finden, wenn man keinen Moment vergisst, dass diese selben Angeklagten bereits mehrfach Reueerklärungen abgegeben und während der vorangegangenen Jahre offenherzige Geständnisse abgelegt hatten: vor den Kontrollkommissionen der Partei, in öffentlichen Versammlungen, in der Presse, wieder vor den Kontrollkommissionen und endlich auf der Anklagebank. Während der früheren Reueerklärungen hatten diese Personen immer das zugegeben, was man von ihnen verlangte. Anfänglich ging es um Programm-Fragen. Die Opposition hatte lange für die Industrialisierung und Kollektivierung gekämpft. Nach langem Widerstand gezwungen, den von der Opposition bezeichneten Weg zu beschreiten, beschuldigte die Bürokratie die Opposition, sie habe sich der Industrialisierung und Kollektivierung widersetzt. In dieser Mechanik liegt das Wesen des Stalinismus! Von den Oppositionellen, die in die Partei zurückkehren wollten, verlangte man seitdem das Eingeständnis des ‚Irrtums‘, der in Wahrheit ein Irrtum der Bürokratie war. Dass ein solcher Jesuitismus möglich ist, lässt sich damit erklären, dass die Ansichten der Opposition nur einigen zehn- oder hunderttausenden Menschen bekannt waren, hauptsächlich der Oberschicht, aber nicht den Volksmassen, da die Bürokratie mit eiserner Hand die Verbreitung der oppositionellen Literatur verhinderte. Zwischen den reumütigen Oppositionellen und den Beamten der Kontrollkommissionen, die im wesentlichen Organe der GPU sind, ging hinter den Kulissen jedes Mal ein langer und aufreibender Handel: welcher ‚Irrtum‘ zu gestehen sei und in welcher Form. Den Sieg trugen selbstverständlich die Jesuiten der Kontrollkommissionen davon. Auf den Höhen der Partei wusste man sehr gut, dass die Reueerklärungen nicht den geringsten moralischen Wert besaßen und dass deren einzige Aufgabe darin bestand, das Dogma von der Unfehlbarkeit der Führer in den Massen zu festigen. Auf jeder neuen Etappe des Kampfes um die Selbstherrlichkeit verlangte die Bürokratie von der gleichen Person, die längst kapituliert, das heißt auf jede Kritik verzichtet hatte, immer neue, immer schärfere und erniedrigendere Geständnisse. Beim ersten Widerstand des Opfers antwortete der Inquisitor: ‚Also sind Ihre vorangegangenen Reuebekenntnisse unaufrichtig gewesen? Also wollen Sie der Partei in ihrem Kampfe gegen die Feinde nicht helfen? Also Sie stellen sich wieder auf die andere Seite der Barrikade!‘ Was blieb den Kapitulanten, das heißt den Oppositionellen, die sich selbst verleumdet hätten, noch zu tun übrig? Standhaft bleiben? Zu spät! Sie saßen schon fest in den Netzen des Feindes. Auf den Weg der Opposition gab es keine Rückkehr. Die Opposition hätte ihnen nicht getraut. Sie hatten auch keinen politischen Willen mehr. Durch die vorangegangenen Reuebekenntnisse zur Erde niedergedrückt, unter ständiger Angst vor neuen Schlägen, nicht nur gegen sie, sondern auch gegen ihre Familienmitglieder, gingen sie auf jeder neuen Etappe in die Knie vor jedem neuen Akt der Polizeierpressung und stürzten so immer tiefer. Im ersten Sinowjew-Kamenew-Prozess, im Januar 1935, erklärten sich die Angeklagten nach schweren moralischen Misshandlungen bereit, zuzugeben, dass auf sie, als die früheren Oppositionellen, die moralische Verantwortung für die terroristischen Handlungen falle. Dieses Zugeständnis bildete für die GPU sofort den Ausgangspunkt für weitere Erpressungen. Die offizielle Presse hatte schon damals – auf das Signal von Stalin – Todesurteile gefordert. Vor dem Gerichtsgebäude veranstaltete die GPU Demonstrationen mit Gebrüll: ‚Tod den Mördern!‘ So wurden die Verurteilten für neue Geständnisse vorbereitet. Kamenew hatte länger Widerstand geleistet als Sinowjew. Für ihn wurde am 27. Juli 1935 ein neuer Prozess hinter geschlossenen Türen arrangiert, um ihm zu zeigen, dass für ihn die einzige Hoffnung oder auch nur der Schatten einer Hoffnung auf Rettung in der völligen Bereitschaft bestehe, alles zuzugeben, was die GPU brauchte. Ohne Verbindung mit der Außenwelt, ohne innere Sicherheit, ohne Schutz, ohne Perspektiven, ohne Lichtblick, ließ sich Kamenew endgültig brechen. Jene Angeklagten, die noch unter den unmenschlichen Folterungen weiteren Widerstand leisteten, erschoss die GPU einen nach dem anderen, ohne Gericht, ganz im Stillen. Auf diese Weise vollzog Stalin die ‚Auslese‘ unter den Angeklagten, auf diese Weise ‚erzog‘ er sie für den letzten Moskauer Prozess. So sieht die Realität aus, meine Herren Richter und Geschworenen! Alles andere ist Mystifikation und Lüge ...
Wozu das alles, werden Sie fragen? Um jede Opposition, jede Kritik zu erdrosseln, um alle, die sich der Bürokratie widersetzen oder sich auch nur weigern, ‚Hosianna‘ zu rufen, zu demoralisieren und zu bespeien. Aber letzten Endes ist diese teuflische Arbeit gegen mich persönlich gerichtet. Ich muss hier eine kleine Abschweifung machen. Im Jahre 1928, nach den ersten größeren Verhaftungen in der Partei, durfte die Bürokratie an die physische Erledigung von Führern der Opposition noch nicht denken. Andererseits konnte sie auf eine Kapitulation meinerseits nicht hoffen. Ich fuhr fort, von der Verbannung aus den Kampf zu leiten. Die regierende Clique kam schließlich zu keinem anderen Beschluss, als mich ins Ausland auszuweisen. In der Sitzung des Politbüros (der Bericht über diese Sitzung wurde mir damals von Freunden zugestellt und damals gleich veröffentlicht) sagte Stalin: ‚Im Auslande wird Trotzki isoliert sein; er wird gezwungen sein, an der bürgerlichen Presse mitzuarbeiten, wir werden ihn kompromittieren; die Sozialdemokratie wird für ihn eintreten – wir werden ihn in den Augen des Weltproletariats entthronen; Trotzki wird mit Enthüllungen hervortreten – wir werden ihn als Verräter darstellen.‘ Diese schlaue Kalkulation hatte sich jedoch als kurzsichtig erwiesen. Stalin hat die Macht und die Bedeutung der Idee nicht berechnet. Ich habe im Auslande eine Reihe Bücher geschrieben, an denen die Jugend erzogen wird. In allen Ländern haben sich meine Gesinnungsgenossen zu Gruppen zusammengeschlossen, es ist eine periodische Presse auf der Grundlage des von mir verteidigten Programms entstanden. Kürzlich fand eine internationale Konferenz der unter dem Banner der IV. Internationale stehenden Organisationen statt. Trotz den Schlägen des Feindes wächst die Bewegung ununterbrochen. Dagegen herrscht im Inneren der Komintern Unsicherheit und Zerfall. Indes ohne internationale Autorität könnte Stalin das Kommando über die Bürokratie und durch sie über das Volk nicht in seinen Händen festhalten. Das Wachsen der IV. Internationale bildet für ihn eine schreckliche Gefahr, um so mehr als ihr Widerhall immer stärker in die Sowjetunion eindringt. Schließlich fürchtet die regierende Clique tödlich die nicht erloschenen Traditionen der Oktober-Revolution, die sich unvermeidlich gegen die neue privilegierte Kaste richten. All das erklärt zur Genüge, weshalb Stalin und seine Gruppe nicht für einen Moment den Kampf gegen mich persönlich aufgeben. Von jedem, der in diesen dreizehn Jahren ‚Reuebekenntnisse‘ abgelegt hatte, wurde unbedingt irgendeine Erklärung gegen Trotzki gefordert. Solcher Erklärungen, individueller und kollektiver Art, kann man nach vielen Zehntausenden zählen. Ohne Trotzki zu verurteilen, ohne eine direkte Verleumdung gegen Trotzki konnte ein früherer Oppositioneller nicht nur nicht an die Wiederaufnahme in die Partei denken, sondern auch nicht an ein Stück Brot. Wobei die Reuebekenntnisse von Jahr zu Jahr immer demütiger wurden und die Verleumdung gegen Trotzki immer verlogener und plumper. An dieser Arbeit wurden sowohl die späteren Angeklagten wie auch Untersuchungsrichter und Richter erzogen. Denn auch sie erreichten das heutige Stadium der Demoralisation erst nach einer Reihe von Übergangsstufen. Der verantwortliche Organisator dieser Demoralisation – ich bedauere wiederum, dies bei geschlossenen Türen sagen zu müssen – ist Stalin! Der letzte Prozess ist nicht vom Himmel gefallen, nein! Er stellt das Resumé einer langen Reihe von falschen Reuebekenntnissen dar, deren Spitze gegen mich gerichtet war. Als Stalin erkannte, dass er sich mit meiner Ausweisung verrechnet hatte, versuchte er seinen Irrtum nach der ihm eigenen Methode zu ‚korrigieren‘. Der Prozessbetrug, der die Öffentlichkeit so überrascht hat, war in Wirklichkeit ein unvermeidliches Glied einer langen Kette. Er war vorausgesehen und öffentlich vorausgesagt. Zum Ausgangspunkt des letzten Prozesses wurde die Beschuldigung der Organisierung terroristischer Akte gemacht. „Was mich betrifft, so würde ich vor der Propagierung des individuellen Terrors und seiner Anwendung nicht zurückschrecken, wenn ich glauben könnte, dass diese Methode fähig ist, die Sache der Befreiung der Menschheit vorwärts zubringen Ich wurde von meinen Feinden mehr als einmal wegen Gedanken angeklagt und verfolgt, die ich ausgesprochen hatte: der letzte Ankläger in dieser Reihe ist die norwegische Regierung. Doch hat mich noch niemand der Verheimlichung meiner Gedanken beschuldigt. Wenn ich den individuellen Terror stets ablehnte, nicht erst seit gestern, sondern seit den ersten Tagen meiner revolutionären Tätigkeit, so deshalb, weil ich diese Kampfmethode nicht nur nicht für wirksam, sondern für verderblich für die Arbeiterbewegung halte. In Russland hat es zwei weltberühmte terroristische Parteien gegeben: die Narodnaja Wolja (‚Volkswille‘) und die Sozialrevolutionäre. Wir russischen Marxisten haben uns als eine Partei der Massen in unversöhnlichem Kampfe gegen den individuellen Terrorismus herausgebildet. Unser Hauptargument war, dass diese Methode eine revolutionäre Partei viel mehr desorganisiert als den Staatsapparat. Nicht umsonst befindet sich die heutige bonapartistische Bürokratie der UdSSR so gierig auf der Suche nach Terrorakten und erfindet sie sogar, um sie dann ihren politischen Gegnern zuzuschieben. Die Ermordung Kirows hat nicht für einen Moment die Selbstherrlichkeit der Bürokratie erschüttert, im Gegenteil, sie hat ihr die gewünschte Möglichkeit geboten, hunderte unbequemer Menschen auszurotten, die politischen Gegner mit Schmutz zu bewerfen und das Bewusstsein der Werktätigen zu verwirren. Die Resultate des Abenteuers von Nikolajew – konnte es auch anders sein? – haben die alte marxistische Einschätzung des Terrorismus völlig bestätigt, der ich vier Jahrzehnte lang treu geblieben war und die ich am allerwenigsten jetzt zu ändern beabsichtige ... Wenn terroristische Tendenzen in vereinzelten Gruppen der Sowjetjugend aufflackern, so nicht infolge der politischen Tätigkeit der Opposition, sondern infolge ihrer Zertrümmerung, der Erdrosselung jeglichen Protestes und jeglichen Gedankens, infolge der Hoffnungslosigkeit und der Verzweiflung. Die GPU stürzt sich gierig auf jeden Schein terroristischer Stimmungen, kultiviert sie und schafft sofort eine Art illegaler Organisation, in der Agents Provokateurs den unglücklichen Terroristen von allen Seiten einkreisen. So war es auch mit Nikolajew. Sogar aus den offiziellen Angaben, wenn man sie aufmerksam gegenüberstellt, ergibt sich mit Sicherheit, dass Jagoda, Stalin und sogar Kirow selbst über den in Leningrad geplanten terroristischen Akt wohl informiert waren. Die Aufgabe der GPU bestand darin, in das Vorhaben Führer der Opposition zu verwickeln, am Vorabend des Attentates die Verschwörung aufzudecken und politische Früchte zu ernten. War Nikolajew selbst ein Agent der GPU? Hatte er gleichzeitig ein Spiel auf zwei Fronten gespielt? Das weiß ich nicht. Jedenfalls gab er den Schuss ab, ohne zu warten, bis Stalin und Jagoda Zeit fanden, ihre politischen Gegner hineinzuziehen. Auf Grund allein nur der offiziellen Publikationen habe ich Anfang 1935 in einer Sonderbroschüre (Die Ermordung Kirows und die Sowjetbürokratie) die Provokationsarbeit der GPU bei der Ermordung Kirows aufgedeckt. Ich schrieb damals, dass der Misserfolg dieses mit dem Leben Kirows bezahlten Versuchs Stalin nicht abhalten, sondern zwingen werde, ein neues, grandioses Amalgam vorzubereiten. Um dies vorauszusehen, war wahrlich keine Prophetengabe nötig: es genügte, die Situation, die Tatsachen und die Menschen zu kennen.
Aus der Ermordung Kirows konnte die GPU, wie ich bereits gesagt habe, unmittelbar nur einen Gewinn buchen: das Geständnis sämtlicher Angeklagten – vor dem Revolverlauf – ihrer ‚moralischen‘ Verantwortung für Nikolajews Tat. Auf mehr waren weder die Angeklagten, noch die öffentliche Meinung, noch die Richter selbst vorbereitet. Aber verschoben ist nicht aufgehoben. Stalin war fest entschlossen, Kirows Leiche in ein sicheres Kapital zu verwandeln. Die GPU zieht periodisch diese Leiche für neue Anklagen, neue Geständnisse und neue Erschießungen hervor. Nach weiterer eineinhalbjähriger psychologischer ‚Vorbereitung‘, während der alle wichtigsten Angeklagten im Gefängnis saßen, stellte ihnen die GPU ein Ultimatum: der Regierung zu helfen, Trotzki in eine terroristische Anklage zu verwickeln. So und nur so wurde die Frage während der Untersuchung, die dem Prozess der 16 voranging, behandelt. ‚Ihr seid uns nicht mehr gefährlich,‘ so ungefähr sprachen Stalins Agenten zu Sinowjew, Kamenew und den anderen Gefangenen, ‚das wisst ihr selbst. Trotzki aber hat sich nicht ergeben. Er führt gegen uns einen Kampf in internationalem Maßstabe. Indes, der Krieg kommt immer näher (Bonapartisten spielen immer auf den Saiten des Patriotismus). Wir müssen mit Trotzki um jeden Preis fertig werden, und zwar so schnell wie möglich. Er muss kompromittiert werden. Man muss ihn mit Terror, mit der Gestapo in Beziehung bringen ...‘ ‚Aber das wird ja niemand glauben?‘ dürften die ewigen Angeklagten geantwortet haben, ‚wir werden uns nur selbst kompromittieren, aber nicht Trotzki.‘ Auf dieser Linie ging der Handel zwischen der GPU und den Gefangenen. Einige ungehorsame Anklage-Kandidaten hat die GPU ohne Prozess erschossen, um den anderen vor Augen zu führen, dass ihnen keine Wahl bleibt. ‚Ob man glauben wird oder nicht‘, werden die Untersuchungsrichter erwidert haben, ‚ist nicht eure Sache. Ihr müsst nur beweisen, dass alle eure früheren Aussagen keine Heuchelei waren, dass ihr tatsächlich der Partei (d. h. der regierenden Kaste) ergeben und für sie zu jedem Opfer bereit seid.‘ Wenn die Untersuchungsrichter offen sein wollten (und sie hatten keinen Grund, sich in ihren vier Wänden zu genieren), dann konnten sie noch hinzufügen: ‚Ob die Eingeweihten glauben werden, ist nicht gar so wichtig; es werden nicht viele von ihnen wagen zu protestieren. Das Leugnen der Faschisten kann uns nur von Vorteil sein. Die Demokratie? Sie wird schweigen. Die französische und die tschechische Demokratie wird den Mund voll Wasser nehmen aus patriotischen Erwägungen. Leon Blum hängt von den Kommunisten ab, und diese Gesellschaft wird tun, was wir befehlen werden.‘ ‚Die Freunde der UdSSR?‘ ‚Die werden alles schlucken, schon um ihre Blindheit nicht einzugestehen. Die Weltbourgeoisie, die Trotzki als den Prediger der permanenten Revolution kennt, kann kein Interesse daran haben, ihn gegen uns in Schutz zu nehmen. Die Presse der IV. Internationale ist noch schwach. Zu den Massen wird somit nur das durchdringen, was wir sagen werden, und nicht was Trotzki sagen wird.‘ So hat Stalins Rechnung ausgesehen, und nicht alles an ihr war falsch. Schließlich haben die Angeklagten wiederum kapituliert und die ihnen übertragenen tragischen und schändlichen Rollen übernommen.
Nicht alle Angeklagten jedoch waren einverstanden, alles, was man von ihnen forderte, zuzugeben. Gerade die Gradation der Geständnisse zeugt von jenem verzweifelten Kampf, der sich am Vorabend des Prozesses hinter den Kulissen abgespielt hat. Ich lasse hier beiseite jene verdächtigen jungen Leute, die ich angeblich aus dem Auslande leitete, von deren Dasein ich aber in Wirklichkeit bis zum Prozess nichts gewusst habe. Von den alten Revolutionären hat nicht einer die Verbindung mit der Gestapo eingestanden: sie bis zu dieser abscheulichen Selbstverleugnung zu bringen, ging über die Kraft der GPU. Smirnow und Golzmann haben außerdem ihre Beteiligung an einer terroristischen Tätigkeit entschieden bestritten. Aber alle 16 Angeklagten, alle, ohne Ausnahme, gestanden, dass Trotzki vom Auslande her geheim zu Morden aufgefordert, terroristische Instruktionen erteilt und sogar Exekutoren entsandt hat. Meine ‚Teilnahme‘ am Terror bildet somit den Gesamtkoeffizient aller Geständnisse. Von diesem Minimum ging die GPU nicht ab. Nur im Austausch gegen dieses Minimum ließ sie Hoffnung auf Erhaltung des Lebens. So öffnet sich vor uns das wahre Ziel der Gesamtfälschung. Der Sekretär der II. Internationale, Friedrich Adler, mein alter und unversöhnlicher politischer Gegner, schreibt über den Moskauer Prozess: ‚Der praktische Zweck dieser Aktion bildet das schändlichste Kapitel des ganzen Prozesses. Es geht um den Versuch, Trotzki des Asylrechts in Norwegen zu berauben und gegen ihn eine Hetze zu veranstalten, die ihm die Möglichkeit nehmen soll, irgendwo auf dem Erdball zu existieren ...‘ Betrachten wir, meine Herren Richter und Geschworenen, den Gesamtkoeffizient der Geständnisse, wie er sich in den Aussagen des Angeklagten Golzmann, des wichtigsten Zeugen gegen mich und meinen Sohn, darstellt. Im November 1932 sei Golzmann, wie er erzählt, zu einer Zusammenkunft mit mir nach Kopenhagen gekommen. Im Vestibül des Hotels Bristol hätte er sich mit meinem Sohn getroffen, der ihn zu mir führte. Während eines längeren Gesprächs hätte ich Golzmann das terroristische Programm entwickelt. Das ist vielleicht die einzige Aussage, die einen konkreten Hinweis auf die Begleitumstände, auf Zeit und Raum enthält. Und da sich Golzmann gleichzeitig hartnäckig weigerte, seine Verbindung mit der Gestapo und seine Teilnahme an terroristischer Tätigkeit zuzugeben, so muss die Erzählung von seiner Zusammenkunft in Kopenhagen auf den Leser als das verlässlichste und sicherste Statement aller Geständnisse in diesem Prozess wirken. Was aber erweist sich tatsächlich? Golzmann hat mich niemals besucht, weder in Kopenhagen, noch an einem anderen Ort. Mein Sohn war während meines dortigen Aufenthalts nicht nach Kopenhagen gekommen und ist überhaupt niemals in Dänemark gewesen. Und schließlich ist das Hotel Bristol, wo Golzmann angeblich mit meinem Sohn sich 1932 traf, bereits im Jahre 1917 abgerissen worden! Dank einem besonders glücklichen Zusammentreffen der Umstände (Visen, Telegramme, Zeugen usw.) zerfallen alle materiellen Elemente der Golzmannschen Erzählung, dieses an Geständnissen kärgsten Angeklagten, in Staub. Golzmann aber bildet keine Ausnahme. Alle übrigen ‚Geständnisse‘ sind nach dem gleichen Schema aufgebaut. Sie sind im Rotbuch meines Sohnes enthüllt. Neue Enthüllungen stehen noch bevor. Ich meinerseits hätte schon längst der Presse, der Öffentlichkeit, einer unparteiischen Untersuchungskommission oder einem unabhängigen Gericht eine Reihe von Tatsachen, Dokumenten, Zeugenaussagen, politischen und psychologischen Erwägungen vorzulegen vermocht, die das Fundament des Moskauer Amalgams sprengen. Aber ich bin an Händen und Füßen gebunden. Die norwegische Regierung hat das Asylrecht in eine Falle verwandelt. In dem Augenblick, wo die GPU gegen mich in ihrer Niedertracht nie dagewesene Beschuldigungen erhebt, setzt mich die Regierung dieses Landes hinter Schloss und Riegel, isoliert mich von der Außenwelt.
Hier muss ich eine kleine Episode erzählen, die kein schlechter Schlüssel zu meiner heutigen Lage ist. Im Sommer dieses Jahres, einige Wochen vor der Ankündigung des Moskauer Prozesses, weilte der norwegische Außenminister Koht als Gast in Moskau und wurde dort mit betonter Feierlichkeit geehrt. Ich unterhielt mich über dieses Thema mit meinem Wohnungswirt, dem Redakteur Konrad Knudsen, den sie hier bereits als Zeugen gehört haben. Sie wissen, dass mich mit Knudsen, trotz der tiefgehenden politischen Meinungsverschiedenheiten, freundschaftliche persönliche Beziehungen verbinden. Die Politik berührten wir nur zum Zwecke der gegenseitigen Information, entschieden alle prinzipiellen Streitigkeiten meidend. ‚Wissen Sie‘, fragte ich ihn in halb scherzendem Tone, ‚weshalb man Koht in Moskau so freundschaftlich empfängt? ‚Weshalb?‘ ‚Es geht um meinen Kopf.‘ ‚Wieso denn?‘ ‚Moskau sagt Koht offen oder in Anspielungen: wir werden Eure Schiffe mieten und Eure Heringe kaufen, aber unter einer Bedingung: Ihr verkauft uns Trotzki ...‘ Knudsen, ein leidenschaftlicher Patriot seiner Partei, war offensichtlich durch meinen Ton verletzt. ‚Glauben Sie wirklich‘, sagte er mir mit Bitterkeit, ‚dass man hier mit Prinzipien handeln wird?‘ ‚Lieber Knudsen‘, erwiderte ich, ‚ich sage ja nicht, dass mich die norwegische Regierung zu verkaufen beabsichtigt, ich behaupte nur, dass mich der Kreml kaufen will ...‘ Wenn ich hier dieses kurze Gespräch wiedergebe, so will ich damit nicht sagen, dass zwischen Litwinow und Koht Besprechungen im Geiste eines offenen Handels geführt wurden. Ich muss sogar zugeben, dass in der mich betreffenden Frage der Minister Koht sich während der Wahlkampagne besser als manch anderer Minister benommen hat. Doch war es mir aus einer Reihe von Umständen vollkommen klar, dass der Kreml in Norwegen eine benebelnde diplomatische und ökonomische Aktion von großem Maßstabe durchführt. Der Sinn dieser vorbereitenden Aktion wurde für alle augenscheinlich, als der Moskauer Prozess ausbrach. Es kann insbesondere kein Zweifel daran bestehen, dass die Kampagne der norwegischen reaktionären Presse gegen mich hinter den Kulissen aus Moskauer Quellen gespeist wurde. Die GPU versorgte durch Mittelsmänner die reaktionären Zeitungen mit meinen ‚gefährlichen‘ Artikeln. Durch ihre Agenten aus der norwegischen Sektion der Komintern verbreitete sie alarmierende Gerüchte und Klatsch. Die Aufgabe bestand darin, am Vorabend der Wahlen eine gespannte Atmosphäre im Lande zu schaffen, die Regierung einzuschüchtern und sie dadurch für die Kapitulation vor dem Moskauer Ultimatum reif zu machen. Inspiriert von der Sowjetgesandtschaft, forderten die norwegischen Reeder und andere interessierte Kapitalisten von der Regierung, die Frage mit Trotzki sofort zu regulieren, und drohten andernfalls mit wachsender Arbeitslosigkeit im Lande. Die Regierung ihrerseits wünschte nichts so sehr, als sich Moskau auf Gnade zu ergeben. Sie brauchte nur einen Anlass. Um ihre Kapitulation zu verdecken, hat die Regierung ohne jegliches Recht und ohne jeglichen Grund mich der Verletzung der von mir unterschriebenen Bedingungen beschuldigt. In Wahrheit wollte sie durch meine Internierung Norwegens Handelsbilanz verbessern!
Als besonders illoyal muss das Benehmen des Justizministers bezeichnet werden. Am Vorabend der Internierung rief er mich plötzlich telefonisch an. Unser Hof war bereits von Polizisten umstellt. Die Stimme des Ministers war süßer als Honig: ‚Ich habe Ihren Brief erhalten‘, sagte er, ‚und finde, dass er viel Wahres enthält. Ich bitte Sie nur um eines: geben Sie Ihren Brief nicht der Presse, und antworten Sie überhaupt nicht auf die heutige Regierungsmitteilung. Wir haben abends einen Ministerrat und ich hoffe, dass wir den Beschluss revidieren werden ...‘ ‚Selbstverständlich‘, war meine Antwort, ‚werde ich den endgültigen Beschluss abwarten.‘ Am nächsten Tage wurde ich verhaftet, meine Sekretäre wurden durchsucht und man nahm ihnen vor allem die fünf Kopien des Briefes weg, in dem ich den Justizminister an seine Teilnahme bei meinem politischen Interview erinnerte. Der Herr Minister war sehr besorgt, die Enthüllung dieser Tatsache könnte seine Wahlchancen verschlechtern. So ist dieser Wächter der Justiz! ...
Die Sowjetregierung hat, wie Sie wissen, weder am Vorabend des Prozesses noch nach seiner Beendigung gewagt, die Frage meiner Auslieferung anzuschneiden. Konnte das denn auch anders sein? Die Forderung der Auslieferung hätte man vor einem norwegischen Gericht begründen müssen, mit andern Worten, sich vor der ganzen Welt der Schande aussetzen. Mir blieb nichts weiter übrig, als die norwegischen ‚Kommunisten‘ und Faschisten, die die Moskauer Verleumdung wiederholten, zu verklagen. Noch am Tage der Internierung sagte mir der Justizminister: Selbstverständlich werden Sie die Möglichkeit haben, sich gegen die Beschuldigungen, denen Sie ausgesetzt sind, zu verteidigen.‘ Doch die Taten des Justizministers und seine Worte gehen weit auseinander. Mit ihren Ausnahmegesetzen gegen mich hat die norwegische Regierung allen gedungenen Verleumdern erklärt: ‚Ihr könnt von nun an unbehindert und ungestraft Trotzki in allen fünf Teilen der Erde verleumden: wir halten ihn gefesselt und werden ihm nicht erlauben, sich zu verteidigen!‘ Meine Herren Richter und Geschworenen! Sie haben mich hierher geladen als Zeugen in Sachen des Überfalls auf meine Wohnung. Die Regierung hat mich liebenswürdigerweise unter solider Polizeieskorte hergebracht. Indes hat dieselbe Regierung meine für den französischen Untersuchungsrichter bestimmten Aussagen in Sachen des Raubes meiner Archive in Paris konfisziert. Weshalb dieser Unterschied? Vielleicht deshalb, weil es sich in dem einen Falle um die norwegischen Faschisten handelt, die die norwegische Regierung als ihre Feinde betrachtet, und in dem anderen Falle um die Gangster der GPU, die die Regierung im Augenblick zu ihren Freunden zählt? ... Ich beschuldige die norwegische Regierung der Verletzung der elementarsten Rechtsgrundsätze. Der Prozess der 16 eröffnet eine ganze Serie ähnlicher Prozesse, bei denen nicht nur meine und meiner Familienmitglieder, sondern auch hunderter anderer Menschen Ehre und Schicksal auf dem Spiel stehen wird. Wie kann man denn mir, dem Hauptangeklagten und dem informiertesten Zeugen, verbieten, zu sagen was ich weiß? Das heißt doch, böswillig die Aufklärung der Wahrheit verhindern! Wer durch Drohung oder Gewalt einen Zeugen verhindert, die Wahrheit zu sagen, macht sich eines schweren Verbrechens schuldig, was, wie ich bestimmt annehme, nach den norwegischen Gesetzen streng bestraft wird. Es ist gut möglich, dass der Justizminister wegen meiner Aussagen in diesem Saal gegen mich neue Repressalien anwenden wird: Die Hilfsmittel der Willkür sind unbeschränkt. Aber ich habe Ihnen versprochen, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen. Ich habe mein Versprechen erfüllt!“
Der Vorsitzende fragt, ob die Parteien noch weitere Fragen an den Zeugen haben. Es sind keine Fragen mehr.
Der Vorsitzende (zum Zeugen): „Sind Sie bereit, alles, was Sie ausgesagt haben, zu beeidigen?“
„Ich kann keinen religiösen Eid ablegen, da ich zu keiner Religion gehöre; doch begreife ich gut die Bedeutung von all dem, was ich vor Ihnen ausgesagt habe und ich bin bereit, einen bürgerlichen Eid zu leisten, das heißt, die juristische Verantwortung für jedes hier gesagte Wort zu übernehmen.“
Alle erheben sich. Der Zeuge wiederholt mit erhobener Hand die Formel des Eides, wonach er unter Begleitung von Polizeibeamten den Saal verlässt und nach Sundby, dem Ort seiner Internierung, zurückkehrt.
1. Ich sehe keinen Grund, für diese Herren Reklame zu machen, indem ich sie mit vollem Namen nenne.
2. Wie ich aus den schriftlichen Angaben meines Sohnes, die er dem Untersuchungsrichter am 19. November 1936 schriftlich gemacht hat, ersehe, hatte er den ersten Teil der Archive noch vor Erhalt meines Briefes vom 10. Oktober übergeben, und zwar auf Grund meiner früheren Briefe, in denen ich wiederholt Befürchtungen in Bezug auf die Archive ausgesprochen hatte, wenn auch nicht in so kategorischer Form.
3. Quisling ist ein „Führer“ der norwegischen Faschisten.
Zuletzt aktualisiert am 10. Juni 2018