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Wir, die Vertreter der werktätigen Massen, die wir uns zum ersten Sowjetkongreß Georgiens versammelt haben, entsenden, gleichzeitig mit einem brüderlichen Gruß an alle Werktätigen, Unterdrückten und gegen die Ausbeuter der ganzen Welt Kämpfenden einen entrüsteten Protest gegen die Unterdrücker und ihre Helfershelfer, die gerade gegenwärtig unter der Flagge angeblicher Sympathien für ein „unabhängiges Georgien“ neue Attentate gegen die von uns eroberte Arbeiter- und Bauernmacht vorbereiten.
Georgien gehörte dem Bestande des Zarenreiches an, das durch die Ketten der Gewaltherrschaft zusammengeschmiedet war. Die werktätigen Massen Georgiens führten, in voller Einmütigkeit mit der Arbeiterklasse ganz Rußlands, im Laufe einer Reihe von Jahren einen unversöhnlichen Kampf gegen die zaristische Selbstherrschaft, den gutsherrlichen Grundbesitz und die bourgeoise Exploitation. Der Mangel an politischer Erfahrung unter den werktätigen Massen Georgiens führte dahin, daß die Leitung des politischen Kampfes für eine Reihe von Jahren in die Hände der kleinbourgeoisen georgischen Intelligenz geriet, die unter der Flagge des Menschewismus dem Kampfe der werktätigen Massen die Spitze abbrach, indem sie nach Kompromiß und Verständigung mit der Autokratie, mit den Gutsbesitzern und im besonderen mit der Bourgeoisie trachtete.
Während des imperialistischen Krieges vergiftete die in Georgien herrschende menschewistische Partei das Bewußtsein der werktätigen Massen mit dem Gift des bourgeoisen Patriotismus, indem sie in dieser Hinsicht mit den verräterischen Führern der Zweiten Internationale gemeinsame Sache machte.
Die Märzrevolution 1917, die den Zarismus stürzte, brachte zeitweilig die kleinbourgeoisen Parteien der Menschewiki und Sozialrevolutionäre in ganz Rußland zur Macht. In ihrer Mitte spielten eine wichtige Rolle die Führer des georgischen Menschewismus: Tschcheidse, Zeretelli u. a.
Auf dem Gebiete der internationalen Politik war die Losung der Menschewiki, wie auch die aller übrigen kleinbourgeoisen Parteien, die Fortführung des Krieges Hand in Hand mit den imperialistischen Ländern der Entente.
Auf sozialem Gebiete traten die Menschewiki für die Wahrung der bourgeoisen Ordnung ein.
Auf politischem Gebiet hielten sie es für notwendig, die Herrschaft der Bourgeoisie durch die „demokratische Republik“ zu verschleiern, die, wie die Erfahrung der ganzen Welt gezeigt hat, nur eine Maschine in den Händen der herrschenden kapitalistischen Clique ist.
Auf nationalem Gebiet haben die Menschewiki, zusammen mit allen bourgeoisen und kleinbourgeoisen Parteien, den nationalen Forderungen der Finnen, Ukrainer und anderer Nationalitäten, die in dem Zarengefängnis eingeschlossen waren, entschiedenen Widerstand entgegengesetzt.
In Georgien selbst bremsten die Menschewiki mit allen Mitteln den Kampf der werktätigen Massen gegen ihre Unterdrücker, sie hinderten die Lösung der Agrarfrage, hielten die alten Gewaltmenschen der Epoche des Zarismus im Dienste zurück usw.
Die Presse der Menschewiki konzentrierte, gemeinsam mit der offenkundig bourgeoisen Presse, ihre Hauptbemühungen auf die Hetze und Verleumdung gegen die Bolschewiki, die sie den Arbeitern und Bauern als Feinde der Revolution und als Agenten des deutschen Militarismus darstellten. Wohl kaum hat die Geschichte des politischen Kampfes eine gemeinere, ehrlosere, böswilligere Verleumdung gesehen!
Nach dem fast blutlosen Oktoberumsturz in Petrograd, der das morsch gewordene Regime Kerenski-Zeretelli stürzte, wurden die kaukasischen Menschewiki zu Führern des Bürgerkrieges, der im ganzen Lande die Menschewiki, Sozialrevolutionäre, Kadetten und alle Schwarzhunderter in einem gemeinsamen Lager gegen die Arbeiter- und Bauernsowjets vereinte.
Als die Arbeiter, alle Hindernisse überwindend, fast im ganzen Lande siegten, spalteten die Menschewiki Transkaukasien von der Sowjetrepublik ab, indem sie es in einen selbständigen bourgeoisen Staat zu verwandeln bemüht waren. Mit der Arbeiterklasse Rußlands brechend, gingen sie von nun an Hand in Hand mit der bourgeois-gutsherrlichen Meute, die repräsentiert war durch die georgischen Nationalisten, die armenischen Daschnaken und die asserbeidshanischen Mussawatisten. Ganz Transkaukasien verwandelte sich unter der Führung der Menschewiki in gegenrevolutionäre Schützengräben, um hier die sich entwickelnde Bauern- und Arbeiterrevolution zu erdrücken.
Auf diese Weise trat im Innern Transkaukasiens, das nicht aus nationalen, sondern aus Klassenmotiven von Rußland losgerissen wurde, unter der Führung der Menschewiki eine Diktatur der Exploiteure über die Werktätigen ein. Die Menschewiki bemächtigten sich des administrativ-polizeilichen Apparates, sie gaben in ganz Transkaukasien den Ton an, herrschten unbeschränkt in Georgien.
Das Eindringen der Türken und Deutschen in Transkaukasien verschärfte den Kampf zwischen den verschiedenen nationalen Teilen der bourgeoisen und kleinbourgeoisen Front. Die georgischen Menschewiki hielten den Moment als geeignet dafür, um Transkaukasien zu zergliedern und eine angebliche Unabhängigkeit Georgiens zu proklamieren. In den Truppen des Kaisers und des Sultans eine zuverlässige Garantie gegen die Gefahren des Nordens sehend, rechneten die georgischen Menschewiki erbarmungslos mit den Arbeiterstreiks ab und mit den ununterbrochen aufflammenden Bauernaufständen in den verschiedenen Teilen des Landes. Wie früher die georgischen Menschewiki, in der Person von Tschcheidse und Zeretelli, die Selbstbestimmung des finnischen und ukrainischen Volkes zu unterdrücken suchten, so rechneten sie jetzt, innerhalb der Grenzen Georgiens, mit Feuer und Schwert mit den nationalen Bestrebungen der Abchasen, Adsharen und Ossetinen ab.
Die Vernichtung des deutschen Militarismus führte nur zu einem Wechsel des Herrn des menschewistischen Georgiens, ohne seine internationale oder innere Politik zu verändern. Jetzt wurden die Menschewiki zu einer Waffe in den Händen der Imperialisten der Entente. Sie hielten eine ununterbrochene Verbindung mit allen gegenrevolutionären Mächten Südrußlands aufrecht. Sie verzichteten auf keine einzige Maßnahme, die Sowjetrußland Schaden zufügen konnte. Die Kommunistische Partei wurde von ihnen natürlich endgültig ins Kellerloch getrieben, und die Besondere Abteilung trat zum Ruhme der bourgeoisen Republik in Aktion. Das Verweilen der englischen Okkupationstruppen in Batum machte die Politik der georgischen Menschewiki in bezug auf Sowjetrußland zu einer besonders frechen und provokatorischen. Denikin hatte in Gestalt des „demokratischen“ Georgiens die zuverlässigste Rückendeckung.
Die Vernichtung der Denikinarmee durch die roten Truppen und die Annäherung dieser letzteren an Transkaukasien Anfang 1920 erschütterte sofort die illusorische Herrschaft der nationalistischen Partei in Transkaukasien. Die werktätigen Massen wurden von tiefem revolutionären Schwung erfaßt. Schon in dieser Periode konnte die Rote Armee als ersehnte Erlöserin vom menschewistisch- ententistischen Joch in Georgien einrücken. Die der Avantgarde angehörenden Arbeiter und Bauern warteten mit Ungeduld hierauf und riefen beharrlich die Sowjetregierung um Hilfe an.
Da die Regierung Sowjetrußlands das Blut der Arbeiter und Bauern nicht vergießen wollte und die Herstellung eines sicheren Friedens zwischen den Arbeitern und Bauern Georgiens und Rußlands herbeisehnte, gebot sie dem Einmarsch der roten Truppen in Georgien halt, und statt dessen wurde im Mai 1920 der Friedensvertrag geschlossen.
Aber die Menschewiki begannen vom ersten Tage der Unterschreibung des Friedensvertrages mit der R. S. F. S. R. an, diesen systematisch zu verletzen, indem sie heimlich und offen alle Feinde Sowjetrußlands unterstützten, in der Hoffnung, daß die Sowjetmacht gestürzt und die Arbeiter- und Bauernrevolution in Rußland endgültig unterdrückt werden würde. Aber diese Herrschaften haben sich in ihren Berechnungen schwer getäuscht.
Die Liquidierung des polnischen Krieges und die Vernichtung Wrangels im Herbst 1920 mußten unvermeidlich einen Zusammenbruch der georgischen Flanke der gegenrevolutionären Front herbeiführen. Nach dem Versuch einer Verständigung mit den georgischen Menschewiki, die zu unerhörtem Treubruch und Verrat führte, konnte die R. S. F. S. R.. sich nicht von dem Kampfe fernhalten, den die werktätigen Massen Georgiens gegen die Regierung der Menschewiki führten, und es ist ganz natürlich, daß die bewaffneten Arbeiter und Bauern der Sowjetföderation den gegen die Bourgeoisie und die Gutsbesitzer aufständisch gewordenen werktätigen Massen Georgiens zu Hilfe kamen.
Die roten Regimenter marschierten in das vom revolutionären Aufstand ergriffene Land als Befreier ein. Die von den Menschewiki geschaffene georgische Nationalarmee weigerte sich in ihrer erdrückenden Mehrzahl, gegen die roten Truppen zu kämpfen und verbrüderte sich mit ihnen. Die Regierung der Menschewiki, die sich durch den Verrat an der Revolution befleckt hatte, wurde hinausgeworfen und floh auf den Schiffen der Entente, indem sie den Staatsschatz des georgischen Volkes mit sich fortführte.
Heute wird dieser Staatsschatz dafür verausgabt, um die verbündeten Sowjetrepubliken und die Rote Armee zu verleumden. Die Führer der Zweiten Internationale – Kautsky, Henderson, Macdonald, Huysmans und viele andere – bringen einstimmig mit den führenden imperialistischen Politikern und den Zeitungen der Weltbörse der georgischen „Demokratie“ gegenüber, die angeblich durch den Sowjetimperialismus zu Boden getreten sein soll, ihre Sympathien zum Ausdruck.
Wir, die Vertreter der wirklichen werktätigen Massen Georgiens, wir, seine Arbeiter und Bauern, versammelt auf unserem Sowjetkongreß, brandmarken diese schmähliche internationale Komödie der Gemeinheit und Lüge. Die heuchlerische Sympathie Hendersons und Vanderveldes lehnen wir mit dem gleichen Unwillen und der gleichen Verachtung ab, wie auch die Sympathie ihrer Protektoren – der Londoner und französischen Wucherer.
Die kapitalistischen und sozialdemokratischen Protektoren der georgischen Menschewiki schlagen vor, in Georgien eine Befragung der Bevölkerung zu organisieren – nach dem Muster jener Referenden, die die Entente in Schlesien, Litauen, Armenien u. a. veranstaltete und zu veranstalten beabsichtigte –, kurz ein Referendum, auf das die Antwort schon im voraus von jenen entschieden ist, die eine Komödie der demokratischen Verspottung des Willens eines Volkes zu organisieren für nötig halten. Das werktätige georgische Volk hat seine wahre Stimme in einer ununterbrochenen Reihe von Aufständen gegen die Menschewiki kundgegeben, ferner in den örtlichen Wahlen der städtischen und der Dorfsowjets, und jetzt im Sowjetkongreß der werktätigen Massen ganz Georgiens, der den richtigsten und wahrheitsgetreuesten Ausdruck der politischen Erfahrung, der Gesinnungen und Wünsche des werktätigen georgischen Volkes darstellt.
Die Rote Armee brauchen wir, solange die Bedrohung der Existenz der Sowjetrepubliken nicht verschwindet, wir brauchen sie solange, bis die Arbeiter der ganzen Welt den imperialistischen Räubern die Macht entrissen und wirkliche Garantien eines ruhigen, friedlichen und brüderlichen Zusammenarbeiten aller Völker geschaffen haben werden. Wir, die Arbeiter und Bauern Georgiens, träumen gemeinsam mit den Arbeitern und Bauern aller Sowjetrepubliken und zusammen mit der Roten Armee selbst von jenem Tage, da die wirkliche Entwaffnung des Imperialismus uns erlauben wird, die Rote Armee zu demobilisieren und unsere Brüder auf die Aecker und zu den Werkbänken, zur friedlichen Arbeit zurückkehren zu lassen.
Arbeiter und Arbeiterinnen, werktätige Bauern Europas und der ganzen Welt! Glaubt nicht der Lüge, glaubt nicht der Verleumdung unserer und eurer Feinde! Hört auf die Stimme eurer Brüder – der georgischen Arbeiter und Bauern! Die Rote Armee ist nicht ein Apparat äußerer Gewaltanwendung, sondern unsere eigene Waffe des Kampfes um die Befreiung der Werktätigen. In ihren Reihen sind die Regimenter, die aus allen Völkern der großen Sowjetföderation bestehen, von den gleichen Ideen der Brüderlichkeit und der Solidarität durchdrungen. Die Rote Armee kennt keine nationale Gliederung und keinen nationalen Kampf, sie verteidigt in gleicher Weise die Interessen der Werktätigen aller Völker.
Die bankerotten Menschewiki und Agenten der Entente – Dschordania, Zeretelli, Tschcheidse – versuchen durch ihre Agitation, die sie auf Kosten des ihrem Volke entrissenen Geldes betreiben, günstige Bedingungen für eine neue militärische Intervention des ausländischen Imperialismus in Transkaukasien zu schaffen. Noj Dschordania wendet sich zu gleicher Zeit sowohl an den imperialistischen Rat in Cannes, als auch an die gelbe sozialdemokratische Internationale. Wir aber wenden uns an die werktätigen Massen Europas und der ganzen Welt mit dem Aufruf, den neuen Anschlägen des Imperialismus und seiner buntscheckigen Helfershelfer revolutionären Widerstand entgegenzusetzen.
Arbeiter der Avantgarde! Macht es den Werktätigen der ganzen Welt klar, daß die Macht in Georgien zum ersten Male seit seinem Bestehen sich in den Händen der georgischen Arbeiter und werktätigen Bauern befindet. Diese Macht halten wir in unseren Händen, und wir werden sie an niemanden abtreten!
Angesichts der Arbeiter und Arbeiterinnen der ganzen Welt erklären wir, daß im Laufe von dreieinhalb Jahren des An-der-Macht-Seins der Menschewiki für die Arbeiter Georgiens rein gar nichts geschehen ist, die Bauernschaft kein Land bekommen hat, das ihnen von den Menschewiki versprochen worden war. Die Menschewiki haben während der Zeit ihres Wirtschaftens im Lande weder einen inneren noch einen äußeren Frieden herzustellen vermocht, sie haben erreicht, daß sie nicht nur zu Sowjetrußland, sondern auch zu den benachbarten Republiken in ein offen feindliches Verhältnis geraten sind. Am schlimmsten aber war der Umstand, daß sie das Verhältnis der Völker Georgiens zueinander bis aufs äußerste zugespitzt haben. Dank ihrer nationalistischen und chauvinistischen Politik ist es mehr als einmal zu blutigen Zusammenstößen namentlich auf nationaler Grundlage gekommen.
Dagegen hat es die Sowjetmacht bereits im Laufe sehr kurzer Zeit verstanden, die schwierigsten und hauptsächlichsten Fragen zu lösen. Das ganze Land ist bereits den Werktätigen übergeben, jede Exploitation auf dem Gebiete des Ackerbaus ist beseitigt, der nationale Friede im Innern des Landes zwischen allen Nationalitäten ist hergestellt, es sind friedliche und brüderliche Beziehungen zu allen Georgien umgebenden, sowohl sowjetistischen als auch nichtsowjetistischen Staaten hergestellt. Im Laufe eines Jahres des Bestehens der Sowjetmacht in Georgien ist der Friede und die Ruhe weder im Inneren des Landes, noch nach außen hin auch nur für eine Sekunde verletzt worden. Es ist unser Wunsch, mit allen Völkern in Frieden und brüderlicher Zusammenarbeit zu leben. Wir stellen unser durch die langen Jahre des imperialistischen und des Bürgerkrieges zerrüttetes Wirtschaftsleben wieder her, und wir erklären mit voller Gewißheit, daß wir in allernächster Zeit auch an der Wirtschaftsfront als Sieger hervorzugehen wissen werden, wie wir als Sieger an der Front des Bürgerkrieges hervorgegangen sind.
Bewußte und ehrliche Soldaten und Matrosen aller Länder! Macht es euren Brüdern klar, daß der Weg zur Wiederherstellung eines bourgeoisen Georgiens nicht anders gebahnt werden könnte als über die Leichen der georgischen Arbeiter und Bauern hinweg. Gegen jeden Versuch der Wiederherstellung des verachteten und verhaßten Reiches der menschewistischen Pseudodemokratie werden wir uns geschlossen erheben, unter der Losung – „Freiheit oder Tod“. Unser Bündnis mit Sowjet-Armenien, mit Sowjet-Asserbeidshan, mit der ganzen R. S. F. S. R. ist bereits befestigt und wird für immer unerschütterlich bleiben.
Arbeiter und Arbeiterinnen und werktätige Bauern Europas und aller anderen Länder! Wir wenden uns mit diesem brüderlichen Appell an das Gefühl der Solidarität und der brüderlichen Einigkeit der werktätigen Massen aller Völker.
Es lebe die Macht der Sowjets! Es lebe die proletarische Weltrevolution!
Präsidium des Kongresses:
Macharadse, Mdiwani, Dumbadse, Orachelaschwili, Toroschelidse, Gegetschkori, Todria, Gaglojew, Lakoba, Glonti, Okuaschwili, Papiaschwili, Warwara Okudshawa, Mamulia, Sturua, Chimschiaschwili, Waramischwili, Nasaretjan
Tiflis, den 26. Februar 1922
Zuletzt aktualisiert am 3. Juli 2019