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Hinsichtlich des Problems der Besonderheit des Widerspruchs gibt es noch zwei Punkte, die einer speziellen Analyse bedürfen: den Hauptwiderspruch und die hauptsächliche Seite des Widerspruchs.
Im Entwicklungsprozeß eines komplexen Dinges gibt es eine ganze Reihe von Widersprüchen, unter denen stets einer der Hauptwiderspruch ist; seine Existenz und seine Entwicklung bestimmen oder beeinflussen die Existenz und die Entwicklung der anderen Widersprüche.
So bilden zum Beispiel in der kapitalistischen Gesellschaft die beiden gegensätzlichen Kräfte, Proletariat und Bourgeoisie, den Hauptwiderspruch. Die anderen Widersprüche wie zum Beispiel der Widerspruch zwischen den Überresten der Feudalklasse und der Bourgeoisie, der Widerspruch zwischen den bäuerlichen Kleineigentümern und der Bourgeoisie, der Widerspruch zwischen dem Proletariat und den bäuerlichen Kleineigentümern, der Widerspruch zwischen der nichtmonopolistischen und der monopolistischen Bourgeoisie, der Widerspruch zwischen der bürgerlichen Demokratie und dem Faschismus der Bourgeoisie, die Widersprüche unter den kapitalistischen Ländern, die Widersprüche zwischen dem Imperialismus und den Kolonien sowie alle übrigen Widersprüche – sie alle werden vom Hauptwiderspruch bestimmt, stehen unter seinem Einfluß.
In einem halbkolonialen Land wie China bieten die Beziehungen zwischen dem Hauptwiderspruch und den Nebenwidersprüchen ein kompliziertes Bild.
Im Falle eines Aggressionskriegs der Imperialisten gegen ein solches Land können sich seine verschiedenen Klassen – mit Ausnahme einer Handvoll Verräter an der Nation – zeitweilig zu einem nationalen Krieg gegen den Imperialismus zusammenschließen. Dann wird der Widerspruch zwischen dem Imperialismus und dem betreffenden Land zum Hauptwiderspruch, während alle Widersprüche zwischen den verschiedenen Klassen innerhalb dieses Landes (einschließlich des Hauptwiderspruchs unter ihnen, nämlich des Widerspruchs zwischen dem Feudalsystem und den Volksmassen) vorübergehend auf den zweiten Platz verwiesen sind und eine untergeordnete Stellung einnehmen. Das war in China der Fall während des Opiumkriegs von 1840 [21], des Chinesisch-Japanischen Krieges von 1894 [22] sowie des Yihotuan-Krieges von 1900 und ist auch während des gegenwärtigen Chinesisch-Japanischen Krieges der Fall.
In einer anderen Situation vertauschen jedoch die Widersprüche ihren Platz. Wenn der Imperialismus zur Unterdrückung des halbkolonialen Landes nicht zu den Mitteln des Krieges greift, sondern sich milderer Formen – wie politischer, wirtschaftlicher und kultureller – bedient, werden die herrschenden Klassen dieses Landes vor dem Imperialismus kapitulieren, und es kommt zwischen ihnen zu einem Bündnis für die gemeinsame Unterdrückung der Volksmassen. In diesem Fall nehmen die Volksmassen häufig Zuflucht zum Bürgerkrieg als Form des Kampfes gegen das Bündnis zwischen dem Imperialismus und der Feudalklasse, während der Imperialismus, statt zu einer direkten Aktion zu greifen, sich oft indirekter Mittel bedient, um die reaktionären Kräfte in diesem halbkolonialen Land bei der Unterdrückung des Volkes zu unterstützen, was eine besondere Verschärfung der inneren Widersprüche an den Tag legt. Eine solche Situation war in China kennzeichnend für den Revolutionskrieg von 1911, für den revolutionären Krieg von 1924-1927 und den folgenden zehnjährigen Agrarrevolutionären Krieg. Eine analoge Lage ist auch bei den internen Kriegen zwischen den verschiedenen reaktionären herrschenden Cliquen in halbkolonialen Ländern zu beobachten, zum Beispiel bei den Fehden zwischen den Militärmachthabern in China.
Wenn sich der revolutionäre Bürgerkrieg derart entwickelt, daß er die Existenz des Imperialismus und seiner Lakaien, der einheimischen Reaktion, in ihren Grundlagen bedroht, dann greift der Imperialismus oft zu anderen Mitteln, um seine Herrschaft aufrechtzuerhalten: entweder sucht er die revolutionäre Front zu spalten, oder er interveniert unmittelbar mit seinen eigenen Streitkräften, um der einheimischen Reaktion zu helfen. In diesem Fall entsteht zwischen dem Imperialismus und der einheimischen Reaktion, die sich offen zusammentun, auf dem einen Pol und den Volksmassen auf dem anderen Pol der Hauptwiderspruch, der die Entwicklung der anderen Widersprüche bestimmt oder beeinflußt. Ein Beispiel für eine solche bewaffnete Intervention ist die Hilfe, die verschiedene kapitalistische Länder den Reaktionären Rußlands nach der Oktoberrevolution erwiesen haben. Ein Beispiel für die Spaltung der revolutionären Front ist der Verrat Tschiang Kai-scheks im Jahre 1927.
Jedenfalls steht es ganz außer Zweifel, daß es in jeder Etappe eines Entwicklungsprozesses nur einen einzigen Hauptwiderspruch gibt, der die führende Rolle spielt.
Hieraus folgt: Wenn ein Prozeß mehrere Widersprüche enthält, muß einer von ihnen der Hauptwiderspruch sein, der die führende und entscheidende Rolle spielt, während die übrigen nur eine sekundäre, untergeordnete Stellung einnehmen. Infolgedessen muß man sich beim Studium eines komplizierten Prozesses, der zwei oder noch mehr Widersprüche enthält, die größte Mühe geben, den Hauptwiderspruch herauszufinden. Sobald dieser festgestellt ist, kann man alle Probleme leicht lösen. Das ist die Methode, die uns Marx in seiner Untersuchung der kapitalistischen Gesellschaft vordemonstriert hat. Lenin und Stalin zeigten uns die Anwendung eben dieser Methode, als sie den Imperialismus und die allgemeine Krise des Kapitalismus sowie die Wirtschaft der Sowjetunion untersuchten. Tausende und aber Tausende Gelehrte und Praktiker verstehen diese Methode nicht; das Ergebnis ist, daß sie in einem dichten Nebel umherirren, vergeblich nach dem Hauptkettenglied suchen und daher auch die Methode zur Lösung der Widersprüche nicht finden können.
Es wurde schon oben gesagt, daß man nicht auf die gleiche Weise an alle in einem Prozeß vorhandenen Widersprüche herangehen darf, daß man den Hauptwiderspruch von den Nebenwidersprüchen unterscheiden muß, wobei das wichtigste ist, den Hauptwiderspruch zu erfassen. Kann man aber in gleicher Weise an die beiden gegensätzlichen Seiten eines Widerspruchs, sei es nun der Hauptwiderspruch, sei es ein Nebenwiderspruch, herangehen? Nein, das kann man auch nicht. Die Seiten eines jeden Widerspruchs entwickeln sich ungleichmäßig. Zuweilen scheint es, daß zwischen ihnen ein Gleichgewicht besteht; doch dieses ist nur vorübergehend und relativ, während die ungleichmäßige Entwicklung das Grundlegende bleibt. Von den beiden Seiten des Widerspruchs ist die eine unweigerlich die hauptsächliche, die andere die sekundäre Seite. Die hauptsächliche Seite ist jene, die im Widerspruch die führende Rolle spielt. Der Charakter eines Dinges wird im wesentlichen durch die Hauptseite des Widerspruchs bestimmt, die eine dominierende Stellung einnimmt.
Diese Lage ist aber nicht unveränderlich: die hauptsächliche Seite und die sekundäre Seite des Widerspruchs gehen ineinander über, worauf sich auch der Charakter des Dinges entsprechend ändert. Wenn in einem bestimmten Entwicklungsprozeß oder in einer bestimmten Entwicklungsetappe eines Widerspruchs dessen hauptsächliche Seite A ist und seine sekundäre B, so vertauschen die beiden Seiten in einer anderen Entwicklungsetappe oder in einem anderen Entwicklungsprozeß ihre Stellung zueinander, was durch den Grad der Vermehrung bzw. Verminderung der Kräfte der beiden widerstreitenden Seiten des Widerspruchs im Verlauf der Entwicklung des Dinges bestimmt ist.
Wir sagen oft: „Das Neue löst das Alte ab.“ Das ist ein allgemeines und ewig unumstößliches Gesetz des Weltalls. Der Prozeß der Ablösung des Alten durch das Neue vollzieht sich so, daß ein Ding in ein anderes durch einen Sprung übergeht, der je nach dem Charakter des Dinges selbst und den Bedingungen, unter denen es sich befindet, verschiedene Formen hat. jedes Ding birgt in sich den Widerspruch zwischen seinen zwei Seiten – dem Neuen und dem Alten –, der eine Reihe von Kämpfen mit vielen Windungen und Wendungen hervorbringt. Im Verlauf dieser Kämpfe wächst das Neue vom Kleinen zum Großen und gewinnt schließlich die beherrschende Position, während das Alte vom Großen zum Kleinen schrumpft und seinem Untergang entgegengeht. Sobald das Neue die Oberhand über das Alte erhält, wandelt sich das alte Ding qualitativ in das neue Ding um. Daraus folgt, daß der Charakter eines Dinges im wesentlichen durch die hauptsächliche Seite des Widerspruchs bestimmt wird, die die dominierende Stellung einnimmt. Tritt in der die beherrschende Position einnehmenden hauptsächlichen Seite des Widerspruchs ein Wechsel ein, so ändert sich dementsprechend der Charakter des Dinges.
Der Kapitalismus, der in der alten, feudalen Gesellschaft eine untergeordnete Stellung eingenommen hatte, wurde in der kapitalistischen Gesellschaft zur dominierenden Kraft, dementsprechend veränderte sich auch der Charakter der Gesellschaft: Die Feudalgesellschaft verwandelte sich in die kapitalistische Gesellschaft. Die Feudalkräfte hingegen, die in der Vergangenheit die vorherrschenden gewesen waren, wurden in der Epoche der neuen, kapitalistischen Gesellschaft zu untergeordneten Kräften, die allmählich ihrem Ende entgegengehen. So geschah es zum Beispiel in England und Frankreich. Mit der Entwicklung der Produktivkräfte verwandelt sich die Bourgeoisie aus einer neuen Klasse, die eine fortschrittliche Rolle gespielt hat, in eine alte Klasse, die eine reaktionäre Rolle spielt, bis sie schließlich vom Proletariat gestürzt und in eine entmachtete Klasse, deren private Produktionsmittel enteignet sind, verwandelt wird; sie geht dann ebenfalls mit der Zeit zugrunde. Das Proletariat, das der Bourgeoisie zahlenmäßig weit überlegen ist und zugleich mit ihr wächst, aber unter ihrer Herrschaft steht, bildet eine neue Kraft, die in der Anfangsperiode von der Bourgeoisie abhängig ist, dann jedoch allmählich erstarkt, bis es sich zu einer unabhängigen, die führende Rolle in der Geschichte spielenden Klasse erhebt, die schließlich die Macht ergreift und zur herrschenden Klasse wird. Dementsprechend ändert sich der Charakter der Gesellschaft: Die alte, kapitalistische verwandelt sich in die neue, sozialistische Gesellschaft. Das ist der Weg, den die Sowjetunion schon gegangen ist und den unweigerlich alle anderen Länder gehen werden.
Wenn wir z.B. China betrachten, so nimmt der Imperialismus in dem Widerspruch, durch welchen China in eine Halbkolonie verwandelt wurde, die Hauptposition ein; der Imperialismus unterdrückt das chinesische Volk, und China ist aus einem unabhängigen zu einem halbkolonialen Land geworden. Doch wird sich die Lage unvermeidlich ändern: Im Zuge des Kampfes werden die Kräfte des chinesischen Volkes, die unter der Führung des Proletariats wachsen, unweigerlich das halbkoloniale China zu einem unabhängigen Staat machen und den Imperialismus besiegen, das alte China wird sich unausbleiblich in ein neues China verwandeln.
Die Verwandlung des alten China in ein neues China schließt auch einen Wandel im Verhältnis zwischen den alten Kräften des Feudalismus und den neuen Kräften des Volkes im Land ein. Die alte feudale Grundherrenklasse wird gestürzt werden, sich aus der herrschenden in eine beherrschte Klasse verwandeln und ebenfalls allmählich untergehen. Die Volksmassen aber werden unter der Führung des Proletariats von Beherrschten zu Herrschenden werden. Dementsprechend wird sich der Charakter der chinesischen Gesellschaft ändern. Die alte, halbkoloniale und halbfeudale Gesellschaft wird sich in eine neue, demokratische Gesellschaft verwandeln.
Derart gegenseitige Umwandlungen haben sich schon in der Vergangenheit vollzogen. Die Tjing-Dynastie, die fast dreihundert Jahre China regiert hatte, wurde in der Revolution von 1911 gestürzt, und die von Sun Yat-sen geleitete Revolutionäre Liga errang einen zeitweiligen Sieg. Im revolutionären Krieg von 1924-1927 wurden die vereinigten revolutionären Kräfte der Kommunistischen Partei und der Kuomintang im Süden Chinas aus schwachen zu mächtigen Kräften und siegten im Nordfeldzug, während die Militärmachthaber des Nordens, die eine Zeitlang hatten schalten und walten können, gestürzt wurden. 1927 wurden die von der Kommunistischen Partei geführten Volkskräfte unter den Schlägen der reaktionären Kräfte der Kuomintang zahlenmäßig sehr geschwächt; nachdem sie aber ihre Reihen vom Opportunismus gesäubert hatten, begannen sie wieder nach und nach zu wachsen und zu erstarken. In den von der Kommunistischen Partei geleiteten revolutionären Stützpunktgebieten wurden die Bauern aus Beherrschten zu Herrschenden, während die Grundherren eine umgekehrte Wandlung durchmachten. So geht es stets in der Welt vor sich: Das Neue ersetzt das Alte, das Neue löst das Alte ab, das Alte wird vom Neuen verdrängt oder das Neue wächst aus dem Alten heraus.
Im revolutionären Kampf gewinnen manchmal die ungünstigen Bedingungen die Oberhand über die günstigen Bedingungen; dann sind die Schwierigkeiten die Hauptseite des Widerspruchs, und die günstigen Bedingungen rücken auf den zweiten Platz. Dank ihren Anstrengungen gelingt es jedoch den Revolutionären, Schritt für Schritt der Schwierigkeiten Herr zu werden und eine neue, günstige Situation zu schaffen; an die Stelle der ungünstigen Situation tritt also eine günstige Situation. So war es in China nach der Niederlage der Revolution im Jahre 1927, so war es auch mit der Roten Armee Chinas während des Langen Marsches. Im gegenwärtigen Chinesisch-Japanischen Krieg befindet sich China abermals in einer schwierigen Lage; aber wir können das ändern, wir können eine radikale Änderung der Lage der chinesischen und der japanischen Seite herbeiführen. Umgekehrt kann sich eine günstige Lage in eine ungünstige verwandeln, wenn die Revolutionäre Fehler machen. So verwandelte sich der in der Revolution von 1924-1927 errungene Sieg in eine Niederlage. 1934 erfuhren alle in mehreren Provinzen Südchinas nach 1927 errichteten revolutionären Stützpunktgebiete Niederlagen.
Dasselbe gilt für den Widerspruch, der sich beim Studium in der Bewegung vom Nichtwissen zum Wissen kundtut. Wenn wir erst beginnen, den Marxismus zu studieren, dann besteht ein Widerspruch zwischen unserer Unkenntnis oder lediglich beschränkten Kenntnis des Marxismus und der Kenntnis des Marxismus. Durch eifriges Studium kann man aber erreichen, daß sich Nichtwissen in Wissen, geringe Kenntnisse in reiche Kenntnisse, Hilflosigkeit bei der Anwendung des Marxismus in Meisterung seiner Anwendung verwandeln.
Manche Leute denken, es gäbe Widersprüche, auf die das nicht zuträfe. Wenn zum Beispiel in dem Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen die hauptsächliche Seite die Produktivkräfte sind, in dem Widerspruch zwischen Theorie und Praxis – die Praxis, in dem Widerspruch zwischen der ökonomischen Basis und dem Überbau – die ökonomische Basis, so fände hier angeblich kein Platzwechsel zwischen den beiden Seiten des Widerspruchs statt. Diese Auffassung ist kennzeichnend für den mechanischen Materialismus und nicht für den dialektischen Materialismus. Selbstverständlich spielen die Produktivkräfte, die Praxis und die ökonomische Basis im allgemeinen die hauptsächliche, entscheidende Rolle, und wer das leugnet, ist kein Materialist. Man muß jedoch auch anerkennen, daß unter bestimmten Bedingungen die Produktionsverhältnisse, die Theorie und der Überbau an die Reihe kommen können, die entscheidende, die Hauptrolle zu spielen. Wenn sich ohne eine Änderung der Produktionsverhältnisse die Produktivkräfte nicht weiter entwickeln können, dann spielt die Änderung der Produktionsverhältnisse die hauptsächliche, entscheidende Rolle. Wenn Lenins Worte „Ohne revolutionäre Theorie kann es auch keine revolutionäre Bewegung geben“ [23] unmittelbare Aktualität erlangen, dann spielt die Schaffung und Verbreitung der revolutionären Theorie die hauptsächliche, die entscheidende Rolle. Wenn irgendeine Aufgabe zu lösen ist (gleichgültig welche), diesbezüglich aber noch kein politischer Kurs, keine Methode, kein Plan, keine Richtlinie vorhanden ist, dann wird die Ausarbeitung des entsprechenden politischen Kurses, der Methode, des Planes oder der Richtlinie zum Hauptsächlichen, Entscheidenden. Wenn der Überbau (Politik, Kultur usw.) die Entwicklung der ökonomischen Basis behindert, dann werden politische und kulturelle Umgestaltungen zum Hauptsächlichen, Entscheidenden. Verstoßen wir mit diesen Feststellungen gegen den Materialismus? Keineswegs, denn wir erkennen an, daß im Gesamtverlauf der historischen Entwicklung das Geistige vom Materiellen, das gesellschaftliche Bewußtsein vom gesellschaftlichen Sein bestimmt wird; doch gleichzeitig erkennen wir an und müssen wir anerkennen, daß das Geistige auf das Materielle, das gesellschaftliche Bewußtsein auf das gesellschaftliche Sein, der Überbau auf die ökonomische Basis zurückwirkt. Damit verstoßen wir nicht gegen den Materialismus, sondern wir lehnen den mechanischen Materialismus ab und verteidigen den dialektischen Materialismus.
Wenn man beim Studium der Besonderheit des Widerspruchs darauf verzichtet, diese beiden Verhältnisse – Hauptwiderspruch und Nebenwidersprüche in einem Prozeß bzw. hauptsächliche und sekundäre Seite eines Widerspruchs – zu untersuchen, das heißt, wenn man es unterläßt, den unterschiedlichen Charakter der beiden Widerspruchsverhältnisse zu studieren, dann verliert man sich in Abstraktionen und ist außerstande, konkret zu begreifen, was mit den Widersprüchen vor sich geht; folglich ist man auch nicht in der Lage, die richtige Methode zur Lösung der Widersprüche zu finden. Dieser unterschiedliche oder besondere Charakter der beiden Widerspruchsverhältnisse erklärt sich aus der Ungleichmäßigkeit der Widerspruchskräfte. Es gibt nichts in der Welt, das sich in absoluter Gleichmäßigkeit entwickeln würde, und wir müssen die Theorie der gleichmäßigen Entwicklung oder die Gleichgewichtstheorie bekämpfen. Zugleich tritt gerade in diesen konkreten Verhältnissen der Widersprüche sowie in den Veränderungen der hauptsächlichen und der sekundären Seite des Widerspruchs im Laufe des Entwicklungsprozesses die Kraft des Neuen zutage, das Alte abzulösen. Das Studium der verschiedenen Zustände der Ungleichmäßigkeit in der Entwicklung der Widersprüche, das Studium des Hauptwiderspruchs und der Nebenwidersprüche sowie der hauptsächlichen und der sekundären Seite im Widerspruch ist eine wichtige Methode, mit deren Hilfe eine revolutionäre Partei ihre politische und militärische Strategie und Taktik richtig festlegt; diesem Studium müssen alle Kommunisten ihre Aufmerksamkeit zuwenden.
Zuletzt aktualisiert am 16.10.2003