L. Sedov

Rotbuch über den Moskauer Prozess


Kopenhagen


Kopenhagen spielt im Prozess eine sehr grosse Rolle. Dort fanden angeblich die „Zusammenkünfte“ Trotzkis mit den Terroristen statt, von dort gingen angeblich Trotzkis „Instruktionen“ über den Terror aus. Die friedliche Hauptstadt Dänemarks verwandelten die Trotzkisten – schenkt man dem Prozessbericht Glauben – in eine Art ausländisches „terroristisches Zentrum“. Diese Frage erfordert folglich eine allseitige Prüfung.

Herbst 1932 lud die dänische sozialdemokratische Studentenorganisation Trotzki ein, in Kopenhagen einen Vortrag über die russische Revolution zu halten. Die dänische Regierung, die sich offenbar dem Verlangen der Studenten nicht widersetzen mochte, erteilte Trotzki ein Aufenthaltsvisum für 8 Tage. Am 14. November 1932 reiste L.D. Trotzki aus Stambul ab und erreichte Dänemark über Frankreich am Abend des 23. November 1932. In Kopenhagen verblieb Trotzki acht Tage, und verließ es am Abend des 2. Dezember, um über Frankreich wieder nach Stambul zurückzukehren.

Der Anklageakt und das Urteil behaupten, Trotzki habe sich rund fünf Jahre lang (1931–1936) terroristisch betätigt. Während dieser fünf Jahre hielt sich Trotzki in Kopenhagen nur ganze acht Tage auf. Aber ein ganz eigenartiges Zusammentreffen will es, dass alle „Terroristen“, die mit Trotzki gesprochen haben wollen (Golzman, Berman-Jurin, Fritz David) – völlig unabhängig voneinander! – als Ort ihrer Zusammenkunft mit Trotzki ausgerechnet Kopenhagen und diese eine Woche vom 23. November bis zum 2. Dezember 1932 wählten. Irgendwelche anderen Zusammenkünfte oder Begegnungen in anderen Städten werden im Prozessbericht weder erwähnt noch angedeutet.

Schon allein dieser Umstand – eine einzige aktive „terroristische“ Woche in fünf Jahren! – muss Befremden hervorrufen. Versuchen wir, das zu erklären. Kopenhagen haben die GPU-Untersuchungsrichter einfach aus Bequemlichkeit gewählt: Es liegt nahe bei Berlin, Reisen dorthin sind leicht zu bewerkstelligen, und, was die Hauptsache ist, die genauen Daten und Umstände von Trotzkis Aufenthalt in Kopenhagen hatten in allen Zeitungen gestanden. Das gab den GPU-Untersuchungsrichtern das notwendige „Material“. Zusammenkünfte in Stambul oder in den französischen Provinznestern, wo L.D. Trotzki in jenen Jahren lebte, wäre für die GPU ein zu gefährliches Experiment gewesen. Der Mangel an „Material“ erhöhte das Risiko des Misslingens.

Nachdem die Wahl auf Kopenhagen gefallen war, „kommandierte“ die GPU dorthin nicht nur die „Terroristen“ Golzman, Berman-Jurin und Fritz David, sondern auch Sedow. Golzman erzählt folgendes über seine Reise nach Kopenhagen:

„Sedow sagte zu mir ..., es wäre gut, wenn Sie mit mir nach Kopenhagen kämen (zu Trotzki) ... Ich erklärte mich einverstanden, sagte ihm aber, dass wir aus Gründen der Konspiration nicht zusammen fahren dürfen. Ich vereinbarte mit Sedow, dass ich in zwei oder drei Tagen in Kopenhagen eintreffen und im Hotel ‚Bristol‘ absteigen werde, und dass wir uns dort treffen werden. Direkt vom Bahnhof begab ich mich ins Hotel und traf dort Sedow im Foyer“. [1]

Diese Schilderung ist sehr bestechend durch ihre in diesem Prozess so seltenen Tatsachenangaben. Im Besonderen wird sogar das Hotel Bristol genannt, in dessen Foyer Golzmans Begegnung mit Sedow stattgefunden haben soll. Schade nur, dass es in Kopenhagen gar kein Hotel „Bristol“ gibt. Ein solches Hotel hat wohl einmal existiert, ist aber 1917 geschlossen und das Gebäude selbst abgerissen worden. [2]

Die Fälscherarbeit ist auch nach dem Prozess im vollen Gange. In der englischen Ausgabe des Prozessberichts, die (unter der Redaktion von Pritt!) etwas später als die anderen erschien, wird das Hotel Bristol bereits nicht mehr erwähnt!

Vielleicht ist Golzman oder einer der Untersuchungsbeamten in den Jahren vor der Revolution in Kopenhagen gewesen und dort im Hotel Bristol abgestiegen. Vielleicht haben die Untersuchungsrichter angenommen, es könne in Europa keine Großstadt ohne Hotel Bristol geben. Mag sein ... Doch die Nichtsnutze und Faulenzer von Untersuchungsrichtern hätten besser getan, sich die Mühe zu geben, zuerst die nötigen Nachprüfungen vorzunehmen. Das ist doch geradezu „Schädlingsarbeit“! Und was bleibt danach von all den mit ihren Details so bestechenden Aussagen Golzmans, dem Hauptzeugen der Anklage, noch übrig? Wirft denn nicht diese Tatsache allein schon ein grelles Licht auf den ganzen Prozess?
 

Sedows Reise nach Kopenhagen

Das ist aber noch nicht alles. Golzman lässt man, wie wir sahen, aussagen, dass nicht nur er nach Kopenhagen gefahren sei, sondern, auf Vereinbarung mit ihm, auch Sedow. Bei der Schilderung der Umstände seines Gesprächs mit Trotzki teilt Golzman neue interessante Einzelheiten mit: „Sehr häufig kam und ging Sedow, der Sohn Trotzkis“. [3] Wieder Schädlingsarbeit! Sedow ist nie in seinem Leben in Kopenhagen gewesen. Das klingt beinahe unwahrscheinlich, ist aber nichtsdestoweniger Tatsache. Um von Berlin, wo Sedow damals ständig wohnte, nach Kopenhagen reisen zu können, musste er sich im Berliner Polizeipräsidium ein deutsches Hin- und Rückreisevisum (einen sogenannten Sichtvermerk) beschaffen, was für einen Staatenlosen gewöhnlich mit grossen Schwierigkeiten verknüpft ist.

Als bekannt wurde, dass L.D. Trotzki nach Kopenhagen reisen werde, begann Sedow sofort – durch seinen Rechtsanwalt, den heute verstorbenen Dr. Oscar Cohn – Schritte zu unternehmen, um die Erlaubnis zur Ausreise aus und zur Wiedereinreise nach Deutschland zu erwirken, in der Hoffnung, daraufhin ohne weiteres das dänische Einreisevisum zu bekommen. Da ursprünglich angenommen wurde, dass man Trotzki zwecks ärztlicher Behandlung das dänische Visum noch um einige Wochen verlängern würde, so hat die Verzögerung im Berliner Polizeipräsidium zunächst weder Sedow noch seine Eltern sonderlich beunruhigt. Ziemlich unerwartet aber forderte die dänische Regierung nach Ablauf der acht Tage Trotzki in höchst schroffer Form auf, den dänischen Boden zu verlassen. Sedow war es bereits nicht mehr möglich, seine Eltern in Kopenhagen zu treffen. Es wurde ein letzter Versuch gemacht, um, sei es auch nur in der kurzen Zeit, wo Trotzki sich auf dem Wege von Kopenhagen nach Stambul in Frankreich aufhalten sollte (Dünkirchen über Paris nach Marseille), sich wiederzusehen. Nathalia Iwanowna Trotzkaja sandte ein entsprechendes Telegramm an Edouard Herriot, den damaligen französischen Ministerpräsidenten, mit der Bitte, ihrem Sohn Sedow die Einreise nach Frankreich wenigstens für einige Tage zu gestatten, um ihn nach mehrjähriger Trennung wiederzusehen. Dies Telegramm befindet sich in den Archiven des französischen Aussenministeriums, aus dem uns eine Abschrift zur Verfügung gestellt wurde. Hier der Wortlaut:

Télégramme

Monsieur E. Herriot
Président Conseil Paris

Cöpenhavn PK 120 38 W 1 23 50 Northern

Traversant France et désirant rencontrer mon fils Léon Sédoff étudiant Berlin j’espére votre intervention bienveillante pour gull soit autorisé me rencontrer á passage sentiments distingués

Nathalie Sédoff Trotsky“ [4]

Daraufhin erteilte der Minister dem französischen Konsul in Berlin folgende Anweisung:

Télégramme

Paris, le 3 décembre 1932

Le Ministre des Affäres Etrangéres Au Consul de France
Berlin

Mme Trotsky, qui revient du Danemark, serait heureuse de pouvoir rencontrer, à son passage sur le territoire français, son fils Léon Sédoff, qui est actuellement étudiant á Berlin.

Je vous autorise à viser le titre de voyage de M. Léon Sédoff pour cinq jours en France, ce dernier devant, d’autre part, s’assurer la possibilité de rentrer en Allemagne à l’expiration de ce délai.

Diplomatie“. [5]

Sedow seinerseits hatte endlich durch Vermittlung Oscar Cohns vom Berliner Polizeipräsidium die Erlaubnis zur Rückreise nach Deutschland bekommen, ohne die er das französische Visum nicht erhalten hätte. Am 3. Dezember [6] 1932 bekam Sedow die erbetene Erlaubnis der deutschen Polizei, und am gleichen Tage erhielt das französische Konsulat in Berlin telegraphische Anweisung, Sedow das französische Einreisevisum für fünf Tage zu gewähren. Am 4. Dezember morgens reiste Sedow nach Paris und am 6. Dezember, 10 Uhr morgens, traf er auf dem Pariser Nordbahnhof im Zug Trotzki, der, ohne sich in Paris aufzuhalten, von Dünkirchen nach Marseille fuhr.

Alles oben Gesagte kann auf Grund folgender Dokumente nachgeprüft werden:

  1. Sedows Pass mit den entsprechenden Visen, den Stempeln beim Passieren der französisch-deutschen Grenze hin und zurück;
     
  2. Trotzkajas Telegramm an Herriot mit der Bitte, ihrem Sohn, den wiederzusehen ihr in Kopenhagen nicht gelungen war, ein Visum zu gewähren;
     
  3. eine Auskunft bei den dänischen Behörden, dass Sedow nie um ein dänisches Visum angesucht und ein solches nie erhalten hat.

Aber, kann man sagen, vielleicht ist Sedow „illegal“ nach Dänemark gereist? Geben wir die Möglichkeit zu. Doch wozu hätte dann, fragt man sich, Sedow – nachdem er seine Eltern bereits in Kopenhagen, wohin er illegal gereist wäre, hatte wiedersehen können, – einige Tage später zu einem neuen Zusammentreffen mit ihnen nach Frankreich fahren sollen, bei all den Schwierigkeiten und Scherereien (Telegramm an Herriot usw.), die mit dieser Reise verknüpft waren?

Doch verfügen wir auch über unwiderlegliche Beweise dafür, dass Sedow während Trotzkis Aufenthalt in Kopenhagen Berlin nicht einen Moment lang verließ.

  1. In diesen acht Tagen haben Trotzki oder seine Frau fast täglich, zuweilen zweimal an einem Tage Sedow aus Kopenhagen telephonisch angerufen, und zwar in seiner Berliner Wohnung. Das kann – und wird – auf der Kopenhagener Telephonzentrale festgestellt werden.
     
  2. Angesichts dessen, dass Trotzkis Reise aus Stambul nach Kopenhagen von einer wütenden Hetze der Weltreaktion begleitet war, eilten eine Reihe von Freunden und Gesinnungsgenossen Trotzkis nach Kopenhagen. Es waren ihrer mehr als zwanzig Personen. Sie alle werden unter Eid aussagen, dass L. Sedow nicht in Kopenhagen war. Wir erlauben uns, eine solche Aussage anzuführen. Ihr Autor ist der von uns bereits zitierte E. Bauer, heute Mitglied der SAP-Leitung, früher Mitglied der deutschen Linken Opposition. Im September 1934 hat E. Bauer infolge großer politischer Meinungsverschiedenheiten mit der Organisation der Bolschewiki-Leninisten gebrochen, und dieser Bruch war von einer überaus heftigen Polemik begleitet. Seitdem stand E. Bauer weder politisch noch persönlich in Verbindung mit Mitgliedern der trotzkistischen Organisation. „Es kann also“, wie er selber in seiner Erklärung schreibt, „von ihm keine Voreingenommenheit (für die Trotzkisten) im positiven Sinne angenommen werden“. Er schreibt weiter:

„Die ersten Tage der Anwesenheit Trotzkis in Kopenhagen habe ich Sedow täglich in Berlin mündlich oder telephonisch gesprochen, da ich mit ihm über meine eigene Reise (nach Kopenhagen) verhandelte. Ich bin dann am 1. Dezember 1932 abends ... nach Kopenhagen abgefahren. Sedow war ... am Zug. Beide blieben zurück. Am 2. Dezember morgens sind wir (Bauer und noch jemand) in Kopenhagen angekommen. Bereits zwei Stunden später, zwischen 10 und 11 Uhr vormittags, habe ich im Auto Kopenhagen zusammen mit L.D. Trotzki und seiner Frau verlassen, ohne dass Sedow noch eingetroffen wäre, was ja auch technisch unmöglich war“.

In unserem Besitz befinden sich noch rund zehn ähnliche Aussagen und bald werden es noch mehr sein. All dies Material werden wir sofort der autoritativen Kommission oder dem Gericht zur Verfügung stellen, die sich mit der Untersuchung des Falls befassen werden.

So steht es mit den Aussagen des Hauptzeugen Golzman, der immerhin ein alter Bolschewik war. Lohnt es sich danach, auf die Aussagen der dahergelaufenen stalinistischen Agenten Berman-Jurin und Fritz David einzugehen? Weder Trotzki noch Sedow – wiederholen wir das noch einmal – haben diese Leute je von Angesicht gesehen, weder in Kopenhagen noch woanders; von ihrer Existenz haben sie zum erstenmal ans den Meldungen über den Moskauer Prozess erfahren.

* * *

Wir haben bereits weiter oben darauf hingewiesen, dass während Trotzkis Aufenthalt in Kopenhagen sich dort mehrere dutzend Freunde und Genossen befanden. In der Befürchtung eventueller Zwischenfälle organisierten diese Genossen eine sehr strenge Wache um Trotzki. Zu L.D. Trotzkis Arbeitszimmer konnte man nur durch ein anderes Zimmer vordringen, wo sich ununterbrochen 4–5 Genossen befanden. Zugang zu der kleinen Villa, wo Trotzki in Kopenhagen wohnte, hatten nur einige engere Freunde. Weder Berman-Jurin, noch Fritz David oder sonst jemand hätten ohne Wissen der im Vorzimmer wachthabenden Genossen zu Trotzki gelangen können. [7]

* * *

Durch eine vorherige, aber ganz genaue, von in Kopenhagen anwesend gewesenen Genossen durchgeführte Untersuchung konnte festgestellt werden, dass bei Trotzki in Kopenhagen nur ein russisch sprechender Mensch gewesen war. Dies ist ein gewisser Abraham Senin (Sobolewitsch), damals litauischer Staatsbürger und Mitglied der Berliner Organisation der Opposition. Er besuchte Trotzki am letzten Tage seines Aufenthalts in Kopenhagen (gleichzeitig mit E. Bauer) und sprach mit Trotzki nicht länger als eine Stunde, in größter Eile vor der überstürzten Abreise. Senins Reise nach Kopenhagen erfolgte auf Veranlassung mehrerer Berliner Freunde L. Trotzkis, die einen letzten Versuch machen wollten, Senin vor der Kapitulation vor den Stalinisten zu retten, zu denen dieser immer mehr neigte. Der Versuch war nicht von Erfolg gekrönt, einige Wochen später ging Senin mit 3, 4 Freunden zu den Stalinisten über, was damals in der stalinistischen und oppositionellen Presse bekannt gemacht wurde. Schon aus dem Charakter der Begegnung L. Trotzkis mit dem Halbkapitulanten Senin geht ganz deutlich hervor, dass Trotzki zu Senin kein Vertrauen haben und ihn überhaupt nicht mehr als Gesinnungsgenossen betrachten konnte.

Abschließend müssen wir noch bei einer Aussage Olbergs verweilen, die sich auf Kopenhagen bezieht. „Ich“, sagt Olberg, „beabsichtigte zusammen mit Sedow zu Trotzki nach Kopenhagen zu fahren. Unsere Reise kam jedoch nicht zustande, nach Kopenhagen begab sich Suzanne, die Frau Sedows, und brachte bei ihrer Rückkehr einen Brief [8] von Trotzki mit, der an Sedow adressiert war. In diesem Brief erklärte Trotzki sich mit meiner Reise in die Sowjetunion einverstanden“, usw. [9]

Es gilt vor allem folgendes zu bemerken: mit seiner Erklärung, seine Reise mit Sedow nach Kopenhagen, sei nicht zustandegekommen, steht Olberg in Widerspruch zu Golzman. Denn wenn man annimmt, Sedow sei ohne Olberg in Kopenhagen gewesen, wozu hätte dann Trotzki Sedows Frau für ihn einen Brief mitgeben sollen, wie Olberg behauptet?

Weiter. Niemand ist selbstverständlich gezwungen, den Namen von Sedows Frau zu kennen, doch Olberg, der engste Intimität, mit Sedow vorspiegelt [10], hätte wissen müssen, dass Sedows Frau nicht Suzanne heisst. Ferner behauptet Olberg, wie wir sahen, dass diese Suzanne „bei ihrer Rückkehr (von Kopenhagen nach Berlin) einen Brief von Trotzki mitbrachte“. [11] Sedows Frau ist tatsächlich in Kopenhagen gewesen [12], doch von dort fuhr sie nicht nach Berlin zurück, sondern unmittelbar nach Paris, wo sie ziemlich lange verblieb. Diese Tatsache kann ganz genau auf Grund des Passes der Frau Sedows festgestellt werden. Es ist ganz klar, dass Trotzki der nach Paris fahrenden Frau Sedows nicht einen Brief für den in Berlin befindlichen Sedow mitgeben konnte. Aber, so kann man von neuem einwenden, vielleicht ist Sedows Frau doch „illegal“ in Berlin gewesen. „Illegale Reisen“ sind nicht Romantik, sondern eine traurige Notwendigkeit für den, der keine Papiere hat. Doch wozu soll jemand, der einen gültigen legalen Pass zur freien Einreise in alle Länder besitzt, von denen die meisten sogar nicht einmal ein Visum verlangen, illegal reisen? Das kann doch niemand ernst nehmen!

So steht es mit Kopenhagen, dem „ausländischen terroristischen Zentrum“, der einzigen europäischen Stadt, welche im Prozess erwähnt wurde. Ausser der Gemeinheit, welch armselige Erfindung, welch klägliches, hoffnungsloses Fiasko!


Anmerkungen

1. Prozessbericht, S.100. Man kann nicht umhin, folgendes zu bemerken. Golzman war Sowjetbürger, und als solchem wäre für ihn die Erlangung eines Visums in ein beliebiges Land, darunter auch Dänemark, mit fast unüberwindlichen Schwierigkeiten verknüpft gewesen, wenn dieser Antrag nicht von der Sowjetgesandschaft unterstützt war. Von einer Unterstützung durch die Gesandschaft konnte in diesem Fall selbstverständlich nicht die Rede sein. Golzman konnte somit nur illegal nach Kopenhagen gereist sein. Eigentümlicherweise interessierte sich das Gericht für diesen Umstand nicht und klärte auch nicht auf, vermittels was für Papieren Golzman nach Dänemark reiste, wo er sich diese Papiere verschafft hatte usw.

2. Siehe darüber näheres in der Kopenhagener Socialdemokraten vom 1. September 1936; desgleichen im Baedeker.

3. Prozessbericht, S.101.

4. Telegramm

Herrn E. Herriot
Ministerpräsident Paris

København PK 120 38 W 1 23 50 Northern

Durchreisend Frankreich und wünschend meinen Sohn Leo Sedow Student Berlin begegnen erhoffe ich Ihre wohlwollende Intervention damit er autorisiert werde mich bei Durchreise treffen hochachtungsvoll

Nathalia Sedow Trotzki.

5. Telegramm

Paris, den 3 Dezember 1932

Der Außenminister an den französischen Konsul
Berlin.

Frau Trotzki, die von Dänemark zurückkehrt, wäre glücklich, bei ihrer Reise durch das französische Gebiet ihren Sohn Leo Sedow treffen zu können, der gegenwärtig Student in Berlin ist.

Ich ermächtige Sie daher, den Reisepass des Herrn Leo Sedow für fünf Tage nach Frankreich zu visieren. Letzterer muss sich andererseits der Möglichkeit versichern, nach Ablauf dieser Frist nach Deutschland zurückzukehren.

Diplomatie.

6. Trotzki aber verließ Kopenhagen wie gesagt am 2. Dezember.

7. Wir benutzen diese Gelegenheit, um eine Ungenauigkeit zu berichtigen, die sich in die russische Ausgabe dieser Arbeit eingeschlichen hat. Dort hieß es, Journalisten usw. hätten L. Trotzki in diesem Hause besucht. Das ist unrichtig. Der Fehler würde sogleich von verschiedenen Genossen, die in Kopenhagen gewesen waren, bemerkt und richtiggestellt. In Wirklichkeit hat kein Journalist und überhaupt kein Aussenstehender ins Haus eindringen können.

8. Der Inhalt dieses „Briefes“ Trotzkis über Olberg, der dem Leser schon zur Genüge bekannt ist, ist sehr erheiternd. Gewiss um sich aufzuspielen, sagt Olberg. Trotzki sei in seinem Briefe mit Olbergs Kandidatur für eine Reise in die USSR „vollkommen (!) einverstanden“. Trotzki hält Olberg für einen „absolut (!!) geeigneten (?) Menschen, auf den man sich ... vollauf (??) verlassen könne“. (Ebendort, S.24). Der ganze Brief ist von Anfang bis Ende eine einzige Dithyrambe auf Olberg!

9. Prozessbericht, S.87/88.

10. „Wir trafen uns (Olberg und Sedow) fast jede Woche, mitunter auch zweimal in der Woche. Unsere Zusammenkünfte fanden in einem Café ... statt oder ich war bei ihm in der Wohnung“. (Prozessbericht, S.87).

11. Ebendort, S.88.

12. Die GPU konnte darüber mit ihrer eigenen Mitteln Bescheid bekommen, im Besonderen durch den oben genannten Senin, der im weiteren Verlauf eine recht zweifelhafte Rolle gespielt hat.

Es ist durchaus möglich, dass dieser Senin einer der Kandidaten für die Berman-Jurins oder Olbergs eines neuen Prozesses ist. Zwar hat Senin mit der Opposition bereits 1932 gebrochen, noch dam in der besonders widerwärtigen Form verleumderischer Unterstellungen bezöglich der Linken Opposition in der Presse. Dann fuhr er in die USSR und erzählte der GPU alles, was er vom Leben der internationalen Linken wusste, und steht seitdem, d.h. seit vier Jahren, in den Reihen der Stalinisten. Aber haben dergleichen Umstände etwa verhindert, Lurie und Olberg oder sogar Fritz David und Berman-Jurin, die überhaupt niemals in der Opposition waren, in den Prozess zu verwickeln? Ein anderer möglicher Kandidat ist ein gewisser Mill-Oben-Okun. Er hatte dem administrativen Sekretariat der Linken Opposition angehört, dies aber wegen völliger Untauglichkeit verlassen müssen. Bald danach lief Mill zu den Stalinisten über, und fuhr in die USSR. Die Presse der Opposition veröffentlichte derzeit eine Notiz, wo das Verhalten dieses Menschen entlarvt wurde.




Zuletzt aktualisiert am 8.07.2009