Karl Kautsky

Karl Marx’
Oekonomische Lehren


I. Abschnitt
Waare, Geld, Kapital

Zweites Kapitel
Das Geld


1. Der Preis

Die erste Funktion des Geldes besteht darin, als Werthmaß zu dienen, der Waarenwelt das Material zu liefern, worin der Werth ausgedrückt wird.

Die Waaren werden nicht durch das Geld gleichartig und miteinander vergleichbar; sondern, weil sie als Werthe vergegenständlichte menschliche Arbeit, also an und für sich schon gleichartig sind, können sie als solche gemeinschaftlich in derselben bestimmten Waare gemessen werden, die sie dadurch in ihr gemeinsames Werthmaß oder in Geld verwandeln. Das Geld als Werthmaß ist die nochwendige Erscheinungsform des den Waaren innewohnenden Werthmaßes, der Arbeitszeit. [1]

Der Werthausdruck einer Waare in der Geldwaare ist ihre Geldform oder ihr Preis. z. B. 1 Rock = 10 Gramm Gold.

Der Preis der Waare ist etwas von ihren natürlichen Eigenschaften ganz Verschiedenes. Man kann ihn ihr nicht ansehen oder anfühlen. Der Waarenhüter muß ihn den Käufem mittheilen. Um aber den Werth einer Waare in der Goldwaare auszudrücken, d. h. um ihren Preis zu bestimmen, dazu ist wirkliches Geld nicht nothwendig. Der Schneider braucht kein Gold in der Tasche zu haben, um erklären zu können, daß der Preis des Rockes, den er feil bietet, 10 Gramm Gold beträgt. Als Werthmaß dient daher das Geld nur als gedachtes, als vorgestelltes Geld.

Aber trotzdem hängt der Preis nur von der wirklichen Geldwaare ab. Der Schneider kann – wir sehen hier natürlich von allen störenden Nebenumständen ab – den Preis seines Rockes nur dann auf 10 Gramm Gold beziffern, wenn in einer solchen Goldmenge ebensoviel gesellschaftlich nothwendige Arbeit verkörpert ist, wie im Rock. Drückt der Schneider den Werth seines Rockes nicht in Gold, sondern in Silber oder Kupfer aus, so wird auch der Preisausdruck ein anderer.

Wo zwei verschiedene Waaren als Werthmaße gelten, z. B. Gold und Silber, besitzen daher alle Waaren zwei verschiedene Preisausdrücke, Gold- und Silberpreise. Jeder Wechsel im Werthverhältniß von Gold zu Silber giebt zu Preisstörungen Anlaß. Die Verdopplung des Werthmaßes ist in der That ein Unding, ein Widerspruch gegen die Funktion des Geldes als Werthmaßstab. Wo immer man versuchte, gesetzlich zwei Waaren als Werthmaßstäbe festzusetzen, ist es denn auch thatsächlich immer nur eine gewesen, welche als Werthmaß fungirte.

Gold und Silber werden heute noch in mehreren Ländem nebeneinander gesetzlich als Werthmaßstäbe aufgestellt. Aber die Erfahrung hat diese Gesetzesbestimmungen stets ad absurdum geführt. Gold und Silber sind, wie jede Waare, beständigen Werthschwankungen ausgesetzt; wenn beide vom Gesetz als gleichberechtigt hingestellt werden, wenn man nach Belieben in dem einen oder dem anderen Metall zahlen kann, dann zahlt man in dem, dessen Werth sinkt, und verkauft das Metall, welches im Werth steigt, dort, wo es vortheilhaft verkauft werden kann, im Auslande. In Ländern, wo die Doppelwährung herrscht, der sogenannte Bimetallismus, funktionirt also thatsächlich stets nur die eine Art der Geldwaare als Werthmaßstab, und zwar diejenige, die im Werthe sinkt; die andere, die im Werthe steigt, mißt, wie jede andere Waare, ihren Preis in dem überschätzten Metall, funktionirt als Waare, nicht als Werthmaßstab. Je größer die Verschiebungen im Werthverhältuiß zwischen Gold und Silber, desto stärker tritt der Widersinn des Bimetallismus zu Tage. [2]

Marx setzt im Kapital der Einfachheit wegen Gold als einzige Geldwaare voraus. Gold wird auch thatsächlich immer mehr die Geldwaare in den Ländern der heutigen kapitalistischen Produktionsweise. [3]

Im Preisausdruck ist jede Waare als eine bestimmte Menge Goldes vorgestellt. Es ist natürlich nothwendig, die verschiedenen Mengen Goldes, welche die verschiedenen Preise darstellen, auch untereinander zu messen, einen Maßstab der Preise herzustellen. Die Metalle besitzen einen solchen natürlichen Maßstab in ihren Gewichten. Die Gewichtsnamen der Metalle, Pfund, Livre (in Frankreich), Talent (im alten Griechenlaud), As (bei den Römern) &c. bilden daher die ursprünglichen Namen der Einheiten des Maßstabes der Preise.

Neben seiner Funktion als Maß der Werthe lernen wir hier eine zweite Funktion des Geldes kennen: die als Maßstab der Preise. Als Werthmaß verwandelt das Geld die Werthe der Waaren in bestimmte vorgestellte Mengen Gold. Als Maßstab der Preise mißt es die verschiedenen Goldmengen an einer bestimmten Goldmenge, die als Einheit angenommen wird, z. B. einem Pfund Gold.

Der Unterschied zwischen Maß der Werthe und Maßstab der Preise ist klar, wenn wir das Verhalten beider einem Werthwechsel gegenüber beobachten.

Nehmen wir an, die Maßeinheit des Maßstabes der Preise seien 10 Gramm Gold. Welches immer nun der Werth des Goldes, 20 Gramm Gold werden immer zweimal so viel werth sein, als 10 Gramm. Das Fallen oder Steigen des Goldwerthes hat also keine Wirkung auf den Maßstab der Preise.

Nehmen wir aber Gold als Maß der Werthe. Ein Rock sei gleich 10 Gramm Gold. Aber der Werth des Goldes wechsle; es wird eines Tages in derselben gesellschaftlich nothwendigen Arbeitszeit doppelt so viel Gold erzeugt, als bisher. In der Produktivität der Schneiderarbeit ist aber keine Veränderung vorgegangen. Was geschieht? Der Preis des Rockes beträgt jetzt 20 Gramm Gold. Der Werthwechsel des Goldes äußert sich also fühlbar in seinem Funktioniren als Maß der Werthe.

Der Maßstab der Preise kann willkürlich bestimmt werden, ebenso wie z. B. die Längenmaße. Anderseits bedarf dieser Maßstab allgemeiner Giltigkeit. Anfangs konventionell, durch die herkömmlichen Gewichtsabtheilungen gegeben, wird er schließlich gesetzlich regulirt. Die verschiedenen Gewichtstheile der edlen Metalle erhalten offizielle Taufnamen, die von ihrem Gewicht verschieden sind. Wir sagen nicht 1/70 Pfund Goldes, sondern ein Zwanzigmarkstück. Die Preise werden jetzt nicht ausgedrückt in Goldgewichten, sondern in den gesetzlich giltigen Rechennamen des Goldmaßstabes.

Der Preis ist der Geldname der Werthgröße der Waare. Aber er ist gleichzeitig der Ausdruck des Austauschverhältnisses der Waare mit der Geldwaare, mit Gold. Der Werth einer Waare kann nie isolirt, für sich allein, zur Erscheinung kommen, sondern stets nur im Austauschverhältniß mit einer anderen Waare. Dies Verhältniß kann aber noch durch andere Umstände beeinflußt werden, als durch die Werthgröße allein. Damit ist die Möglichkeit einer Abweichung des Preises von der Werthgröße gegeben.

Wenn der Schneider sagt, daß der Preis seines Rockes 10 Gramm Gold beträgt, oder in Rechennamen 30 Mark, so sagt er damit, daß er seinen Rock jederzeit gegen 10 Gramm Gold hergiebt. Aber er wäre sehr vorschnell, wenn er behaupten wollte, daß Jedermann sofort bereit sei, ihm 10 Gramm Gold für seinen Rock zu geben. Wohl ist die Verwandlung des Rockes in Gold unumgänglich nothwendig, wenn er seinen Zweck als Waare erfüllen soll. Die Waare verlangt nach Geld; die Preise sind feurige Liebesblicke, die sie dem glitzernden Galan zuwirft. Aber auf dem Waarenmarkt geht es nicht so zu, wie in den Romanen. Sie kriegen sich nicht immer. Manche Waare wird vom werbenden Gold sitzen gelassen und muß als Ladenhüter ein freudloses Dasein führen.

Sehen wir uns die Abenteuer der Waare in ihrem Verkehr mit dem Golde etwas näher an.
 

2. Verkauf und Kauf

Begleiten wir unseren alten Bekannten, den Schneider, auf den Markt. Er tauscht den Rock, den er verfertigt, gegen dreißig Mark aus. Für diese Summe kauft er ein Fäßchen Wein. Wir haben da zwei einander entgegengesetzte Verwandlungen: zuerst die Verwandlung von Waare in Geld; dann Rückverwandlung von Geld in Waare. Aber die Waare am Ende des ganzen Vorganges ist eine andere, als die am Anfang desselben. Die erstere war Nichtgebrauchswerth für ihren Besitzer, die letztere ist Gebrauchswerth für ihn. Die Nützlichkeit der ersteren für ihn bestand in ihrer Eigenschaft als Werth, als Produkt allgemein menschlicher Arbeit; in ihrer Austauschbarkeit mit einem anderen Produkt allgemein menschlicher Arbeit, mit Gold. Die Nützlichkeit der anderen Waare, des Weines, für ihn besteht in ihren körperlichen Eigenschaften, nicht als Produkt allgemein menschlicher Arbeit, sondern bestimmter Formen von Arbeit, der Winzerarbeit u. s. w.

Die Formel des einfachen Waarenkreislaufs lautet: Waare—Geld—Waare; das heißt, verkaufen, um zu kaufen.

Von den beiden Verwandlungen Waare—Geld und Geld—Waare ist die erste, wie bekannt, die schwierigste. Das Kaufen, wenn man Geld hat, bereitet geringen Kummer. Ungleich größeren das Verkaufen, um Geld zu erhalten. Und Geld ist unter der Herrschaft der Waarenproduktion für jeden Waarenbesitzer nothwendig; je mehr die gesellschaftliche Arbeitstheilung sich entwickelt, desto einseitiger seine Arbeit, desto vielseitiger seine Bedürfnisse.

Soll der „Saltomortale der Waare,“ ihre Verwandlung in Geld gelingen, dann ist vor Allem nothwendig, daß sie ein Gebrauchswerth ist, daß sie ein Bedürfniß befriedigt. Ist dies der Fall, gelingt ihr die Verwandlung in Geld, dann fragt es sich erst, in wie viel Geld?

Diese Frage berührt uns indeß hier nicht näher. Ihre Beantwortung gchört in die Untersuchung der Gesetze der Preise. Was uns hier interessirt, ist der Formwechsel: Waare—Geld, unbekümmert darum, ob jene dabei an Werthgröße einbüßt oder gewinnt.

Der Schneider wird seinen Rock los und bekommt sein Geld dafür. Nehmen wir an, er verkauft ihn an einen Landmann. Was von Seite des Schneiders Verkauf, ist von Seite des Landmannes Kauf. Jeder Verkauf ist ein Kauf und umgekehrt. Woher stammt aber das Geld des Landmannes? Er hat es für Korn eingetauscht. Verfolgen wir den Weg, den die Geldwaare, das Gold, von ihrer Produktionsquelle, dem Bergwerk an, von einem Waarenbesitzer zum anderen zurückgelegt hat, so finden wir, daß jeder ihrer Besitzwechsel stets das Ergebniß eines Verkaufes gewesen ist.

Die Verwandlung Rock—Geld bildet, wie wir gesehen haben, das Glied nicht einer, sondern zweier Verwandlungsreihen. Die eine lautet: Rock—Geld—Wein. Die andere Korn—Geld—Rock. Der Beginn der Verwandlungsreihe einer Waare ist zugleich der Abschluß der Verwandlungsreihe einer anderen Waare. Ebenso umgekchtt.

Nehnten wir an, der Winzer kaufe für die 30 Mark, die er für seinen Wein erhalten, einen Kessel und Kohlen. Dann ist die Verwandlung Geld—Wein das letzte Glied der Reihe Rock—Geld—Wein, und das erste zweier anderer Reihen, Wein—Geld—Kohlen und Wein—Geld—Kessel.

Jede dieser Verwandlungsreihen bildet einen Kreislauf, Waare—Geld—Waare. Sie beginnt und endet mit der Waarenform. Aber jeder Kreislauf einer Waare verschlingt sich mit den Kreisläufen anderer Waaren. Die Gesammtbewegung dieser unzähligen sich ineinander verschlingenden Kreisläufe bildet die Waarenzirkulation.

Die Waarenzirkulation ist vom unmittelbaren Produktenaustausch oder einfachen Tauschhandel wesentlich verschieden. Der letztere wurde hervorgerufen durch das Anwachsen der Produktivkräfte über die Schranken des urwüchsigen Kommunismus hinaus. Durch den Produktenaustausch wurde das System gesellschaftlicher Arbeit über das Gebiet eines Gemeinwesens hinaus erweitert; er bewirkte, daß verschiedene Gemeinwesen und die Mitglieder verschiedener Gemeinwesen für einander arbeiteten. Aber der einfache Produktenaustausch bildete seinerseits wieder eine Schranke, als die Produktivkräfte sich immer mehr entwickelten, und diese wurde überwunden durch die Waarenzirkulation.

Der einfache Produktenaustausch erheischt, daß ich dem Abnehmer meiner Produkte gleichzeitig seine Produkte abnehme. Diese Schranke ist beseitigt in der Waarenzirkulation. Wohl ist jeder Verkauf gleichzeitig ein Kauf; der Rock kann nicht vom Schneider verkauft werden, ohne daß ihn ein Anderer, z. B. der Landmann, kauft. Aber es ist durchaus nicht nöthig, erstens, daß der Schneider gleich wieder kauft. Er kann das Geld in den Kasten legen und warten, bis es ihm gefällt, etwas zu kaufen. Er ist zweitens durchaus nicht gezwungen, jetzt oder später etwas von dem Landmanne zu kaufen, der von ihm den Rock kaufte, oder auf dem gleichen Markte zu kaufen, wo er verkauft. Die zeitlichen, örtlichen und individuellen Schranken des Produktenaustausches fallen also mit der Waarenzirkulation weg.

Aber noch ein anderer Unterschied zwischen Tauschhandel und Waarenzirkulation findet statt. Der einfache Produktenaustausch besteht in der Veräußerung überschüssiger Produkte und läßt die Produktionsformen des urwüchsigen Kommunismus zunächst unverändert, Produktionsformen, die unter direkter Kontrole der Betheiligten stehen.

Die Entwicklung der Waarenzirkulation macht hingegen die Produktionsverhältnisse immer verwickelter, unübersichtlicher, unkontrolirbarer. Die einzelnen Produzenten werden von einander immer unabhängiger, aber desto abhängiger werden sie von gesellschaftlichen Zusammenhängen, die sie nicht mehr kontroliren können, wie dies beim urwüchsigen Kommunismus der Fall war. Die gesellschaftlichen Mächte bekommen damit die Gewalt blindwirkender Naturkräfte, die, wenn in ihrem Walten gehindert, in ihrem Gleichgewicht gestört, sich in Katastrophen geltend machen, gleich Stürmen und Erdbeben.

Und schon entwickeln sich mit der Waarenzirkulation auch die Keime zu solchen Katastrophen. Die Möglichkeit, welche sie bietet, verkaufen zu können, ohne unmittelbar darauf kaufen zu müssen, schließt schon die Möglichkeit von Absatzstockungen, von Krisen in sich ein. Aber die Produktivkräfte müssen sich über den Rahmen der einfachen Waarenzirkulation hinaus entwickeln, ehe die Möglichkeit zur Wirklichkeit wird.
 

3. Der Umlauf des Geldes

Erinnern wir uns der Waarenkreisläufe, die wir im letzten Paragraphen verfolgt: Korn—Geld—Rock—Geld—Wein—Geld—Kohlen &c. Der Fortgang dieser Kreisläufe theilt auch dem Geld eine Bewegung mit; aber diese ist kein Kreislauf. Das Geld, das vom Landmann ausgegangen, entfernt sich immer weiter von ihm. „Die dem Geld durch die Waarenzirkulation unmittelbar mitgetheilte Bewegungsform ist daher seine beständige Entfernung vom Ausgangspunkt, sein Lauf aus der Hand eines Waarenbesitzers in die eines anderen oder sein Umlauf.“

Der Umlauf des Geldes ist die Folge des Kreislaufs der Waaren, nicht, wie man oft annimmt, dessen Ursache. Die Waare als Gebrauchswerth fällt bald – auf der Stufe der einfachen Waarenzirkulation, auf der wir jetzt in unserer Untersuchung stehen, wo von gewerbsmäßigem Handel und Wiederverkauf noch nicht die Rede, schon beim ersten Schritt ihres Laufes – aus der Zirkulation heraus, um in die Konsumtion einzugehen, und neuer Gebrauchswerth, aber gleicher Waarenwerth, tritt im Kreislauf an ihre Stelle. Im Kreislauf Korn—Geld—Rock verschwindet das Korn schon nach dem ersten Formwechsel Korn—Geld aus der Zirkulation, und gleicher Werth, aber verschiedener Gebrauchswerth kehrt zum Verkäufer des Korns zurück: Geld—Rock. Das Geld als Zirkulationsmittel fällt nicht aus der Zirkulation heraus, sondern treibt sich beständig in ihrem Bereich herum.

Es fragt sich nun, wie viel Geld die Waarenzirkulation erfordert.

Wir wissen bereits, daß jede Waare einer gewissen Geldmenge gleich gesetzt, also ihr Preis bestimmt wird, ehe sie noch mit dem wirklichen Geld in Berührung kommt. Es ist mithin der zu erzielende Preis jeder einzelnen Waare und die Summe der Preise aller Waaren von vornherein bestimmt – den Werth des Goldes als gegeben vorausgesetzt. Die Preissumme der Waaren ist eine bestimmte vorgestellte Goldsumme. Sollen die Waaren zirkuliren, so muß die vorgestellte Goldsumme in eine wirkliche verwandelt werden können; die Masse des zirkulirenden Goldes wird also bestimmt durch die Preissumme der zirkulirenden Waaren. (Man muß im Auge behalten, daß wir uns hier noch auf dem Gebiet der einfachen Waarenzirkulation bewegen, wo Kreditgeld, Ausgleichung der Zahlungen &c. noch unbekannt sind.) Diese Preissumme schwankt, bei gleichbleibenden Preisen, mit der Masse der zirkulirenden Waaren; bei gleichbleibender Waarenmasse mit deren Preisen, einerlei, ob dies Schwanken durch ein Schwanken der Marktpreise hervorgerufen worden, oder durch einen Werthwechsel des Goldes oder der Waaren; einerlei, ob diese Preisschwankung alle oder nur einige Waaren betrifft.

Aber die Waarenverkäufe sind nicht immer zusammenhanglos, noch gehen sie alle gleichzeitig vor sich.

Nehmen wir wieder unser früheres Beispiel. Wir haben die Reihe der Formverwandlungen: 5 Hektoliter Korn—30 Mark—1 Rock—30 Mark—40 Liter Wein—30 Mark—20 Zentner Kohlen—30 Mark. Die Preissumme dieser Waaren beträgt 120 Mark; zur Vollziehung der vier Verkäufe genügen aber 30 Mark, die viermal ihre Stelle wechseln, also vier Umläufe nacheinander vollziehen. Nehmen wir an, daß die genannten Verkäufe alle innerhalb eines Tages stattgefunden, so haben wir als Masse des als Zirkulationsmittel in einem gewissen Zirkulationsbereich während eines Tages fungirenden Geldes 120/4 = 30 Mark, oder im Allgemeinen ausgedrückt:

                    Preissumme der Waaren                    
Umlaufsanzahl gleichnamiger Geldstucke

= Masse des als Zirkulationsmittel

während eines bestimmten Zeitabschnittes fungirenden Geldes.

Die Umlaufszeit der verschiedenen Geldstücke in einem Lande ist natürlich eine verschiedene; das eine bleibt Jahre lang im Kasten liegen das andere vollbringt in einem Tag vielleicht dreißig Umläufe. Aber ihre durchschnittliche Umlaufsgeschwindigkeit ist doch eine bestimmte Größe.

Die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes ist bedingt durch die Schnelligkeit des Kreislaufs der Waaren. Je rascher die Waaren aus der Zirkulation verschwinden, um konsumirt zu werden, und je rascher sie durch neue Waaren ersetzt werden, um so schneller auch der Umlauf des Geldes. Je langsamer der Kreislauf der Waaren, desto langsamer der Umlauf des Geldes, desto weniger Geld bekommt man zu sehen. Leute, deren Blick nur an der Oberfläche haftet, glauben dann, es sei zu wenig Geld da und der Mangel an Geld erzeuge die Zirkulationsstockung. Dieser Fall ist zwar auch möglich, kommt aber heutzutage für längere Perioden kaum vor.
 

4. Die Münze. Das Papiergeld

Für den Verkehr war es natürlich eine große Unbequemlichkeit, wenn bei jedem Verkauf und Kauf der Gehalt und das Gewicht jedes einzutauschenden Stückes Geldmetall geprüft werden mußte. Dem wurde abgeholfen, sobald eine allgemein anerkannte Autorität das richtige Gewicht und den richtigen Gehalt jedes Metallstückes garantirte. So wurden aus Metallbarren vom Staate hergestellte Metallmünzen.

Die Münzgestalt des Geldes entspringt aus seiner Funktion als Zirkulationsmittel. Hat aber das Geld einmal Münzgestalt angenommen, dann erhält diese bald im Bereich des Zirkulationsprozesses ein selbständiges, vom Münzgehalt unabhängiges Dasein. Die Bescheinigung des Staates, daß ein Münzzeichen eine gewisse Menge Gold enthalte oder ihr gleich sei, genügt bald unter gewissen Umständen, um das Münzzeichen als Zirkulationsmittel ebenso, wie das volle und wirkliche Goldquantum fungiren zu lassen.

Schon der Umlauf der Geldstücke selbst bewirkt dies. Je länger ein Geldstück im Umlauf, desto mehr nutzt es sich ab, sein angeblicher und wirklicher Gehalt unterscheiden sich immer mehr von einander; ein altes Geldstück ist leichter, als eines, das eben erst aus der Münze gekommen – trotzdem können beide unter gewissen Umständen als Zirkulationsmittel gleiche Werthe darstellen.

Noch schärfer zeigt sich der Unterschied zwischen angeblichem und wirklichem Gehalt in der Scheidemünze. Sehr oft bildeten niedrigere Metalle, z. B. Kupfer, das erste Geld, welche später durch edle Metalle verdrängt wurden. Das Kupfer, und nach Einführung der Goldwährung das Silber, hörten auf, Werthmesser zu sein, aber die Kupfer- und Silbermünzen fungirten nach wie vor als Zirkulationsmittel im kleinen Verkehr. Sie entsprachen jetzt bestimmten Gewichtstheilen von Gold; der Werth, den sie darstellten, änderte sich in demselben Verhältniß, wie der des Goldes, er blieb unberührt von den Schwankungen des Silber- und Kupferwerthes. Es zeigt sich, daß unter diesen Umständen ihr Metallgehalt von keinem Einfluß ist auf ihre Funktion als Münze, daß man willkürlich durch Staatsgesetze bestimmen kann, welche Menge Goldes von einer Kupfer- oder Silbermünze dargestellt werden soll. Von da an war nur ein Schritt dazu, an Stelle der Metallmarke eine Papiemiarke zu setzen, gesetzlich einen werthlosen Papierzettel einer gewissen Menge Goldes gleichzusetzen.

So entstand das Staatspapiergeld – nicht zu verwechseln mit dem Kreditgeld, das aus einer anderen Geldfunktion erwachsen ist.

Papiergeld kann Goldgeld nur als Zirkulationsmittel ersetzen, nicht als Werthmesser, es kann es nur ersetzen, insofern es bestimmte Goldmengen darstellt. Für das Papiergeld als Zirkulationsmittel gelten dieselben Gesetze, wie für das Metallgeld, im dessen Stelle es tritt. Das Papiergeld kann nie eine größere Goldmenge ersetzen, als vou der Waarenzirkulation aufgesogen werden kann. Wenn die Waarenzirkulation eines Landes 100 Millionen Mark in Gold bedarf, und der Staat 200 Millionen Mark in Papier in Umlauf setzt, so wird dies zur Folge haben, daß ich z. B. mit zwei Zwanzigmark-Scheinen nur so viel kaufen kann, wie mit einem Goldstück von zwanzig Mark. Die in Papiergeld ausgedrückten Preise stellen sich in diesem Falle doppelt so hoch, als die Goldpreise. Das Papiergeld wird entwerthet durch das Uebermaß seiner Ausgabe. Dies findet augenblicklich in Rußland statt, wo das massenweise ausgegebene Staatspapiergeld seit mehr als 50 Jahren fortwährend unter dem Metallwerth steht, den es darstellen soll. Das großartigste Beispiel solcher Papiergeldentwerthung in Folge übermäßiger Ausgabe bilden die Assignaten der großen französischen Revolution, von denen über 45.581 Millionen Franken in sieben Jahren (1790 bis März 1797) in Umlauf gesetzt und in Folge davon schließlich total werthlos wurden.
 

5. Weitere Funktionen des Geldes

Wir haben die Entstehung der einfachen Waarenzirkulation verfolgt, und gesehen, wie sich mit dieser die Funktionen des Geldes als Werthmaß und Zirkulationsmittel entwickelten. Das Geld bleibt jedoch auf diese Funktionen nicht beschränkt.

Mit der Waarenzirkulation selbst entwickelt sich die Nothwendigkeit und die Gier, die Geldwaare, das Gold, festzuhalten und aufzuspeichern. Die Eigenthümlichkeiten des Geldes entsprechen den Eigenthümlichkeiten der Waarenproduktion: so wie diese eine Form ist, worin gesellschaftliche Produktion von unabhängigen Privatproduzenten betrieben wird, so ist das Geld eine gesellschaftliche Macht, die aber nicht die Macht der Gesellschaft ist, sondern Privateigenthum eines Jeden werden kann. Je größer die Summe Geldes, über die man verfügt, desto größer die gesellschaftliche Macht, die Güter und Genüsse, die Arbeitsprodukte Anderer, über die man verfügt. Gold kann Alles, es ist die einzige Waare, die Jeder gebrauchen kann, Jeder nimmt. So erwacht und wächst mit der Waarenzirkulation die Gier nach Gold.

Aber die Ansammlung von Geld wird mit der Entwicklung der Waarenproduktion nicht nur eine Leidenschaft, sondern auch eine Nothwendigkeit. Je mehr Produkte zu Waaren werden, je weniger man zum Selbstgebrauch erzeugt, desto nothwendiger der Besitz von Geld, um überhaupt leben zu können. Ich muß unaufhörlich kaufen, und um kaufen zu können, muß ich verkauft haben; aber die Produktion der Waaren, die ich verkaufe, braucht Zeit, ihr Verkauf hängt vom Zufall ab. Um die Waarenproduktion im Gang zu halten, um während des Produzirens leben zu können, muß ich einen Geldvorrath besitzen. Ein solcher ist auch nothwendig zur Ausgleichung von Stockungen in der Zirkulation. Wir haben oben gesehen, daß die Menge des zirkulirenden Geldes abhängig ist von den Preisen der Waaren, ihrer Menge und der Geschwindigkeit ihres Kreislaufes. Jeder dieser Faktoren ändert sich unaufhörlich, die zirkulirende Geldmasse ist daher in beständigem Schwanken begriffen. Wo kommt das Geld her, das nöthig wird, wohin fließt das Geld ab, das überflüssig wird? Geldschätze, welche sich an den verschiedensten Punkten anhäufen, bilden Sammelbecken, welche bald Geld aufnehmen, bald wieder abgeben und so Störungen im Zirkulationsprozeß ausgleichen.

In den Anfängen der Waarenzirkulation werden, wie beim einfachen Tausch, stets zwei Waaren unmittelbar ausgetauscht, nur mit dem Unterschied, daß jetzt die eine Waare stets allgemeines Aequivalent, Geldwaare, ist. Mit der Entwicklung der Waarenzirkulation erstehen jedoch Verhältnisse, durch welche die Veräußerung der Waare von dem Empfang der ihrem Preis entsprechenden Geldsumme zeitlich getrennt wird. Es treten jetzt Umstände ein, die veranlassen, daß man eine Waare früher bezahlt, ehe man sie erhalten hat, oder, was öfter der Fall, daß man sie erst später bezahlt. Ein Beispiel sei der Erläuterung wegen angeführt. Nehmen wir einen italienischen Seidenweber, etwa aus dem 13. Jahrhundert. Er bezieht die Seide, die er verarbeitet, aus seiner Nachbarschaft. Aber die Seidenstoffe, die er webt, gehen nach Deutschland; ehe sie an Ort und Stelle ankommen und verkauft sind und der Erlös nach Italien zurückgewandert ist, vergehen 3–4 Monate. Der Seidenweber hat einen Seidenstoff fertig gemacht; gleichzeitig sein Nachbar, der Seidenspinner, eine gewisse Menge Seide. Der Seidenspinner verkauft seine Waare augenblicklich an den Seidenweber; dieser bekommt seinen Erlös für seine Waare erst nach vier Monaten. Was geschieht? Der Weber kauft die Seide, bezahlt sie aber erst nach vier Monaten. Käufer und Verkäufer erhalten jetzt ein anderes Ansehen. Der Verkäufer wird Gläubiger, der Käufer Schuldner. Aber auch das Geld erhält jetzt eine neue Funktion. Es vermittelt im jetzigen Falle nicht die Zirkulation der Waare, es schließt ihren Kreislauf selbständig ab. Es ist in dieser Funktion nicht Zirkulationsmittel, sondern Zahlungsmittel, Mittel, einer eingegangenen Verpflichtung zur Lieferung einer Summe von Werthen nachzukommen.

Eine solche Verpflichtung braucht aber nicht immer aus dem Zirkulationsprozeß der Waaren hervorzugehen. Je mehr die Waarenproduktion sich entwickelt, desto größer das Bestreben, Lieferungen von bestimmten Gebrauchswertheu in die Lieferung von Geld, der Form des allgemeinen Werthes, zu verwandeln. Naturalabgaben an den Staat werden in Geldsteuern verwandelt, Naturallieferungen an Beamte in Geldgehalte u. s. w. Die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel greift jetzt über die Waarenzirkulation hinaus.

Kehren wir zu unserem Seidenweber zurück. Er kauft Seide vom Seidenspinner, ohne sie augenblicklich bezahlen zu können. Aber in Geldsachen hört die Gemüthlichkeit auf. Der Seidenspinner denkt sich: was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen. Er läßt sich daher vom Seidenweber eine Anweisung geben, in der dieser sich verpflichtet, eine der Preissumme der verkauften Seide entsprechende Geldsumme nach vier Monaten zu bezahlen. Aber der Seidenspinner hat seinerseits Zahlungen zu leisten, ehe die vier Monate um sind. Da er kein baares Geld besitzt, zahlt er mit der Anweisung des Seidenwebers. Diese fungirt jetzt also als Geld; eine neue Sorte von Papiergeld entsteht: Kreditgeld (Wechsel, Checks u. s. w.).

Noch ein anderer Fall kann eintreten: Der Seidenweber habe Seide im Betrag von 5 Dukaten vom Seidenspinner gekauft. Dieser kaufte aber bei einem Goldschmied für seine Frau ein Armband um 6 Dukaten. Gleichzeitig habe dieser dem Seidenweber Seidenstoffe im Werthe von 4 Dukaten abgenommen. Die Zahlungen werden gleichzeitig fällig. Alle Drei, der Spinner, der Weber und der Goldschmied, treffen zusammen. Ersterer hat letzterem 6 Dukaten zu zahlen, gleichzeitig aber 5 Dukaten vom Seidenweber zu fordern. Er zahlt dem Goldschmied einen Dukaten und verweist ihn wegen des Restes an den Seidenweber. Dieser soll aber vom Goldschmied 4 Dukaten erhalten; er zahlt ihm daher nur einen. So sind durch gegenseitige Ausgleichung drei Zahlungen im Gesammtbetrage von 15 Dukaten mit blos zwei Dukaten bewerkstelligt worden.

Natürlich spielen sich die Vorgänge in der Wirklichkeit nicht so einfach ab, wie hier angenommen. Thatsächlich gleichen sich aber die Zahlungen der Waarenverkäufer untereinander zum Theil aus, und zwar in immer steigendem Maße mit der Entwicklung der Waarenzirkulation. Die Konzentrirung der Zahlungen an wenigen Plätzen und zu bestimmten Zeitpunkten entwickelt eigene Anstalten und Methoden dieser Ausgleichung, z. B. die virements im mittelalterlichen Lyon. Die Girobanken, Clearinghouses, Kassenvereine, die demselben Zwecke dienen, sind bekannt. Nur Zahlungen, die sich nicht ausgleichen, müssen in Geld geleistet werden.

Das Kreditsystem läßt die Schatzbildung als selbständige Form der Bereicherung verschwinden. Wer seinen Reichthum erhalten sehen will, braucht sein Geld nicht mehr in der Erde oder in Kisten und Truhen zu verbergen, sobald das Kreditsystem sich entwickelt. Er kann das Geld ausleihen. Auf der anderen Seite nöthigt das Kreditsystem zu zeitweiliger Schatzbildung, zur Ansammlung von Geldsummen, die am Zahltag zur Zahlung von fälligen Schulden dienen.

Aber nicht immer gelingt die Ansammlung eines solchen Schatzes. Erinnern wir uns unseres Seidenwebers. Er hat versprochen, nach vier Monaten zu zahlen, weil er bis dahin seine Waare verkauft zu haben hofft. Aber nehmen wir an, daß er keinen Käufer für seine Waare findet, also nicht zahlen kann. Der Seidenspinner rechnet aber auf diese Zahlung; er hat sich im Vertrauen auf sie ebenfalls zu Zahlungen verpflichtet, vielleicht an den Goldschmied, dieser wieder an andere; wir sehen, die Zahlungsunfähigkeit des Einen zieht die Zahlungsunfähigkeit Anderer nach sich, und zwar in um so höherem Grade, je mehr das System aufeinander und auseinander folgender Zahlungen und deren Ausgleichung entwickelt ist. Nun nehme man an, nicht ein Produzent, sondern eine Reihe von Produzenten sei, etwa in Folge allgemeiner Ueberproduktion, nicht im Stande, ihre Waaren zu verkaufen. Ihre Zahlungsunfähigkeit zieht die Zahlungsunfähigkeit Anderer nach sich, die ihre Waaren schon verkauft haben. Die Zahlungsanweisungen werden werthlos, alles verlangt nach blankem Geld, dem allgemeinen Aequivalent; ein allgemeiner Geldmangel, eine Geldkrise entsteht, die von einer gewissen Höhe der Entwicklung des Kredits an die nothwendige Begleiterin jeder Produktions- oder Handelskrise ist. Sie zeigt am deutlichsten, daß unter dem System der Waarenproduktion das Geld durch bloße Anweisungen auf Waaren nicht ersetzbar ist.

Das Geld hat zweierlei Gebiete der Zirkulation: den inneren Markt der jeweiligen Staatswesen und den Weltmarkt. Die Form von Münze und Werthzeichen besitzt das Geld nur innerhalb eines Landes, nicht aber im Verkehr von einem Land zum andern. Auf dem Weltmarkt nimmt es wieder seine ursprüngliche Gestalt an, die von Barren edlen Metalls, Gold und Silber. Beide dienten bisher auf dem Weltmarkt als Werthmaß, während im Bereich der inneren Zirkulation eines Landes nur eine Geldwaare als Maß der Werthe wirklich fungiren kann.

Man kann übrigens sagen, daß, seitdem Marx sein Kapital geschrieben, daß Gold die unverkennbare Tendenz erhalten hat, die einzige Geldwaare auch auf dem Weltmarkt zu werden.

Die hauptsächliche Funktion des Weltgeldes ist die als Zahlungsmittel, zur Ausgleichung der internationalen Bilanzen – Ueberschüsse und Defizite der Ein- und Ausfuhr.


Fußnoten

1. Gelegentlich dieser Darlegung macht Marx eine interessante Bemerkung über eine Utopie, die heute noch in vielen Köpfen spukt: „Die Frage,“ sagt er, „warum das Geld nicht unmittelbar die Arbeitszeit selbst repräsentirt, so daß z. B. eine Papiernote die Arbeitsstunden vorstellt, kommt ganz einfach auf die Frage heraus, warum auf Grundlage der Waarenproduktion die Arbeitsprodukte sich als Waaren darstellen müssen, denn die Darstellung der Waare schließt ihre Verdopplung in Waare und Geldwaare ein. Oder warum Privatarbeit nicht als unmittelbar gesellschaftllche Arbeit, als ihr Gegentheil, behandelt werden kann. Ich habe den seichten Utopismus eines „Arbeitsgeldes“ auf Grund der Waarenproduktion anderswo ausführlich erörtert (Zur Kritik der politischen Oekonomie, 1859, S. 61 ff. Diese Stelle ist abgedruckt im Anhang der deutschen Ausgabe des Elend der Philosophie von Marx, 2. Aufl., Stuttgart 1892, S. 165). Hier sei noch bemerkt, daß z. B. das Owen’sche „Arbeitsgeld“ ebensowenig „Geld“ ist, wie etwa eine Theatermarke. Owen setzt unmittelbar vergesellschaftete Arbeit voraus, eine der Waarenproduktion diametral entgegengesetzte Produktionsform. Das Arbeitszertifikat konstatirt nur den individuellen Antheil des Produzenten an der Gemeinarbeit und seinen individuellen Anspruch auf den zur Konsumtion bestimmten Theil des Gemeinprodukts. Aber es fällt Owen nicht ein, die Waarenproduktion vorauszusetzen und dennoch ihre nothwendigen Bedingungen umgehen zu wollen!“

2. Die bimetallistische Agitation, die in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts noch sehr stark war, ist jetzt denn auch völlig aussichtslos geworden und völlig verstummt. Ein Land nach dem anderen geht zur Goldwährung über, so in den letzten Jahrzehnten Oesterreich (1892), Japan (1897), Rußland (1898), die Vereinigten Staaten (1900). In England ist sie schon seit dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts eingeführt, in Deutschland bekanntlich seit 1871, in den Niederlanden seit 1877. In Belgien, Frankreich, der Schweiz herrscht sie thatsächlich, wenn auch nominell dort noch die Doppelwährung besteht. Auch die britischen und niederländischen Kolonien sind zur Goldwährung übergegangen. Den größten Vortheil vom Uebergang Deutschlands zur Doppelwährung zögen diejenigen, welche daselbst in der Zeit der Goldwährung Schulden kontrahirt haben, die sie dann in Silber bezahlen können. Die meisten solcher langhaftenden Schulden sind Hypothekenschulden. Daher das Interesse der Agrarier.

3. Man schätzte den Werth des Geldvorraths (Münzen und Barren) in edlen Metallen in den Ländern der modernen Produktionsweise

 

  

Gold

  

Silber

1831

  2.232.000.000 Mark

8.280.000.000 Mark

1880

13.170.000.000 Mark

8.406.000.000 Mark

Von 1880 bis 1908 wurden in den Münzen der Welt für 30 Milliarden Mark Goldmünzen und über 20 Milliarden Mark Silbermünzen geprägt.

Gold ist also heute die weitaus überwiegende Geldwaare


Zuletzt aktualisiert am 16.1.2011