Georgi Plechanow


Conrad Schmidt gegen Karl Marx und Friedrich Engels

(1898)


Zuerst veröffentlicht auf Deutsch in Die Neue Zeit, 1898/1899, Bd.1, Nr.5.
Später veröffentlicht in G. Plechanow, Ausgewählte philosophische Werke, Bd.II.
Transkription u. HTML-Markierung: Einde O’Callaghan für das Marxists’ Internet Archive.


Der Leser weiß, daß Genosse Bernstein „bis zu einem gewissen Grade“ auf Kant zurückgeht und daß er die Anregung zu diesem Zurückgehen „bis zu einem gewissen Grade“ Genossen Conrad Schmidt verdankt. [1] Welches ist die philosophische Auffassung dieses Genossen?

Genosse <Conrad> Schmidt hat seinen Standpunkt dargelegt in einem Artikel, betitelt: Ein neues Buch über die materialistische Geschichtsauffassung, der im Sozialistischen Akademiker von 1896 (Juli und August) erschienen ist [1*]; und 2. in einem Artikel über das Buch Kronenbergs: Kant, sein Leben und seine Lehre. Der letztere Artikel erschien in der dritten Beilage des Vorwärts vom 17. Oktober 1897.

Ich halte mich also an diese beiden Arbeiten.

Wenn man Conrad Schmidt glauben soll, so hielten Marx und Engels den erkenntnistheoretischen Idealismus für einen überwundenen Standpunkt, während es denselben noch zu überwinden gilt. Der erkenntnistheoretische Idealismus, das ist der Kantsche Idealismus, das versteht sich von selbst, übrigens erklärt das Conrad Schmidt noch ausdrücklich. Er sagt: „Nicht die dialektisch-evolutionistische, auf alle Lebensgebiete übergreifende Metaphysik Hegels, die Kantische Kritik der reinen Vernunft ist das repräsentative Werk des Idealismus.“ [2]

Marx und Engels [3] haben Kants Lehre bekämpft, und zwar mit den folgenden Gründen.

In seiner so tiefen Schrift: Ludwig Feuerbach sagt Engels, daß Kants Auffassung von der für uns bestehenden Unmöglichkeit, die Dinge an sich kennenzulernen, schon von Hegel widerlegt worden ist und in einer weniger tiefen Weise auch von Feuerbach. Er fügt dann hinzu: „Die schlagendste Widerlegung dieser wie aller andern philosophischen Schrullen ist die Praxis, nämlich das Experiment und die Industrie. Wenn wir die Richtigkeit unsrer Auffassung eines Naturvorgangs beweisen können, indem wir ihn selbst machen, ihn aus seinen Bedingungen erzeugen, ihn obendrein unsern Zwecken dienstbar werden lassen, so ist es mit dem Kantschen unfaßbaren Ding an sich zu Ende.“ [4]

In der Vorrede zur englischen Ubersetzung der Schrift: Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft (deutsch in der Neuen Zeit, XL, 1, S.15ff.) bedient sich Engels der nämlichen Beweisführung, als er den Agnostizismus einer Kritik unterzieht.

„Ebenso gibt unser Agnostiker zu“, so heißt es dort, all unser Wissen beruht auf den Mitteilungen, die wir durch unsre Sinne empfangen. Aber, setzt er hinzu, woher wissen wir, ob unsre Sinne uns richtige Abbilder der durch sie wahrgenommenen Dinge geben? Und weiters berichtet er uns: Wenn er von Dingen oder ihren Eigenschaften spricht, so meint er in Wirklichkeit nicht diese Dinge und ihre Eigenschaften selbst, von denen er nichts Gewisses wissen kann, sondern nur die Eindrücke, die sie auf seine Sinne gemacht haben. Das ist allerdings eine Auffassungsweise, der es schwierig scheint, auf dem Wege der bloßen Argumentation beizukommen. Aber ehe die Menschen argumentierten, handelten sie. ‚Im Anfang war die Tat.‘ Und menschliche Tat hatte die Schwierigkeit schon gelöst, lange ehe menschliche Klugtuerei sie erfand. The proof of the pudding is in the eating. In dem Augenblick, wo wir diese Dinge, je nach den Eigenschaften, die wir in ihnen wahrnehmen, zu unserm eignen Gebrauch anwenden, in demselben Augenblick unterwerfen wir unsre Sinneswahrnehmungen einer unfehlbaren Probe auf ihre Richtigkeit oder Unrichtigkeit. Waren diese Wahrnehmungen unrichtig, dann muß auch unser Urteil über die Verwendbarkeit eines solchen Dings unrichtig sein, und unser Versuch, es zu verwenden, muß fehlschlagen. Erreichen wir aber unsern Zweck, finden wir, daß das Ding unsrer Vorstellung von ihm entspricht, daß es das leistet, wozu wir es anwandten, dann ist dies positiver Beweis dafür, daß innerhalb dieser Grenzen unsre Wahrnehmungen von dem Ding und von seinen Eigenschaften mit der außer uns bestehenden Wirklichkeit stimmen.“ [5]

Also: „The proof of the pudding is in the eating“ – der Pudding wird erprobt beim Essen, dies ist das Hauptargument, das Engels [6] Kants Lehre und dem Agnostizismus überhaupt entgegenstellt.

Marx bediente sich im Grunde schon 1845 der nämlichen Beweisführung, als er <in. der 2. Feuerbachthese> sagte: „Die Frage, ob dem menschlichen Denken gegenständliche Wahrheit zukomme – ist keine Frage der Theorie, sondern eine praktische Frage. <In der Praxis muß der Mensch die Wahrheit, i.e. Wirklichkeit und Macht, Diesseitigkeit seines Denkens beweisen.>“ [7]

Genosse Conrad Schmidt erachtet allerdings diese Beweisführung für so schwach als nur möglich.

„Was bedeutet das anders“, sagt er, als: die Tatsache, daß wir in der äußeren Natur Zusammenhang und Gesetzmäßigkeit erkennen und durch diese Erkenntnis auf die Natur zweckmäßig einwirken können, diese Tatsache beweist bereits sonnenklar, daß unsere Naturerkenntnis eine Erkenntnis des wirklich Realen ist, jener Zweifel, den der Idealismus daran erhebt, braucht gar nicht wissenschaftlich analysiert und widerlegt zu werden, sondern ist einfach als leere Vernünftelei bei Seite zu werfen.“ [8]

An einer anderen Stelle äußert er sich wie folgt: „Weder Feuerbach, noch die durch ihn beeinflußten Marx und Engels sind auf die Kernfrage eingegangen, haben den Stier bei den Hörnern gepackt.“ [9]

Genosse Conrad Schmidt kann diese Behauptung nur aufstellen, weil er selbst nicht verstanden hat, worin die Kernfrage des Kantischen Idealismus besteht<, d.h. nur deshalb, weil er selbst nicht den Stier bei den Hörnern packen konnte>.

Ich werde ihm das so klar wie möglich zu erklären versuchen.

Was ist ein Phänomen? Es ist ein Zustand unseres Bewußtseins, der durch die Wirkung des Dinges an sich auf uns hervorgerufen wird. So erklärt Kant. Aus dieser Definition folgt, daß ein Phänomen voraussehen nichts anderes bedeutet, als die Wirkung voraussehen, welche das Ding an sich auf uns<er Bewußtsein> ausübt. <Es fragt sich nun:> Können wir bestimmte Phänomene voraussehen? Gewiß<, wir können>. Unsere Wissenschaft und unsere Technologie sind Bürge dafür. Das bedeutet also, daß wir die Wirkung voraussehen, welche das in Betracht kommende Ding auf uns ausübt Aber wenn wir die Wirkung des Dinges <an sich auf uns> voraussehen, so kennen wir wenigstens gewisse seiner Eigenschaften. Und sobald wir gewisse seiner Eigenschaften kennen, haben wir nicht das Recht, das Ding als unerkennbar zu bezeichnen. Diese „Vernünftelei“ Kants fällt, zerschmettert von der Logik seiner eigenen Leime. Das wollte Engels durch sein Beispiel von dem Pudding sagen.

Der Beweis ist ebenso klar und unwiderleglieh wie der Beweis eines mathematischen Theorems. Die theoretische Stellung von Marx und Engels ist uneinnehmbar. [2*] Genosse Conrad Schmidt versucht auch gar nicht, sie zu nehmen. Er begnügt sich mit der Behauptung, daß das nicht „den Idealismus uberwinden heißt, sondern ihm aus dem Wege gehen“. [10] Ich überlasse dem Leser, darüber zu urteilen, wer der Kernfrage „aus dem Wege geht“, Marx-Engels oder Conrad Schmidt.

Man wird mich vielleicht fragen: Aber wo hat Kant behauptet, daß ein Phänomen das Produkt der Wirkung des Dinges an sieh auf uns ist? Die Antwort auf diese Frage gibt die folgende Seite aus den Prolegomena:

„Der Idealismus besteht in der Behauptljng, daß es keine anderen als denkende Wesen gebe; die übrigen Dinge, die wir in der Anschauung wahrzunehmen glauben, wären mir Vorstellungen in den denkenden Wesen, denen in der Tat kein außerhalb dieser befindlicher Gegenstand korrespondierte. Ich dagegen sage: es sind uns Dinge als außer uns befindliche Gegenstande unserer Sinne gegeben, allein von dem, was sie an sich selbst sein mögen, wissen wir nichts, sondern kennen nur ihre Erscheinungen, d.i. die Vorstellungen. die sie in uns wirken, indem sie unsere Sinne affiizeren. Demnach gestehe ich allerdings, daß es außer uns Körper gebe, d.i. Dinge, die, obzwar nach dem, was sie an sich selbst sein mögen, uns gänzlich unbekannt wir durch die Vorstellungen kennen, welche ihr Einfluß auf unsere Sinnlichkeit uns verschafft, und denen wir die Benennung eines Körpers geben, welches Wort also bloß die Erscheinung jenes uns unbekannten, aber nichtsdestoweniger wirklichen Gegenstandes bedeutet. Kann man dieses wohl Idealismus nennen? Es ist ja gerade das Gegenteil davon.[3*]

Der Sinn dieser Ausführungen ist nicht zweifelhaft, und solange er es nicht sein wird, bleiben auch die Einwendungen unwiderleglich, welche Marx und Engels der Lehre der für uns bestehenden Unmöglichkeit, die Dinge an sich zu erkennen, entgegenstellten. Diese Dinge durch die Vorstellungen erkennen, welche sie in uns hervorrufen, das bedeutet überhaupt sie erkennen. Die „dogmatischsten“ Materialisten haben niemals behauptet, daß wir irgendwelche anderen Mittel besitzen, um die Dinge an sich zu erkennen, als die Wirkung, die sie auf unsere Sinne ausüben. Ich habe das zur Genüge in meinem Artikel nachgewiesen: „Bernstein und der Materialismus“ Es ist überflüssig, die daselbst angezogenen Zitate an dieser Stelle zu wiederholen, dagegen füge ich zwei weitere, sehr kurze Ausführungen von <zwei bekännten> Materialisten an:

<Holbach sagt:> „Auf welche Art ein Körper auch auf uns wirken mag, wir haben von ihm nur Kenntnis durch irgendeine Veränderung, die er in uns hervorgerufen hat.“ [11]

In seinem Abrégé des Systèmes sagt La Mettrie, daß wir nur einige „ganz relative“ Eigenschaften der „äußeren“ Dinge kennen, und daß die meisten unserer Empfindungen und Vorstellungen derart von unseren Organen abhängen, daß sie sich mit diesen verändern.

Übrigens sei erinnert, das Wort „erkennen“ hat gar keinen anderen Sinn. Ein Ding erkennen heißt seine Eigenschaften erkennen. Aber was ist die Eigenschaft eines Dinges? Das ist gerade seine Art und Weise, unmittelbar oder mittelbar auf uns einzuwirken. [4*]

Behaupten, daß die Dinge an und für sich für uns unerkennbar sind <und daß wir nur die Eindrücke kennen, die sie auf uns machen>, das läuft auf die Behauptung hinaus: Abgesehen von der Wirkung dieser Dinge auf uns, können wir uns nicht vorstellen, welche Wirkung sie auf uns ausüben könnten. Und wenn die Materialisten des achtzehnten Jahrhunderts wiederholten, daß wir nur das Äußere, die „Schale“ der Dinge kennen, so erklärten sie im Grunde nur das<, was ich im vorhergehenden Satz sagte. Aber das ist ein unrichtiger Gedanke, und die Materialisten, die ihn äußerten, verrieten im Prinzip, ohne sich dessen bewußt zu werden, ihre eigene Erkenntnistheorie>.

Mit unendlich mehr Recht sagt Goethe:

Nichts ist drinnen, nichts ist draußen:
Denn was innen, das ist außen. [12]

Das ist eine wahrhaft materialistische Ansicht zu der uns hier interessierenden Frage.

Weiter. Die Dinge an sich wirken auf uns. Kant sagt das. <Auf einen Gegenstand> wirken, heißt sich in Beziehung <zu ihm> befinden. Wenn wir (wenigstens zum Teil) die Wirkung der Dinge an sich auf uns erkennen, so erkennen wir (wenigstens zum Teil) die Beziehungen, welche zwischen uns und den Dingen bestehen. Aber wenn wir diese Beziehungen erkennen, so erkennen wir auch durch unser Wahrnehmungsvermögen die Beziehungen, die zwischen den Dingen an sich selbst bestehen. Das ist keine „unmittelbare“ Erkenntnis, aber es ist immerhin Erkenntnis, und sobald wir sie besitzen, haben wir nicht länger mehr das Recht zu der Behauptung, daß die Beziehungen zwischen den Dingen an sich uns unerkennbar sind.

Die Dinge an sich wirken auf unsere Sinne und rufen in uns diese oder jene Empfindungen hervor. Kant sagt das. Die Dinge an sich sind also die Ursache unserer Empfindungen. Aber derselbe Kant behauptet, daß die Kategorie der Kausalität, wie alle anderen Kategorien, auf die Dinge an sich nicht anwendbar ist. Der Widerspruch dieser Behauptung ist sinnenfällig.

Der gleiche Widerspruch zeigt sich bezüglich der Zeit.

Die Wirkung, welche die Dinge an sich auf uns ausüben, kann nur in der Zeit stattfinden; aber andererseits ist die Zeit <nach Kant> nur eine subjektive Form unserer Anschauung.

Noch andere Widersprüche stoßen uns in Kants Lehre auf, ich übergehe sie hier. Das Ausgeführte genügt für den Nachweis, daß Kants Lehre sich solange selbst widerspricht, als wir annehmen, und zwar in Übereinstimmung mit dem, was der Philosoph in seinen Prolegomena sagt, daß die Dinge an sich die Ursache unserer Empfindungen sind.

Manche Anhänger des Kantianismus wurden sich dieses Widerspruchs bewußt und versuchten, ihm abzuhelfen. So lesen wir z.B. in dem Buch des Dr. Laßwitz: Die Lehre Kants von der Idealität des Raumes und der Zeit, Berlin 1883: „Es ist ganz richtig, daß es für die Dinge an sich keine Zeit und keine Kausalität gibt, und dies hat Kant gerade bewiesen. Aber wer hat denn behauptet, daß die Dinge an sich die Ursache der Sinnesempfindungen sind? (Wir haben gesehen, daß Kant selbst das tat. G.P.) ... diese mißverständliche Deutung Kants ist selbst bei Philosophen noch häufig. Immer wieder wird behauptet, das Ding an sich bewirke, indem es das Bewußtsein affiziert, in uns die Empfindung, während es doch klar ist, daß ein bloßes Noumenon, eben der Gegensatz des real Seienden, gar nicht wirken kann. Die Dinge an sich mögen sein, wie sie wollen, für ünsere Erfahrung ist dies ganz gleichgültig. Denn die Erfahrung entsteht durch die gegenseitige Wirkung von Verstand und Sinnlichkeit, und das Ding an sich ist immer nur der unklare Widerschein unseres Verstandes an seinen eigenen Grenzen und kann auf die Eigentümlichkeit unserer Erfahrung ebenso wenig Einfluß haben, wie mein Bild im Spiegel auf die Bewegungen meines Körpers.“

Um den Kantianismus zu retten, setzt sich Herr Laßwitz zu Kant selbst in entschiedenen Widerspruch, indem er dessen gewiß unzweideutige Erklärung als nichtig behandelt. Welch sonderbares Verfahren! Wie ist es möglich?

Es ist nur möglich, weil Dr. Laßwitz sich auf Kant selbst stützt, wenn er Kant widerspricht.

<Wir sagten schon, daß Kant sich nicht selten selbst widerspricht.> Wir lesen z.B. die nachstehenden Ausführungen in der Kritik der reinen Vernunft:

„Der Verstand begrenzt ... die Sinnlichkeit, ohne darum sein eigenes Feld zu erweitern, und, indem er jene warnt, daß sie sich nicht anmaße, auf Dinge an sich selbst zu gehen, sondern lediglich auf Erscheinungen, so denkt er sich einen Gegenstand an sich selbst, aber nur als transzendentales Objekt, das die Ursache der Erscheinung (mithin selbst nicht Erscheinung) ist und weder als Größe, noch als Realität, noch als Substanz usw. gedacht werden kann, (weil diese Begriffe immer sinnliche Formen erfordern, in denen sie einen Gegenstand bestimmen); wovon also völlig unbekannt ist, ob es in uns, oder auch außer uns anzutreffen sei, ob es mit der Sinnlichkeit zugleich aufgehoben werden, oder, wenn wir jene wegnehmen, noch übrigbleiben würde. Wollen wir dieses Objekt Noumenon nennen, darum, weil die Vorstellung von ihm nicht sinnlich ist, so steht dieses uns frei. Da wir aber keine von unseren Verstandesbegriffen darauf anwenden können, so bleibt diese Vorstellung doch für uns leer und dient zu nichts, als die Grenzen unserer sinnlichen Erkenntnis zu bezeichnen und einen Raum übrigzulassen, den wir weder durch mögliche Erfahrung, noch durch den reinen Verstand ausfüllen können.“ [5*]

Das transzendentale Objekt ist die Ursache der Erscheinung; aber wir können keinen von unseren Verstandesbegriffen (also auch nicht die Kategorie der Kausalität) darauf anwenden. Das ist widerspruchsvoll, aber mit diesem Widerspruch haben wir uns augenblicklich nicht zu befassen. Aber unbestreitbar ist, daß Kant hier fast das Gegenteil dessen behauptet, was er m der weiter oben angeführten Stelle aus seinen Prolegomena sagt. Was soll das heißen? Ist Kants Standpunkt in den Prolegomena nicht derselbe wie in der Kritik der reinen Vernunft?

Ja und nein. Der Standpunkt der Kritik der reinen Vernunft ist nicht immer der gleiche. In der ersten Ausgabe dieses Werkes faßte Kant das Ding an sich eher als einen Grenzbegriff auf, dem nichts außerhalb des Bewußtseins entspricht; oder, um mich genauer auszudrücken, Kant ist sehr skeptisch in Betracht <der Existenz> dieses Dinges außer<halb> uns<res Bewußtseins>. Sein Standpunkt ist der des skeptischen Idealismus. Da seine Gegner ihm diesen Idealismus zum Vorwurf machten, so schrieb er in seinen Prolegomena die von mir angeführte Stelle, und er versuchte es, die zweite Ausgabe der Kritik im realistischen Sinne zu bearbeiten. Zum Beweis dafür genügt es, an die Vorrede zu dieser Ausgabe zu erinnern und an die „Widerlegung des Idealismus“. Allein diese Bearbeitung ist ziemlich schlecht gelungen. Der Standpunkt der ersten Ausgabe bricht an vielen Stellen durch, und selbst die „Widerlegung des Idealismus“ könnte in einem Sinne gedeutet werden, welcher im Gegensatz zu der in den Prolegomena enthaltenen Erklärung steht. Dank diesen Umständen konnte Dr. Laßwitz Kant widersprechen, indem er sich auf Kant selbst stützte. Das ist unbestreitbar. Aber es ist auch unbestreitbar, daß Kant trotz semer zahlreichen Widersprüche seit der Veröffentlichung seiner Prolegomena, d.h. seit 1783, gegen eine idealistische Auslegung seiner Lehre Einspruch erhob. Ich bitte den Leser, diese Tatsache nicht zu vergessen. <Sie ist sehr wichtig.>

Sehen wir nun, welches die Endresultate sind, zu denen der Dr. Laßwitz bei seiner Darstellung der Kantischen Philosophie gelangt.

Er sagt: „Alles Sein gruppiert sich in zwei Arten des Seins, das ‚Subjektsein‘ und das ‚Objektsein‘. Beide sind in unserm Bewußtsein, und beide sind von ganz gleicher Realität und Gewißheit. Ein Sein, das noch außerhalb des Bewußtseins etwas ist, gibt es nicht, aber wohl ein Sein, das nicht unser Ich ist, und das sind die Dinge außer uns. Dieselben sind in unserm Bewußtsein stets in bestimmter Weise geordnet, wodurch eben das Bewußtsein des Ich gegenüber einer Welt äußerer Objekte gegeben ist.“ [6*]

Damit der Leser den Standpunkt des Dr. Laßwitz besser beurteilen kann, ersuche ich ihn, die folgenden Zeilen aufmerksam zu lesen.

„Also das Sein, das wirklich wahre und reale, ist geistig; und es gibt kein anderes Sein ...“

„Alles Sein, des Ich sowohl, als des Nicht-Ich, ist eine bestimmte Modifikation des Bewußtseins; und ohne ein Bewußtsein gibt es kein Sein ...“

Der Leser glaubt ohne Zweifel, daß ich fortgefahren habe, aus dem Buche des Dr. Laßwitz zu zitieren. Durchaus nicht, er täuscht sich in seiner Annahme. Ich habe soeben Fichte zitiert. [7*] den Kantianismus zu retten, d.h. um seine inneren Widersprüche zu beseitigen, ist der Dr. Laßwitz gezwungen gewesen, den unsicheren Standpunkt Kants zu verlassen und sich auf denjenigen des subjektiven Idealismus zu stellen. Sein Neokantianismus, wie der mehrerer anderer angeblicher Neokantianer, ist nur ein mehr oder weniger bewußter Neofichteanismus.

Der Dr. Laßwitz könnte also nicht mit Genossen Conrad Schmidt sagen, daß „das repräsentative Werk des Idealismus“ die Kritik der reinen Vernunft ist. Nach ihm müßte vielmehr die Rolle des repräsentativen Werkes“ der „Wissenschaftslehre“ zufallen. [13] <Ich sage bedingt: er müßte, da ich daran zweifle, daß er den Mut hätte, dies einzugestehen.> Kant hat gegen die Auslegung seiner Philosophie im Sinne der „Wissenschaftslehre“ protestiert. [8*] Er hätte also gleicherweise gegen die „Lehre Kants“ des Dr. Laßwitz protestiert.

In einem Briefe an Reinhold nannte Fichte Kant einen „Dreiviertelskopf“ und erklärte, daß der heilige Geist in Kant wahrer ist als seine individuelle Persönlichkeit. Den Neokantianern vom Schlage des Dr. Laßwitz steht es frei, diesen Ausspruch zu wiederholen, und sie müßten ihn eigentlich wiederholen. Denn was immer sie auch tun, es gelingt ihnen nicht, dem mit der Sache vertrauten Publikum zu verbergen, daß sie Kants Lehre preisgegeben haben und auf den Boden des subjektiven Idealismus übergetreten sind.

Freilich gibt es viele Neokantianer, welche, wie z.B. Professor Riehl, diesen Ubertritt durchaus nicht billigen. [9*] Dieselben halten an der Lehre ihres Meisters mit größerer Treue fest als der Dr. Laßwitz. Aber sie erben mit der größeren Treue auch alle Widersprüche des Meisters.

Incidit in Scyllam qui vult vitare Charybdim! [14]

Welche Ausgabe der Kritik der reinen Vernunft muß für das „repräsentative Werk“ des Idealismus gelten? Genosse Conrad Schmidt hat darüber nichts geäußert. Er scheint nicht einmal zu ahnen, daß der Standpunkt der ersten Ausgabe <der Kritik> von demjenigen der zweiten Ausgabe abweicht. Und er scheint obendrein weder die eine noch die andere Ausgabe verstanden zu haben. Diese Vermutung drängt sich wenigstens als wahrscheinlich dem auf, der einige Proben von Schinidts philosophischer Prosa gelesen hat. So schreibt er: „Die Erkenntnistheorie, von welcher aus Kant die Täuschungen jeder Philosophie, welche die Grenzen der Erfahrung durch reine Begriffe metaphysisch überfliegen will, aufdeckt, trägt selbst ein durchaus ‚phänomenalistisches‘ Gepräge, das heißt die Welt, wie wir sie sehen und erfahren, gilt ihm als bloße Erscheinungswelt.“ [15]

Kant wäre höchlichst erstaunt gewesen, wenn ihm diese Zeilen desjenigen vor Augen gekommen wären, der es unternommen hat, seine Lehre gegen Marx und Engels zu verteidigen. Wie könnte die „Welt, wie wir sie sehen usw.“, Kant nicht „als bloße Erscheinungswelt“ gelten, da es sich ja eben um das „Sehen“ und „Erfahren“ handelt und sich niemals und keineswegs um etwas anderes handeln kann.

<Was ist Erfahrung? Das ist die Frage, auf die Kant hätte antworten müssen, die jeder beantworten muß, der sich die Lösung der Grundfrage der Philosophie zur Aufgabe gestellt hat: Wie verhält sich das Subjekt zum Objekt, das Denken zum Sein? Kants Erkenntnistheorie ist nichts anderes als die Antwort auf diese Frage. Indem er diese Frage beantwortete, erklärte er u.a., welches nach seiner Auffassung der Unterschied zwischen dem Noumenon und dem Phänomen, dem Ding an sich und der Erscheinung ist. Man muß nicht mit Kant einverstanden sein, und wir sind mit ihm ganz und gar nicht einverstanden, aber es ist völlig unmöglich, ihn für einen solchen platten und oberflächlichen Denker zu halten, für den ihn Conrad Schmidt augenscheinlich hält. Hätte Kant einfach gesagt, wir sehen die Erscheinung, und unsere Erfahrung bezieht sich auf die Erscheinungen, so würde das heißen, seine Philosophie habe das unsinnige petitio principii zur Grundlage, d. h. die Annahme, jene Frage bereits gelöst zu haben, deren Lösung man sich erst als Aufgabe stellte.>

„Die Frage lag nahe“, fährt Genosse Conrad Schmidt fort, „ob wir von dieser Außenwelt, welche gewissermaßen erst durch unsere sinnlichen Eindrücke bevölkert und durch den Begriff von Ursache und Wirkung uns verständlich gemacht wird, überhaupt ein unmittelbares Wissen haben, ob nicht auch die allgemeinste Vorstellung von der in Raum und Zeit bewegten Körperwelt subjektiven Charakter trägt.“ [16]

In Kants Philosophie bedeutet das Wort „Außenwelt“ alle Erscheinungen, welche sich auf unsere „äußere Erfahrung“ beziehen oder, wie Fichte sich ausgedrückt haben würde, welche unser Nicht-Ich ausmachen. Es genügt, Kants Philosophie auch nur ein wenig zu kennen, um zu begreifen, daß unsere Erkenntnis dieser Gruppe von Erscheinungen ebenso unmittelbar ist wie unsere Erkenntnis der Erscheinungen, welche sich auf unser Ich beziehen. In dieser Richtung konnte keine „Frage“ aufgeworfen werden. Kant hat gleicherweise sich nicht fragen können, ob unsere Vorstellung von dieser Welt eine subjektive ist. Es verstand sich von selbst, daß dem so ist. <Diese Frage stellen bedeutet, keinerlei „Vorstellung“ über den Gegenstand zu haben.> Aber das Wort „Außenwelt“ konnte auch die Dinge an sich bedeuten, welche der Grund der in Erscheinung tretenden Außenwelt sind. Kant hat sich niemals gefragt, ob wir eine unmittelbare Kenntnis dieser Dinge besitzen. Denn nach ihm bedeutete eine unmittelbare Erkenntnis eine solche, die unabhängig ist von der Wirkung der Dinge an sich auf uns, und er wußte sehr gut, daß eine solche Erkenntnis unmöglich ist. „Denn“, so sagt er in der zweiten Ausgabe seiner Kritik der reinen Vernunft, „man kann doch außer sich nicht empfinden, sondern nur in sich selbst. [10*] Kant hatte jedoch das Recht, sich zu fragen – und er fragte sich tatsächlich –, ob wir sicher sind in bezug auf die Existenz der Dinge an sich außerhalb unseres Bewußtseins.

Der Leser weiß bereits, wie er diese Frage in verschiedenen Epochen seines Lebens beantwortete. Hören wir nun, was Genosse Conrad Schmidt darüber erzählt.

„Aber da Kant auch hier zum Zweifeln Gründe, zwingende Gründe zu haben glaubte, schreckt er vor diesem letzten Schritte nicht zurück. Raum und Zeit, Materie und die Begriffe, durch welche wir die Welt entziffern, sind für ihn etwas, das nur im menschlichen Vorstellen und Denken existiert; und als der Urschoß, aus welchem dieses die Welt der Erscheinungen selbst erzeugende Empfinden, Vorstellen und Denken hervorquillt, gilt ihm das Unerkennbare, das Ding an sich. Der tiefste Grund alles Seienden ist etwas Unbegreifliches, alles Geschehene, das wir nur äußerlich durch die Naturgesetze uns verständlich machen, ist, weil aus dem Unbegr~iflichen fließend, fortgesetztes Wunder. Die Bodenlosigkeit dieses Gedankens war es, die für die Fichte, Schelling und Hegel die Vorbedingungen einer neuen Art der Metaphysik, unendlich tiefer und geistvoller, aber noch luftiger und wesenloser als die alte, erschuf.“ [17]

Alles das will nur sagen, daß Kant die Existenz der Dinge an sich außerhalb unseres Bewußtseins leugnete. Die Bodenlosigkeit“ dieser Auffassung braucht nicht erst feierlich enthüllt zu werden, diese Auffassung widerspricht den historischen Tatsachen, wie sie sich im Raume und in der Zeit vollzogen haben.

Doktor Schmidt ist fest davon überzeugt, daß die Dinge nicht nur in unserem Bewußtsein existieren. [18] Nach dieser Richtung hin verurteilt er Kant <(den Kant, wie er in seinem „Bewußtsein“ vorkommt)> ziemlich streng. „Ein Verstand“, sagt er, „der am objektiven, von menschlicher Anschauung ganz unabhängigen Bestande der materiellen Welt selbst zu zweifeln beginnt, verliert ja den festen Boden unter seinen Füßen.“ [19]

Hier sehe ich mich gezwungen, den Weisen von Königsberg“ gegen seinen Verteidiger Conrad Schmidt zu verteidigen.

Wir wissen schon, daß zur Zeit der Veröffentlichung der Prolegomena (1783) Kant sich nachdrücklichst für die von unserem Bewußtsein unabhängige Existenz der Dinge an sich erklärte. Aber das hinderte ihn nicht – und konnte ihn nicht hindern – die materielle Welt als ein Phänomen zu betrachten. „Nur im empirischen Verstand“, so erklärt er, „ist in dem Zusammenhang der Erfahrung, ist wirklich Materie als Substanz in der Erscheinung, dem äußeren Sinne ... gegeben.“ Dieser Materie und damit der Welt, die aus ihr besteht, eine von unserem Bewußtsein unabhängige Existenz zuzuschreiben, das hätte Kant für einen gewaltigen Irrtum erklärt, der bei einem Philosophen unverzeihlich sei.

Wie dem auch sei, Genosse Conrad Schmidt lehnt es ab, sich auf den Boden der Fichteschen Philosophie zu retten. Darum fordere ich ihn auf, mir zu sagen, wie die Widersprüche der Kantschen Lehre gelöst werden können, jene Widersprüche, welche sich weiter oben zeigten und die sogar für einen Teil der Neokantianer sinnenfällig sind. Auf diese Widersprüche stützen sich Marx und Engels bei ihrer Widerlegung der Kantschen Philosophie.

Sind <nach Doktor Schmidt> diese Widersprüche vorhanden? <Wir fordern eine kategorische Antwort:> Ja oder Nein? Conrad Schmidt scheint zuzugestehen, daß sie vorhanden sind. Aber anstatt ihnen Rechnung zu tragen und den Versuch zu machen, sie zu lösen, zieht er es vor, uns durch Redensarten in der Art der folgenden zu erheitern.

„Der leere Abgrund, den die Kantische Philosophie – sei es mit Recht oder Unrecht – vor dem widerstrebenden Denken eröffnet, ist aber nur ihr negatives Resultat, das wahrhaft Fruchtbare liegt in dem positiven Teil der Arbeit, der genialen Untersuchung über die Zusammensetzung und das Zusammenspiel unserer seelisch-geistigen Organisation, durch welche die Erscheinungswelt zustande kommt ... Das aber, die Aufdeckung der Struktur unseres Vorstellungsvermögens, ist die eigentliche Aufgabe, die die Kritik der reinen Vernunft sich gestellt hat, eine Aufgabe, die niemals weder vor noch nach Kant mit gleich bewunderungswürdigem Scharfsinn in Angriff genommen ist. Wie wenig auch die Kantsche Analyse Anspruch erheben kann,. irgendwie eine befriedigende, widerspruchsfreie, endgültige Lösung dieses vielleicht schwierigsten Problemes, das wissenschaftlicher Forschung überhaupt noch erreichbar ist, darzustellen, so gewiß ist, daß jeder Versuch tieferen Eindringens in den geheimnisvollen Schacht des Inneren, an dem von Kant Geleisteten nicht vorbei kann ... Ein Zurückgehen auf Kant ist darum noch kein Rückwärtsschreiten im reaktionären Sinne.“ [11*]

Mit ähnlichen Redensarten kann man den Einwendungen „aus dem Wege gehen“, welche man gegen die Kantsche Lehre erhebt, aber man kann diese Einwendungen nicht widerlegen.

In der Kritik der reinen Vernunft hat sich Kant das Problem gestellt, unser Erkenntnisvermögen zu studieren und nicht unser Vorstellungsvermögen, wie Genosse Conrad Schmidt behauptet. Warum das entstellen, was so genau als möglich wiedergegeben werden muß? Aber das sei nur nebenbei bemerkt.

Kant geht bereits von dem fertigen Bewußtsein aus, er betrachtet das Bewußtsein nicht im Prozeß des Werdens. Es ist dies der größte Mangel seiner Analyse des Bewußtseins, und es ist ungemein erstaunlich, daß Genosse Conrad Schmidt das nicht in unseren Tagen bemerkt hat, wo die evolutionistischen Theorien auf allen Gebieten der Wissenschaft triumphieren. [12*]

Genosse Conrad Schmidt ist fest überzeugt, daß die „materielle“ Welt <nicht nur in unserem Bewußtsein, sondern auch> außerhalb des Bewußtseins existiert. Bleibt zu wissen übrig, ob <er annimmt, daß> diese <außerhalb seines Bewußtseins existierende materielle> Welt auf sein Erkenntnisvermögen einwirkt. Antwortet er mit nein, so verläßt Genosse Schmidt nicht den Boden des subjektiven Idealismus, und ich begreife dann nicht, was ihn von der Existenz der <vom Bewußtsein unabhängigen materiellen> Welt überzeugt. Antwortet er mit ja, so muß er mit Engels und Marx zugeben, daß das Kantsche Unerkennbare ein widerspruchsvoller Begriff ist. Logik verpflichtet mehr als Adel.

Der Untersuchung unserer geistigen Organisation ist der Materialist, der an die objektive, d.h. ohne Beziehung zum menschlichen Geist an sich bestehenden Körperwelt als tragender und zeugender Grundlage des Lebensprozesses festhält, ebensowenig wie der Idealist enthoben.“ [20]

Der Materialist hält an der objektiven Existenz der Körperwelt fest. Conrad Schmidt hält auch darn fest. Er ist genauso überzeugt, daß „ein Verstand, der am objektiven ... Bestande der materiellen Welt selbst zu zweifeln beginnt, ja den festen Boden unter seinen Füßen verliert“. [21] Welchen Unterschied gibt es zwischen der Auffassung der Materialisten und der Conrad Schmidts? Ich entdecke keinen.

Doch der Leser verzeihe, es gibt einen Unterschied. [22] Die Schlußfolgerungen der Materialisten stimmen nämlich mit ihren Prämissen überein, während Genosse Schmidt das Auslöffeln der „eklektischen Suppe“ vorzieht. <Das ist, wie wir sehen, ein sehr großer und sehr wichtiger Unterschied. Leser, wen ziehen sie vor, den „Materialisten“ oder den Doktor Schmidt? Obwohl:> De gustibus non est disputandum. [23]

Die Materialisten sind nicht des Studiums unserer „geistigen Organisation“ enthoben. Nein, sicherlich nicht! Äber um unsere „geistige Organisation“ zu studieren, wenden sie sich an die experimentelle Psychologie, welche es nur mit Phänomenen zu tun hat und welche sich zu ihrem Studium der Verfahren bedient, die der Biologie entlehnt sind. Das ist ein sicherer Weg.

Aber das ist kein Materialismus mehr, ruft uns Genosse Conrad Schmidt zu. „Wer die Anerkennung der in der Erfahrungswelt durchgängig zu beobachtenden Gesetzmäßigkeit zum Unterscheidungsmerkmal materialistischer und idealistischer Denkweise macht, der verwischt den eigentümlichen Charakter ihrer Kontroverse und raubt damit auch dem Begriffe des Materialismus seine eigentümliche Bestimmtheit. Engels selbst bietet ein charakteristisches Beispiel dafür.“ [24]

Wieso? Was sagt denn Engels über den Unterschied von Materialismus und Idealismus? [25]

Genosse Conrad Schmidt zitiert die folgende Stelle aus Ludwig Feuerbach:

„Die Trennung von der Hegelschen Philosophie erfolgte auch hier (bei Marx) durch die Rückkehr zum materialistischen Standpunkt. Das heißt, man entschloß sich, die wirkliche Welt – Natur und Geschichte – so aufzufassen, wie sie sich selbst einem jeden gibt, der ohne vorgefaßte idealistische Schrullen an sie herantritt; man entschloß sich, jede idealistische Schrulle unbarmherzig zum Opfer zu bringen, die sich mit den in ihrem eignen Zusammenhang, und in keinem phantastischen, aufgefaßten Tatsachen nicht in Einklang bringen ließ. Und weiter heißtMaterialismus überhaupt nichts.“ [26]

Diese Stelle enthält augenscheinlich keine vollständige Definition des Materialismus. Aber warum führt Genosse Conrad Schmidt gerade diese Stelle an und keine andere? Warum hat er <Engels’> folgende Ausführungen vergessen?

„Die Frage nach der Stellung des Denkens zum Sein, die übrigens auch in der Scholastik des Mittelalters ihre große Rolle gespielt, die Frage: Was ist das Ursprüngliche, der Geist oder die Natur? – diese Frage spitzte sich, der Kirche gegenüber, dahin zu: Hat Gott die Welt erschaffen, oder ist die Welt von Ewigkeit da? Je nachdem diese Frage so oder so beantwortet wurde, spalteten sich die Philosophen in zwei große Lager. Diejenigen, die die Ursprünglichkeit des Geistes gegenüber der Natur behaupteten, also in letzter Instanz eine Weltschöpfung irgendeiner Art annahmen ..., bildeten das Lager des Idealismus. Die andern, die die Natur als das Ursprüngliche ansahen, gehören zu den verschiednen Schulen des Materialismus.“ [27]

Nach Engels ist also der Materialismus nur eine Lehre, welche die Natur als das Ursprüngliche gegenüber dem Geist betrachtet. Ist diese Definition zutreffend?

Nehmen wir die französischen Materialisten des achtzehnten Jahrhunderts. Welches ist <die Grundthese> ihrer Lehre?

„Wenn wir die Wirkungen, die wir sehen, der Natur, der unterschiedlich verbundenen Materie, den ihr innewohnenden Bewegungen zuschreiben, so geben wir ihnen eine allgemeine und bekannte Ursache; wenn wir weiter vordringen wollen, so dringen wir in imaginäre Bereiche ein, wo wir uns immer nur vor einem Abgrund von Ungewißheiten und Dunkelheiten befinden. Wir dürfen also ein Bewegungsprinzip nicht außerhalb jener Natur suchen, deren Wesen immer darin bestand, zu existieren und sich zu bewegen; ... Warum muß man außerhalb der Materie eine Triebkraft suchen, die sie in Bewegung setzt<, da ihre Bewegung sich doch ebenso notwendig von ihrer Existenz wie von ihrer Ausdehnung ... herleitet ...>.“ [13*]

Wünschen Sie noch weitere kleine Zitate, werter Genosse Schmidt? Ganz zu Ihren Diensten? Ich warte Ihnen mit noch zwei sehr beweiskräftigen Stellen auf.

„Gleichwohl kann es in der Natur nur natürliche Ursachen und Wirkungen geben. Alle Bewegungen, die es in ihr gibt, folgen beständigen und notwendigen Gesetzen; diejenigen natürlichen Vorgänge, die wir zu beurteilen oder zu erkennen vermögen, genügen zur Aufklärung derjenigen, die sich unserm Blick entziehen; hierüber können wir zumindest gemäß der Analogie urteilen; und wenn wir die Natur aufmerksam studieren, so werden uns die Wirkungsarten, die sie uns zeigt, lehren, uns nicht durch die uns verborgenen Wirkungen außer Fassung bringen zu lassen. Die von ihren Wirkungen am weitesten entfernten Ursachen wirken zweifellos durch vermittelnde Ursachen, mit deren Hilfe wir mitunter zu den ersten gelangen können; wenn in der Kette dieser Ursachen Hindernisse auftauchen, die sich unseren Forschungen entgegenstellen, so müssen wir versuchen, sie zu beseitigen; und wenn uns dies nicht gelingen kann, so sind wir niemals berechtigt, daraus zu schließen, daß die Kette unterbrochen oder daß die wirkende Ursache übernatürlich sei; wir sollten uns dann damit begnügen, einzugestehen, daß die Natur Hilfsquellen hat, die wir nicht kennen; aber wir sollten die Ursachen, die uns unbekannt bleiben, nie durch Hingespinste, Erdichtungen (‚Schrullen‘, wie Engels sagt. G.P.) und sinnlose Worte ersetzen; wir würden damit nichts anderes erreichen, als uns in der Unwissenheit zu bestärken, in unseren Forschungen steckenzubleiben und hartnäckig in unseren Irrtümern zu verharren.“ [14*]

<Und weiter:>

„... so müssen wir sagen, ... daß diese Natur alles enthält, was wir zu erkennen vermögen, weil sie alle Dinge vereinigt, die imstande sind, auf uns zu wirken, und die folglich für uns von Interesse sind; müssen sagen, daß die Natur alles bewirkt, daß das, was sie nicht bewirkt, unmöglich ist, daß das, was außer ihr sein soll, nicht existiert und nicht existieren kann ... Wenn wir auch nicht zu den primären Ursachen vordringen können (hören Sie, werter Herr Schmidt, hören Sie!), sollten wir uns doch mit den sekundären Ursachen und Wirkungen, die die Erfahrung uns zeigt, zufriedengeben; wir sollten wirkliche und bekannte Tatsachen sammeln; sie werden ausreichend sein, um über das zu urteilen, was wir nicht kennen; begnügen wir uns mit den schwachen Lichtern der Wahrheit, die uns unsere Sinne darbieten (das heißt: verlassen wir niemals den Boden der Erfahrung, Genosse Schmidt!).“ [15*]

Das ganze Système de la Nature ist nur die Entwicklung der vorstehenden These, und auf dieser These beruht der Materialismus des Verfassers oder richtiger der Verfasser dieses berühmten Werkes.

Lassen wir unseren Genossen Schmidt noch einen anderen Materialisten des achtzehnten Jahrhunderts hören, es wird ihm dienlich sein.

„Der Mensch ist das Werk der Natur, er ist in der Natur; er ist ihren Gesetzen unterworfen; er kann sich nicht von ihr frei machen; er kann nicht einmal durch den Gedanken aus ihr heraustreten ... Für ein Wesen, das durch die Natur gebildet ist, gibt es nichts jenseits des großen All, von dem es ein Teil ist ... Die Wesen, von denen man annimmt, daß sie über der Natur stehen oder sich von ihr unterscheiden, sind Chimären, von denen wir uns keine wirklichen Vorstellungen bilden können.“ [16*]

„Da der Mensch zu seinem Unglück die Grenzen seiner Sphäre überschreiten wollte, so versuchte er sich über die sichtbare Welt hinauszuschwingen (die Erscheinungswelt, Genosse Schmidt!). Er vernachlässigte die Erfahrung, um sich von Vermutungen zu nähren.“ [17*]

Was denken sie davon, Genosse Conrad Schmidt? Es scheint, daß unser alter Meister Engels recht hatte. Es scheint, daß der Materialismus nichts anderes ist als eine Lehre, welche die Natur durch die natürlichen Kräfte erklären will und welche diese Natur gegenüber dem Geiste als das Ursprüngliche betrachtet. [28] <Uns scheint schließlich, daß Engels Definition des Materialismus als die allgemeinste und zutreffendste angesehen werden kann.

Ich sage: die allgemeinste. Aber ich weiß, die Regel hat auch Ausnahmen. So bekannten zum Beispiel die englischen Materialisten, daß es Wesen gibt, die über der Natur stehen. Es genügt der Hinweis auf Joseph Priestley. Seine Lehre schmückt eine Vielzahl nichtmaterialistischer Anhängsel. Aber bei ihnen sind das eben nur Anhängsel, und sobald sie aber diesen Anhängseln ernsthafte Bedeutung zumessen, hören sie auf Materialisten zu sein. Ihr Materialismus als solcher beschränkt sich auf die Betrachtung des Verhältnisses zwischen Seele und Körper.> Was diese Frage anbelangt, so sind ihre Ansichten sehr klar <und bestimmt>.

„Was ich mein Ich (myself) nenne, ist nur ein organisiertes System der Materie“, sagt Priestley, und er fügt hinzu, daß die Annahme einer im- materiellen Seele absolut unhaltbar ist: „Aus demselben Grunde, der für den Menschen die Existenz einer Seele voraussetzen ließ, müßte auch jede besondere Substanz, der irgendwelche Kräfte oder Eigenschaften zugeschrieben werden, eine besondere Seele haben.“ [18*]

Le vrai sens du Système de la Nature, das ich weiter oben zitiert habe, wird Helvétius zugeschrieben. Besitzt Genosse Conrad Schmidt eine ganz klare Vorstellung vom Materialismus dieses <interessanten und durch die Philister so stark verleumdeten> Mannes? Ich will ihm eine Probe davon geben.

Während Genosse Schmidt die Existenz der materiellen Welt außerhalb unseres Bewußtseins nicht bezweifelt, war die Existenz dieser Welt für Helvétius nur eine Wahrscheinlichkeit, „eine Wahrscheinlichkeit, die zweifellos sehr groß ist und in der Praxis der Evidenz gleichkommt, aber immerhin nur eine Wahrschein1ichkeit“. [19*]

Es ist so erstaunlich, daß man es nicht für möglich halten sollte: Genosse Schmidt steht in der Rolle eines Dogmatikers einem französischen Materialisten des achtzehnten Jahrhunderts gegenüber! Man spreche mir nach dieser Erfahrung noch vom Fortschritt!

Genosse Schmidt wird nun wohl einsehen, daß er selbst im Unrecht ist und nicht Friedrich Engels, den er verbessern wollte.

Der verstorbene Huxley, der berühmte englische Biologe, hat in einem seiner Artikel gesagt, daß die moderne Physiologie geradewegs zum Materialismus führt, insofern man diesen Namen auf die Lehre anwenden kann, welche bekennt, daß wir keine denkende Substanz außerhalb der mit der Ausdehnung begabten Substanz kennen können, und daß das Denken ebenso wie die Bewegung eine Funktion der Materie ist. Huxley hat nur in einer Beziehung Unrecht: Er täuschte sich mit der Annahme, daß der Materialismus je etwas anderes habe bedeuten wollen. [29] <Alle Materialisten betrachteten die Materie so, wie nach den Worten Huxleys es die moderne Physiologie uns lehrt, sie zu betrachten. Mit der ihnen eigenen Konsequenz und Furchtlosigkeit verstanden es die französischen Materialisten, aus dieser Anschauung die für diese Zeit möglichen Schlußfolgerungen zu ziehen, während die englischen Materialisten sich fürchteten, bis zu Ende zu gehen.>

Zum Schlusse fasse ich die vorstehenden Darlegungen zusammen.

Genosse Conrad Schmidt hat

  1. Kant sehr schlecht verstanden, den gegen Marx und Engels zu verteidigen er sich vorgenommen hatte;
  2. Marx und Engels nicht weniger schlecht verstanden, welche er im Namen Kants bekämpfen wollte;
  3. eine. durch und durch irrtümliche Auffassung vom Materialismus im allgemeinen an den Tag gelegt.

Das ist der Irrungen und Wirrungen mehr als genug, so daß man unwillkürlich fragt: Welcher böse Geist hat Conrad Schmidt getrieben, sich über Dinge zu verbreiten, die offenbar für ihn, wenn auch nicht unerkennbar, so doch unbekannt geblieben sind? Die Frage hat ein tieferes Interesse. Um sie zu beantworten, muß man heranziehen, was Tarde als „die Gesetze der Nachahmung“ bezeichnet hat.

In unseren Tagen halten die theoretischen Vertreter der Bourgeoisie [30] an der Kantschen Philosophie fest und verurteilen den Materialismus, ehe sie sich überhaupt gefragt haben, was der Materialismus eigentlich ist.

Genosse Conrad Schmidt ist ihrem Beispiel gefolgt und hat den Materialismus von Marx und Engels verurteilt.

<Er hat dabei vergessen, daß die Vertreter des Proletariats sich selbst verraten, wenn sie sich herablassen, die Theoretiker der Bourgeoisie nachzuahmen.

Die Abneigung der Bourgeoisie gegen den Materialismus und ihre Vorliebe für die Kantsche Philosophie erklären sich sehr gut aus dem heutigen Zustand der Gesellschaft. Für die Bourgeoisie ist die Lehre Kants eine mächtige geistige Waffe“ im Kampf gegen die radikalen Bestrebungen der Arbeiterklasse. Gerade deswegen ist der Kantianismus für die herrschende Klasse in die Mode gekommen.> [31]

Es ist eine bekannte Tatsache, daß die unterdrückte Klasse oft die unterdrückende Klasse nachahmt. Aber wann tritt diese Nachahmung ein? <Eben dann, wenn sie noch kein Selbstbewußtsein erlangt hat. Die Nachahmung der oberen Klasse durch die untere ist ein sicheres Zeichen dafür, daß die untere Klasse noch nicht reif ist für den Kampf um ihre Emanzipation, und wer ihr Reifen in dieser Hinsicht unterstützen will, ist verpflichtet, auch gegen die Nachahmung zu kämpfen. Die Entfaltung des Selbstbewußtseins der Unterdrückten ist ein gewaltiger „Faktor des Fortschritts“.> [32]

Der Umstand verdient die Aufmerksamkeit aller, denen unsere Sache am Herzen liegt, daß Genosse Bernstein für den Neokantianismus eine Schwäche gerade in dem Augenblick empfunden hat, wo er, um das zu bekämpfen, was er die revolutionäre Phrase zu benennen geruht, damit anfing, die opportunistische Phraseologie in ausgiebigem Maße zu gebrauchen und zu mißbrauchen.

Ich habe mich mit Genossen Conrad Schmidt noch nicht über die Dialektik unterhalten. Wir haben uns darüber sehr interessante Dinge zu sagen, aber der Platz gestattet es nicht. Doch das soll ein anderes Mal geschehen. Für heute sage ich ihm: Auf Wiedersehen! Ich salutiere den gelehrten Herrn!“ [33]



Fußnoten von Plechanow

1*. In diesem Artikel kritisiert Genosse Conrad Schmidt mein Buch: Beiträge zur Geschichte des Materialismus“. Ich erachte diese Kritik für ungemein schwach, habe jedoch nicht die geringste Lust, an dieser Stelle mich mit ihr zu beschäftigen und auf sie zu antworten. Für den Augenblick interessieren mich lediglich die Einwürfe des Genossen Schmidt gegen den Materialismus von Marx-Engels und seine eigene Art und Weise, Kant aufzufassen.

2*. Ich will damit keineswegs behaupten, daß Marx und Engels die ersten waren, welche sich der angezogenen Beweisführung bedienten. Dem Wesen nach findet sie sich bereits bei Jacobi. Aber das kommt hier für mich nicht in Betracht. Für mich handelt es sich gegenwärtig nur um den Nachweis, daß Marx und Engels den Kantianismus kritisierten und ihm nicht lediglich aus dem Wege gingen, wie Genosse Schmidt behauptet<, der ibre Argumente gar nicht verstanden hat>. G.P.

3*. Prolegomena, herausgegebenvon J.H. v. Kirchmann. Heidelberg 1882, S.39/40.

4*. „Es ist unmöglich, mehr von dem Dinge zu erkennen, als aus den Erscheinungen geschlossen werden kann, an denen es beteiligt ist.“ Priestley: A free discussion of the principles of materialism, London 1778, S.20. [Der Titel dieses Buches lautet richtig: A free Discussion of the Doctrines of Materialism and Philosophical Necessity, etc.] „Die Definition eines besonderen Dinges, Substanz oder Wesens (nennt es, wie ihr wollt) kann nicht mehr sein als eine Aufzählung seiner bekannten. Eigenschaften ... Wenn wir all die bekannten Eigenschaften fortnehmen, so bleibt nichts übrig, wovon wir eine Vorstellung überhaupt haben könnten.“ Ibid. S.46.

5*. Kritik der reinen Vernunft, herausgegeben von Dr. K. Kehrbach (Verlag von Ph. Reclam), zweite Auflage, S.258.

6*. Die Lehre Kants etc., S.138.

7.* Fichtes Werke, 11. Bd., S.32, und 3. Bd., S.2.

8*. In seiner allgemein bekannten Erklärung vom 7. August 1799. [Immanuel Kant: Erklärung in Beziehung auf Fichtes Wissenschaftslehre. In: Kant’s gesammelte Schriften, Bd. XII, Berlin 1902, S.396/397.]

9*. Siehe das Buch von Riehl: Der philosophische Kritizismus, 1. Bd., Leipzig 1876, S.423-439, und 2. Bd., 2. Th., S.128-176.

10*. Kehrbachs Ausgabe, S.320.

11*. Vorwärts: Der angeführte Artikel. [Ebenda.]

12*. <„Ich weiß nicht“, sagt P. Beck, „wie die Philosophen, die an den Grundzügen der Kantischen Erkenntnistheorie festhalten, sich mit den Begriffen der Entwicklungslehre auseinandersetzen. Für Kant war die Menschenseele eine gegebene, in ihren Elementen sich ewig gleichbleibende Größe. Für ihn handelte es sich nur darum, ihren aprioristischen Besitz zu bestimmen und daraus alles andere abzuleiten, nicht aber diesen selbst abzuleiten. Gehen wir aber von dem Axiom aus, daß der Mensch sich kontinuierlich aus einem Protoplasmaklümpchen entwickelt hat, so muß gerade das, was für Kant das Fundament nicht nur des menschlichen Daseins, sondern der ganzen Welt der Erscheinungen ist, aus den elementaren Lebensäußerungen der Urzelle abgeleitet werden.“ (Die Nachahmung und ihre Bedeutung für Psychologie und Völkerkunde, Leipzig 1904, S.33.) Die Kantianer denken jedoch nicht darüber nach, ob ihre Theorie mit der Entwicklungslehre übereinstimmt. Erst in der letzten Zeit zeigen sich bei einigen, z.B. bei Windelband, gewisse Zweifel in dieser Richtung.>

13*. Système de la Nature, Ausgabe von 1781, Bd.II, S.146. [Paul Thiry d’Holbach: System der Natur, S.390.]

14*. Système de la Nature, Bd.I, S.38. [Ebenda, S.41/42.]

15*. Système de la Nature“, Bd.II, S.161 und 162. [Ebenda, S.402/403.]

16*. Le vrai sens du Système de la Nature, Kapitel 1 und Vorwort in dem Recueil nécessaire, Leipzig 1765. [Helvétius ist nicht der Autor dieses Buches. Siehe Albert Keim: Helvétius. Sa vie et son oeuvre, d’après ses ouvrages, des écrits divers et des documents inédits, Paris 1907, S.621-623.]

17*. L.c., S.76.

18*. Free discussion, p.123.

19*. Oeuvres complètes d’Helvétius, Paris 1828, Bd.1, S.5-6, Anmerkung. [Claude-Adrien Helvétius: Vom Geist, Berlin/Weimar 1973, S.104.]



Anmerkungen

1. Siehe Eduard Bernstein: Das realistische und das ideologische Moment im Sozialismus, 2. Serie II, in: Die Neue Zeit, XVI. Jahrgang, 1897/1898, Bd.2, Nr.34, S.226.

2. Conrad Schmidt: Ein neues Buch über die materialistische Geschichtsauffassung, in: Der sozialistische Akademiker, 1896, Nr.7, S.401.

3. In der Neuen Zeit: Die Begründer des wissenschaftlichen Materialismus.

4. Friedrich Engels: Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie, in: MEW, Bd. 21, 5.276.

5. Friedrich Engels: Einleitung [zur englischen Ausgabe (1892) Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft], in: MEW, Bd.19, S.530.

6. In der Neuen Zeit: das einer der Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus.

7. Karl Marx: [Thesen über Feuerbach], in: MEW, Bd.3, S.5.

8. Conrad Schmidt: Ein neues Buch über die materialistische Geschichtsauffassung, in: Der sozialistische Akademiker, 1896, Nr.7, S.402.

9. Ebenda.

10. Ebenda.

11. Paul Thiry d’Holbach: System der Natur, Berlin 1960, 5. 19/20.

12. Johann Wolfgang von Goethe: Epirrhema. In: Goethe. Berliner Ausgabe, Bd.1, Berlin/Weimar 1976, S.545.

13. In der Neuen Zeit geht der Satz weiter: vorausgesetzt, daß er den Mut hätte, die Tragweite seiner eigenen Schlußfolgerungen einzugestehen.

14. Denn hier drohete Skylla, und dort die wilde Charybdis. (Homer: Odyssee. Zwölfter Gesang, Vers 235. Übersetzung von Johann Heinrich Voss, Weimar 1963, S.595.)

15. Conrad Schmidt: Rezension zu Kant, sein Leben und seine Lehre, in: Vorwärts, 17. Oktober 1897, 3. Beilage.

16. Ebenda.

17. Ebenda.

18. In der Neuen Zeit lautet dieser Satz: Genosse Conrad Schmidt glaubt fest an die Existenz der Dinge an sich außerhalb unseres Bewußtseins.

19. Ebenda.

20. Ebenda.

21. Ebenda.

22. In der Neuen Zeit geht der Satz weiter: und sogar einen sehr wichtigen.

23. Über Geschmack streitet man nicht.

24. Conrad Schmidt: Ein neues Buch über die materialistische Geschichtsauffassung, in: Der sozialistische Akademiker, 1896, Nr.7, S.402.

25. In der Neuen Zeit: Was hat Engels gesagt, was die letztere Behauptung rechtfertigen könnte?

26. MEW, Bd.21, S.292.

27. Ebenda, S.275.

28. In der Neuen Zeit lautet der folgende Text: Und tatsächlich hat Engels vollständig recht, seine Definition des Materialismus kann als allgemeine Regel nicht genauer sein. Ich sage: als allgemeine Regel, weil es Ausnahmen gibt, welche übrigens die Regel bestätigen. So lassen z.B. die englischen Materialisten die Existenz Gottes zu. Priestley glaubt an die allgemeine Auferstehung und spricht mit bewunderungswürdigem Ernste von dem „Beweis eines zukünftigen Lebens“. Aber in all diesem hören die englischen Materialisten auf, Materialisten zu sein. Ihr Materialismus überschreitet nicht die Grenzen der Frage nach dem Verhältnis zwischen Seele und Körper.

29. In der Neuen Zeit endet dieser Absatz so: Die französischen Materialisten verstanden es, aus dieser Lehre alle ihre logischen Konsequenzen zu ziehen; die englischen Materialisten waren weniger kühn, aber den einen wie den anderen war diese Lehre eigen.

30. In der Neuen Zeit: Die wissenschaftlichen Vertreter der herrschenden Klassen.

31. In der Neuen Zeit lautet das Vorstehende: Er hat dabei vergessen, daß den wissenschaftlichen Vertretern des Proletariats nicht geziemt, was für die wissenschaftlichen Vertreter der Bourgeoisie sich schickt. Die Abneigung der Bourgeoisie gegen den Materialismus und ihre Vorliebe für die Kantsche Lehre sind nicht erstaunlich. Die Bourgeoisie hofft in Kants Philosophie das Opium“ zu finden, durch das sie das Proletariat einschläfern möchte, das immer begehrlicher“ und unlenksamer wird. Der Neokantianismus ist für die herrschende Klasse gerade deswegen in die Mode gekommen, weil er ihr eine geistige Waffe im Kampf ums Dasein liefert.

32. In der Neuen Zeit lautet das Vorstehende: Wenn die unterdrückte Klasse noch nicht revoltiert oder schon nicht mehr revoltiert. Diese Nachahmung ist bezeichnend für den Mangel an revolutionärem Gefühl auf Seiten der unterdrückten Masse. Deshalb ist auch das Zurückgehen auf Kant, das sich manche Genossen angelegen sein ließen, ein schlimmes Zeichen. Es ist ein Ausdruck jenes opportunistisehen Geistes, der leider in unseren Reihen große Fortschritte macht.

33. Worte des Mephistopheles in Goethes Faust. (Goethe. Berliner Ausgabe, Bd.8, Berlin/Weimar 1965, S.190.)


Zuletzt aktualiziert am 9.8.2008